Nährstoffdenken
NährstoffdenkenSind unsere Pferde optimal mit Proteinbausteinen versorgt?Üblicherweise steht heute eine solche (eher kritische) Frage nicht im Zentrum der in der praktischen Pferdefütterung zu lösenden Tagesaufgaben. Immerhin gibt es lange Traditionen für die Verabreichung dessen, was wir als adäquat für die Bedarfsdeckung beim Pferd über die Fütterung zur Anwendung bringen. Heu und Hafer, ggf. komplettiert mit einem breiten Spektrum möglicher Ergänzungsfutter aus dem Mischfutterbereich und diverse Belohnungen bestimmen das Geschehen, zumindest so lange wie keine gesundheitlichen Probleme Diät- und Medizinalfutter auf den Plan rufen. Die Problemstellung Das in der Tierernährung seit Mitte des 19. Jahrhunderts – vor allem durch Wissenschaftler wie Justus von Liebig (Gießen) und Wilhelm Henneberg (Göttingen-Weende) – eingeführte „Nährstoffdenken“, ist noch längst nicht mit aller Konsequenz, u. a. in der Fütterung von Pferden, angekommen. Dies ist auch nicht unbedingt verwunderlich, denn die hierfür wesentlichen „Drücke“ auf die Verwertungseffizienz des zugeführten Futters und seiner den Wert bestimmenden Inhaltsstoffe sind bei Lebensmittel liefernden Nutztieren unter den Aspekten der Ressourceneffizienz und Ernährungssicherung des Menschen ungleich größer. Im Ergebnis dessen liegen aber bis heute gerade bei diesen Spezies fundiertere Kenntnisse zum Bedarf an lebensnotwendigen Futterinhaltsstoffen vor. Weniger erfreulich ist diesbezüglich die Ausgangslage beim Pferd. Die aus dem Jahr 1994 stammenden Versorgungsempfehlungen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie werden gegenwärtig intensiv überarbeitet. Neuere internationale Empfehlungen, wie die vom US NRC (National Research Council) aus dem Jahr 2007, haben die wissenschaftlichen Erwartungen in weiten Bereichen nicht erfüllt. Es gibt also viel zu tun, insbesondere in der Pferdeernährung. Die Versuchszielstellung Vor diesem Hintergrund haben wir kürzlich im Rahmen einer Forschungsarbeit an einem ausgewählten Bestand von zur Körung vorselektierten Junghengsten (DSP, Deutsches Sportpferd*) der Sächsischen Gestütsverwaltung (Landgestüt Moritzburg) eine Analyse zur Bedarfsdeckung mit Schwerpunkt Protein (Aminosäuren) vornehmen dürfen. In Vorbereitung auf die Auswahl zur Körung wurden die Junghengste in einem Kaltstall in Einzelboxen gehalten. Die tägliche Bewegung (Muskelreize) erfolgte standardisiert in einer Führanlage oder an der Longe. Dabei legten die Tiere nach einer Aufwärmphase die Distanz von 5.000m im starken Trab (Führanlage) oder im Trab und Galopp (Longe) auf beiden Händen zurück. Grundsätzlich wurde das betriebliche Fütterungskonzept übernommen, aber nicht nur auf dem Papier – sondern täglich zu den Fütterungszeiten durch Wägung der Rationskomponenten und Verzehrskontrollen auch wirklich praktiziert. Vorausgegangen waren umfangreiche laboranalytische Untersuchungen zu den eingesetzten Einzelfuttermitteln und sonstigen Rationsbestandteilen in unserem Göttinger Forschungslabor. Auch der Gehalt an einzelnen Aminosäuren wurde in den Komponenten analysiert und auf dieser Grundlage die Versorgungslage der Junghengste mit Aminosäuren bewertet. Auf dieser Basis sollte eine zuverlässige Empfehlung zum Schließen eventueller Lücken bei der Bedarfsdeckung abgeleitet werden. Ergebnisse Im Mittel bestand die Tagesration der Junghengste (550–600 kg LM) aus:
- 8,0 kg Heu
woraus im Mittel 11,6 kg Trockenmasse mit 1.106 g Rohprotein, 3.141 g Rohfaser und 104,3 MJ verdauliche Energie aufgenommen wurden. Einstreu aus Holzspänen sollte eine unkontrollierte Aufnahme von ansonsten zur Einstreu verwendetem Stroh unterbinden. Mit der zugeführten Rohproteinmenge, die zu mehr als 60 % aus dem Heu stammte, wurden ausgehend von unseren Analysen täglich u.a. 43,7 g Lysin, 36,9 g Threonin sowie 36,7 g Methionin und Cystein aufgenommen. Bekannt ist allerdings, dass insbesondere die Verdaulichkeit der Proteinfraktion aus dem Heu extremen Schwankungen unterliegen kann (20 bis 74 % nach NRC, 2007), weil Heu für Schlussfolgerungen
Aus den ersten Resultaten dieser Forschungen leiten wir die Notwendigkeit ab, diese Zusammenhänge vertieft, insbesondere in deutlich früheren Entwicklungsphasen des Pferdes, weiter zu verfolgen. Im Ergebnis dieser Studien müssen die Vorstellungen zu einer bedarfsgerechten Versorgung wachsender Pferde mit unentbehrlichen Proteinbausteinen deutlich präzisiert werden. Zielgröße ist dabei, analog zu anderen Tierarten, die bislang unzureichenden Vorstellungen zum optimalen Futterprotein auch für das Pferd weiterzuentwickeln. Dabei muss insbesondere der Tatsache Rechnung getragen werden, dass typische Rationskomponenten für Pferde
*Die Pferdezuchtverbände Berlin-Brandenburg, Sachsen- Anhalt und Sachsen-Thüringen arbeiten unter der Rassebezeichnung „Deutsches Sportpferd" an einem gemeinsamen Zuchtprogramm für die Reitpferde, für das ca. 6.000 aktive Zuchtstuten die Grundlage bilden. Neben qualitätsvollen Sportpferden für alle Disziplinen und Kategorien stehen ausgezeichnete Charaktereigenschaften im Mittelpunkt (siehe auch: www.pferde Foto: Mario Salisch |
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