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Bluttransfusion, Notoperationen und Medikation

Notfallpatient Vogel

In der letzten Ausgabe der hundkatzepferd (05.14) haben die beiden Autoren einen Überblick gegeben, wie eine Notfall­versorgung und wie Intensivmaßnahmen beim Vogelpatienten aussehen sollten. Der zweite Teil des Artikels widmet sich Aspekten, die in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig sind: Bluttrans­fu­sionen und Notoperationen.

Bluttransfusion

Viele Erkrankungen wie Aspergillose oder chronische Belastungen mit Schwermetallen wie Zink und Blei können beim Vogel zu Anämie führen. Aber auch Blutverlust durch Trauma (innere und äußere Blutungen) kommen regelmäßig vor. Der Hämatokrit sollte beim Vogel speziesspezifisch zwischen 35% und 55% liegen. Leichte Schwankungen können saisonal bedingt (hormonell) auftreten. Sinkt der Wert unter 20%, sollte der anämische Patient gezielt therapiert werden. Bei regenerativen Geschehen kann zunächst abgewartet werden. Sinkt der Hämatokrit weiter (unter 10%), ist eine Bluttransfusion dringend angezeigt. Blutgruppen beim Vogel sind bisher nur für das Huhn beschrieben [6]. Daher sollte der Spender möglichst speziesgleich wie der Empfänger sein. Bei wiederholter Bluttransfusion sollte nicht derselbe Spender in Anspruch genommen oder ein Kreuztest durchgeführt werden. Im Notfall muss dann speziesfremd (Kreuztest empfohlen) transfundiert werden. Die Lebensdauer der speziesfremden Blutzellen ist allerdings sehr viel geringer als bei speziesgleichen. Für die Bluttransfusion sollte Na-Citrat als Antikoagulans genutzt werden, da es sehr schnell abgebaut wird und daher nicht auf die Blutgerinnung des Empfängers Einfluss nimmt. Sollte kein Na-Citrat zur Verfügung stehen, kann auch Heparin verwendet werden. Der Patient muss anschließend jedoch auf seine Gerinnungseigenschaften überwacht werden. Die Verdünnung des Spenderblutes sollte 9:1 oder 6:1 mit Na-Citrat betragen [7].

Das Spenderblut sollte langsam als Bolus über fünf bis zehn Minuten verabreicht werden. Bei initialer schneller Bolusgabe sollte die Menge 5ml/kg nicht überschreiten, um einer Hypervolämie und der damit einhergehenden Herzbelastung entgegenzuwirken [7]. Eine weitere Transfusion gleicher Menge kann nach einigen Minuten wiederholt werden, sofern die ersttransfundierte Menge nicht ausreichend war. Na-Citrat kann bei zu schneller Applikation Schmerzen verur­sachen, was unbedingt zu beachten ist. Darüber hinaus muss eine paravenöse Applikation dringend vermieden werden. Das Spenderblut kann auch per Dauertropf verabreicht werden. Dabei ist darauf zu achten, kann das Blut regelmäßig geschwenkt wird, um eine Agglutination zu vermeiden. Hierbei können 20ml/kg über maximal vier Stunden verabreicht werden. Länger sollte das Blut nicht verabreicht werden, um einer bakteriellen Kontamination vorzubeugen [7].


Abb.1 Applikation von Midazolam intranasal bei einer Gelbwangenamazone.

Notoperationen

Bei einigen Notfallpatienten ist ein direkter chirurgischer Eingriff angezeigt. Ein Eingriff in einer Notfallsituation birgt jedoch stets ein großes Risiko. Um dieses weitestgehend zu minimieren, muss der Patient eingehend untersucht werden. Besonders die Auskultation gibt Hinweise auf den kardialen Zustand des Vogels. Sind Herzgeräusche oder Unregelmäßigkeiten zu hören, muss medi­kamentös gegengesteuert werden, um eine sichere Narkose zu gewährleisten (siehe Notfallmedikamente). Zusätzlich sollte der Hämatokrit überprüft werden, ob der Patient während der Operation eine Bluttransfusion benötigt. Um den Stress für die Vogel­patienten zu minimieren und eine sicherere Narkose zu gewährleisten, sollte der Patient prämediziert werden. Midazolam hat sich beim Vogelpatienten aufgrund seiner großen Sicherheit bewährt. Bei Papageien kann es intranasal und somit schmerzfrei angewendet werden (Abb.1) [1] (Zulassung lebensmittelliefernde Tiere beachten). Auf eine analgetische Abdeckung muss unbedingt geachtet werden. Für kleinere oberflächige Eingriffe kann Lidocain als Lokalanästhesie genutzt werden. Jedoch sollte die Dosis 1mg/kg nicht überschreiten, um eine systemische Wirkung auszuschließen. Alle anderen Eingriffe sollten immer unter systemischer Analgesie stattfinden, wobei sich hier Butorphanol beim Vogelpatienten bewährt hat. Eine intramuskuläre Applikation sollte 15 Minuten vor dem Eingriff verabreicht werden. Leider ist die Wirkdauer bei dieser Applikation nur schwer vorherzusagen, weshalb diese individuell abgeschätzt werden sollte. Man kann jedoch von ­einer ca. 120-minütigen Wirkungszeit ausgehen [8]. Vermutlich sind viele Narkosezwischenfälle darauf zurückzuführen, dass die Analgesie nachlässt und der Patient in eine Stresssituation gelangt. Eine Verabreichung der Analgetika über einen Dauertropf während der gesamten Operationsdauer ist daher empfehlenswert. Die Dosis sollte 1mg Butorphanol auf 10ml Infusionslösung mit einer Infu­sionsrate von 10ml/kg/h betragen [9]. Bei Geflügel, Greif- und Wildvögeln sollte die Rate auf 0,5mg/ 10ml/h angepasst werden, da viele Greifvögel sehr empfindlich auf Butorphanol rea­gieren. Bei besonders schmerz­haften Phasen der Operation kann kurz­fristig die Rate erhöht und dann wieder abgesenkt werden. Eine engmaschige Nar­koseüberwachung ist unbedingt notwendig. Hierfür sollten die Reflexe und der Blutdruck (Abb.2) regelmäßig überprüft werden.


Abb.2 Blutdruckmessung am rechten Flügel bei einer Amazone am Oberarm.

In der Vogelmedizin ist die Inhalationsnarkose mit Isofluran/Sauerstoff-Gemischen (Gold)Standard. Die Einleitung erfolgt über eine Kopfmaske, der Patient sollte jedoch anschließend immer intubiert werden, um bei Narkosezwischenfällen umgehend eingreifen zu können. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass der Tubus bei Vögeln nicht geblockt werden darf, da ansonsten aufgrund der geschlossenen Trachealringe des Vogels Schleimhautnekrosen in der Trachea entstehen können. Der Trachealtubus kann mit einer selbsthaftenden Binde umwickelt werden, um die Trachea um den Tubus dicht abzuschließen (Abb.3). So kann der Patient manuell oder maschinell beatmet werden.


Abb.3 Die Abdichtung des Trachealtubus mit selbsthaftendem Verbandsmaterial ermöglicht das Beatmen des Vogelpatienten, ohne Gewebsnekrosen durch einen Trachel­tubusballon zu verursachen.


Tab. Häufige Medikamente, die in der Vogelnotfallmedizin empfohlen werden, inkl. Dosierungen [10, 11]

take home

Die Vogelmedizin hat sich in den letzen Jahren signifikant weiterentwickelt. Standards aus der Humanmedizin haben ihren Weg in die Exotenmedizin gefunden. Durch die neuen und verbesserten Notfallmaßnahmen und besonders die Narkoseüberwachung haben sich die Überlebenschancen für den Vogelnotfallpatienten deutlich verbessert.

Fotos: © Klinik für Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische
Foto: © istockphoto.com| GlobalP

Stichwörter:
Bluttransfusion, Aspergillose, chronische Belastungen, Hämatokrit, Na-Citrat, Agglutination, Notoperationen, chirurgischer Eingriff, Auskultation, kardialen Zustand, Hämatokrit, Midazolam, Lidocain, Lokalanästhesie, Trachealtubus,

HKP 6 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2014.
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