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Therapie der Herzinsuffizienz beim Hund

Therapie der Herzinsuffizienz beim Hund

Herzliche Medikamente

Ziele der verfügbaren Ansätze zur Therapie der Herzinsuffizienz sind darauf ausgerichtet, die Herzförderleistung zu verbessern, Stauungserscheinungen und Klappeninsuffizienzen zu reduzieren und Arrhythmien zu behandeln. Die Aktivierung verschiedener Neurohormone spielt eine wichtige Rolle im Krankheitsverlauf und kann durch Medikamente erfolgreich beeinflusst werden.

Die gegenwärtigen Therapiemöglichkeiten beinhalten die Anwendung von Diuretika, ACE-Hemmern, positiv inotropen Medikamenten/Calcium Sensitizern und ggf. anderen Vasodilatatoren. Die häufigsten Ursachen für kongestives Herzversagen und den kardial bedingten Tod stellen beim Hund die degenerative Mitralklappeninsuffizienz (MI) und die dilatative Kardiomyopathie (DCM) dar. Beide Erkrankungen verlaufen über Monate bis Jahre langsam progressiv. Bei einer DCM sollte eine medikamentöse Behandlung so früh wie möglich eingeleitet werden, bei der MI hingegen erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium. Mithilfe der Echokardiografie kann die Myokardfunktion, die Schwere einer Klappeninsuffizienz, das kardiale Remodeling und die intrakardialen Druckverhältnisse eingeschätzt werden.

Chronische degenerative AV-Klappenerkrankung

Die Veränderungen beginnen als kleine Verdickungen am freien Rand der Klappe, später entsteht eine Verformung mit aufgerollten Rändern. Die Chordae tendineae werden knotig, verlängern sich und können reißen. Hingegen ist die Herzmuskulatur nicht erkrankt und zeigt eine normale Funktion, bis sich im Endstadium eine Volumen­überlastungskardiomyopathie entwickelt.

Dilatative Kardiomyopathie (DCM)

Das klinische Bild einer DCM kann durch verschiedene pathologische Prozesse entstehen (zahlreiche genetische Mutationen, Virusinfektion, Autoimmunität, Toxine, Mangel an bestimmen Nährstoffen, tachykardi­e­induziert). Die primäre oder idiopathische DCM ist die häufigste Form beim Hund und kommt bei verschiedenen Rassen gehäuft als Erbkrankheit vor. Bei einigen Rassen können diätetische Faktoren beteiligt sein (z.B. Taurin- und L-Carnitin-responsive Kardiomyopathie beim Amerikanischen und Englischen Cocker Spaniel). Bei der DCM handelt es sich um eine Primär­erkrankung des Myokards, die zur systolischen und diastolischen Dysfunktion mit Herzerweiterung führt. Durch Dilatation des AV-Anulus und Papillarmuskelatrophie entstehen sekundäre Mitral- oder Trikuspidalinsuffizienzen. Herzrhythmusstörungen können bei verschiedenen Rassen charakteristische Unterschiede aufweisen (ventrikuläre Extrasystolen beim Dobermann, ­Boxer und Saluki, Vorhofflimmern beim Irischen Wolfshund). Bei den meisten Hunden verläuft eine DCM über Monate bis Jahre langsam chronisch progressiv, bis der Hund entweder an einem plötzlichen Herztod stirbt (mit oder ohne zuvor erkennbaren klinischen Symptomen) oder bis sich ein kongestives Herzversagen entwickelt. Die präklinische Phase der DCM kann insbesondere echokardiografisch bzw. bei Boxern und Dobermännern in Verbindung mit einer Holter-EKG-Untersuchung früh diagnostiziert werden. Neuere Untersuchungen belegen, dass bei Hunden durch Beginn einer Medikation im Frühstadium der DCM die Lebenserwartung verbessert und das Fortschreiten der Erkrankung in ein klinisches Stadium mit Stauungserscheinungen verzögert wird.

Neurohormonelle Aktivierung bei Herzinsuffizienz

Bei Herzinsuffizienz werden neurohor­monelle Systeme aktiviert, die zunächst das notwendige Herzminutenvolumen, den Blutdruck und die Gewebedurchblutung aufrechterhalten durch Steigerung von Herz­frequenz, renaler Natrium- u. Wasserretention sowie periphere Vasokonstriktion. Im Krankheitsverlauf führt die anhaltende neurohormonelle Aktivierung zu einer Dilatation der Vorhöfe und Ventrikel, Stauungssymptomen sowie zu gesteigerter Mortalität. Je nach kardialer Grunderkrankung wird im Folgenden auf Prinzipien und Besonderheiten bei der Auswahl der Medikamente eingegangen.


Abb.1 M-Mode im Querschnitt des linken Ventrikels bei einem ­Dalmatiner mit DCM. Deutlich erkennbar ist die Erweiterung des linken Ventrikels mit schlechter Kontraktilität (FS bei 14%, EF bei 29%).


Abb.2 Sekundäre Mitralklappeninsuffizienz bei einem Dalmatiner mit Links- herzerweiterung durch DCM.


Abb.3 M-Mode im Querschnitt des linken Ventrikels bei einem ­Rauhaarteckel mit hochgradiger Mitralklappeninsuffizienz. Deutlich erkennbar ist die Hyperkinese des interventrikulären Septums (IVS). Die Funktionsparameter FS (%) und EF (%) wären wenig hilfreich bei der Interpretation der Messwerte. Der stark vergrößerte EDVI von 197,2ml/m² BSA ist aber charakteristisch für eine hochgradige Volumenüberladung des linken Ventrikels, während der ESVI von 35,2ml/m² BSA zeigt, dass die systolische Myokardfunktion noch ­erhalten ist.


Abb.4 M-Mode im Querschnitt des linken Ventrikels bei einem Langhaarteckel mit hochgradiger Mitralklappeninsuffizienz: Eine Hyper­kinese des interventrikulären Septums (IVS) liegt auch vor. Die Funk­tionsparameter FS (%) und EF (%) wären wenig hilfreich bei der Interpretation der Messwerte. Hingegen zeigt der stark vergrößerte EDVI von 226,3ml/m² BSA eine hochgradige Volumenüberladung des linken Ventrikels an, während der ESVI von 70,7ml/m² BSA verdeutlicht, dass bei dem Patienten auch die systolische Myokardfunk­tion herabgesetzt ist.

Therapie bei DCM

Pimobendan Im präklinischen Stadium der DCM Verzögerung der klinischen Erkrankung und Verbesserung der Survival; bei klinischer DCM Verbesserung von ­Lebensqualität und Survival.

ACE- Hemmer

Diuretika Furosemid, bei Pleuraerguss oder Aszites Spironolacton dazugeben.
ß-Blocker gegen sympathische Daueraktivierung besonders bei Tachykardien.
Taurin 50mg/kg 2–3 x tgl. oral bei erniedrigtem Bluttaurinspiegel.
Antiarrhythmika Oft erfolgt eine Besserung von Arrhythmien bereits nach Besserung der Myokardhypoxie unter Standardmedikation.
Diltiazem + Digitalis bei Vorhofflimmern zur Herzfrequenzkontrolle

// beim DSH mit ventrikulären Extrasystolen: Vorsicht mit Sotalol

// beim Boxer, guter Erfolg mit Mexiletin + Atenolol oder + Sotalol; alternativ Amiodaron.

Therapie bei Myokardhypertrophie durch hgd. Aortenstenose oder bei hypertropher Kardiomyopathie (HCM)

Es liegt eine diastolische Dysfunktion durch Hypertrophie und Steifheit der Ventrikel vor. Folgeprobleme sind schlechte Coronarperfusion, Myokardischämie, Arrhythmien. Die notwendigen hohen Füllungsdrücke begünstigen ein kongestives Links­herzversagen. Behandlungsziel: Verbesserung der myokardialen Relaxation u. Ventrikelfüllung, Verbesserung des Lungen­ödems und von Arrhythmien.

ß-Blocker Durch Senken der sympathischen Aktivität niedrigere HF u. weniger Arrhythmien, durch negative Inotropie Besserung insbesondere dynamischer Ausflußtraktobstruktionen.
Calciumantagonisten Besserung der myokardialen Relaxation, Senkung der HF.
Diuretika bei Stauungserscheinungen Furosemid evtl. + Spironolacton.
Kein Digitalis o.a. positiv inotrope Medikamente.

Therapie der degenerativen Mitral- Klappeninsuffizienz

Die ideale medikamentelle Behandlung bei AV-Klappendegeneration müsste die molekularen und biochemischen Veränderungen der Klappen verhindern oder reparieren. Gegenwärtig gibt es kein Medikament, das die Mitralklappendegeneration aufhalten kann. Generell stellt eine ggd. MI eine relativ benigne Erkrankung mit geringem Risiko für einen plötzlichen Herztod dar. Die Mehrzahl der Hunde, die ein kongestives Herzversagen entwickeln, stirbt jedoch ­innerhalb eines Jahres nach Auftreten klinischer Symptome oder muss euthanasiert werden. Die Standardbehandlung bei kongestivem Herzversagen durch MI besteht in der Verabreichung von Diuretika (Furo­semid +/- Spironolacton), ACE-Hemmer und Pimobendan (ACVIM consensus statement, 2009; CHIEF-Leitlinien, 2005). Hingegen besteht noch kein eindeutiger Konsensus bezüglich der Therapie vor Einsetzen des kongestiven Herzversagens. Mehrere Studien ergaben keinen positiven oder eher ­einen negativen Einfluss bei zu früher Medikation für ACE-Hemmer und Pimobendan.
Nach derzeitigem Kenntnisstand wäre anzuraten, bei Vorliegen einer asymptomatischen MI das Ausmaß der Klappeninsuf­fizienz und der Größenzunahme der Herzkammern durch echokardiografische Verlaufsuntersuchungen in Abständen von sechs Monaten bis zu zwei Jahren zu kontrollieren. Bei Vergrößerung des linken Vorhofs und diastolischer Vergrößerung des linken Ventrikels (EDVI > 100ml/m² BSA) wird mit Furosemid +/- Spironolacton und ACE-Hemmer begonnen, bei systolischer Vergrößerung des linken Ventrikels (ESVI > 35ml/m² BSA) dann Pimobendan hinzugeben. Liegt ein Lungenhochdruck vor, sollte man durch Gabe von ACE-Hemmer, Furosemid, Pimobendan und Spironolacton den Druck im linken Vorhof senken, bei unzureichendem Erfolg zur pulmonalen Vasodilatation Sildenafil einsetzen. Liegt hingegen ein systemischer Bluthochdruck vor, nimmt auch die regurgitierte Blutmenge einer MI zu. Zur Blutdrucksenkung werden Kombinationen von ACE-Hemmer, Amlodipin und evtl. Furosemid verwendet.

Therapie bei fulminantem Lungenödem

Stress vermeiden, Käfigruhe

Sauerstoff Fluss von 6–10 l/min, initial 50–100% O2 erforderlich, evtl. Intubation u. PEEP-Beatmung.
Furosemid initial 3–5mg/kg alle 2–4 Std i.v. oder 1–2mg/kg alle 15–30min.
Aminophyllin reduziert Bronchokonstriktion: 6–10mg/kg i.v., i.m., s.c.
Diazepam Angstreduktion
Dihydralazin 0,5–1mg/kg oral alle 2–4 Std. dann alle 12 Std., unter Blutdruckkontrolle (systol. 90–110mm Hg) um die Nachlast zu senken, später ACE-Hemmer
Vetmedin, Dobutamin, Dopamin, um die Kontraktilität zu steigern.

take home

Bei DCM-Diagnose sollte möglichst früh mit einer Medikation (Pimobendan, evtl. ACE-Hemmer) begonnen werden. Bei Mitralklappeninsuffizienz sollte auf keinen Fall bei Feststellen eines Herzgeräusches wahllos behandelt werden, solange keine Stauungserscheinungen vorliegen. Eine differenzierte Einschätzung ist durch echokardiografische Untersuchungen möglich.

Foto: © istockphoto.com, jpique

Stichwörter:
Dilatative Kardiomyopathie, Therapie bei DCM, DCM-Diagnose,

HKP 8 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 8 / 2013.
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