22.11.2024 01:56 - Über uns - Mediadaten - Impressum & Kontakt - succidia AG - Partner
ESCCAP-Empfehlung: Bekämpfung von Dermatophytosen bei Hunden und Katzen

ESCCAP-Empfehlung: Bekämpfung von Dermatophytosen bei Hunden und Katzen

Hilfe Hautpilz

Dermatophytosen gehören zu den häufigsten infektiösen Hauterkrankungen bei Hunden und Katzen und spielen in der Praxis vor allem eine wichtige Rolle, weil sie teils schwer zu therapieren sind, es häufig zu einer Ansteckung anderer Tiere und Menschen und manchmal auch zu Rezidiven kommt. Die ESCCAP-Empfehlung zur Bekämpfung von Dermatophyten zeigt auf, wie diesen Problemen in der Praxis sachgerecht begegnet werden kann.

Diagnose

Dermatophytosen sollten bei Hautkrankheiten grundsätzlich differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. In Deutschland sind bei Hunden und Katzen vor allem folgende Erreger relevant: Microsporum canis, M. gypseum, M. persicolor und Trichophyton mentagrophytes. Eine systematische diag­nostische Abklärung ist erforderlich. Am zuverlässigsten ist eine sinnvoll aufeinander aufbauende und ineinandergreifende Kombination verschiedener diagnostischer Möglichkeiten (Abb.1). In einem separaten Diagnostikleitfaden erläutert ESCCAP anschaulich die einzelnen diagnostischen Verfahren für die Praxis sowie die sachgerechte Entnahme und Untersuchung von Probenmaterial. Der Diagnostikleitfaden Dermatophyten steht auf der ESCCAP-­Internetseite kostenlos zum Download zur Verfügung: www.esccap.de.


Abb.1 Diagnostisches Vorgehen bei Verdacht auf Dermatophytose.

Therapie

In vielen Fällen reicht die Immunabwehr des Tieres aus, um eine Ausbreitung der Hautveränderungen zu verhindern, sodass Dermatophytosen als selbstlimitierende Erkrankungen gelten. Zur Verkürzung der Krankheitsdauer und zur Verhinderung ­einer Ausbreitung von infektiösem Material und Übertragung auf weitere Tiere und Menschen sollte dennoch eine sachgerechte antimykotische Behandlung vorgenommen werden. Diese umfasst folgende Maßnahmen (Abb.2):


Abb.2 Therapeutisches Vorgehen bei Dermatophytose.

// Kombination aus systemischer und topi­scher Behandlung. Die systemische Behandlung fördert die Überwindung der Infektion, während topische Antimykotika erforderlich sind, um das Übertragungsrisiko und die Kontamination der Umgebung gering zu halten. Unverzichtbar sind ferner hygienische Maßnahmen, vor allem die Dekontamination und Desinfektion der Umgebung. Sinnvoll ist außerdem eine Trennung von infizierten und nicht infizierten Tieren.

// Die systemische Behandlung erfolgt durch orale Verabreichung geeigneter Antimykotika und geeigneter Kombinationspräparate (Tab.1).

// Die topische Behandlung mit geeigneten Präparaten (Tab.1) schließt den gesamten Tierkörper ein und beschränkt sich nicht nur auf die lokale Behandlung klinisch betroffener Areale. Sie sollte über den gesamten Behandlungszeitraum mindestens 2-mal pro Woche durch­geführt werden.


Tab.1 Systemische und topische Antimykotika zur Behandlung
von Dermatophytosen bei Hunden und Katzen.

// Das Scheren des Fells, vor allem bei stark infizierten Tieren sowie bei Langhaarkatzen und in Mehrkatzenhaushalten, kann den Erfolg der topischen ­Behandlung unterstützen. Unter Umständen kann es ausreichen, die Haare im Bereich der veränderten Hautbezirke zu scheren. Das Scheren erleichtert die lokale Anwendung von Antimykotika und das Eindringen der Wirkstoffe. Es muss vorsichtig erfolgen und in einem Raum durchgeführt werden, der sich im Anschluss leicht desinfizieren lässt. Bei Katzen erfordert das Scheren unter Umständen eine Sedation.

// Die Behandlung wird konsequent fortgeführt, bis ein Therapieerfolg gesichert ist. Die Behandlungsdauer beträgt damit mindestens sechs bis acht Wochen. Denn: Für die Überprüfung des Therapieerfolges wird in der Regel vier Wochen nach Behandlungsbeginn (oder früher, wenn eine klinische Heilung vorliegt) eine kulturelle Untersuchung eingeleitet, deren Ergebnis nach rund drei bis vier weiteren Wochen vorliegt.

// Bei einem negativen Ergebnis der ersten Untersuchung wird die Behandlung abgesetzt, bei positivem Ergebnis fortgeführt. Nach vier Wochen wird erneut eine Kontrolluntersuchung vorgenommen.

// Erst wenn zwei negative Ergebnisse mit einem Abstand von vier Wochen vorliegen, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. In Zuchten und Tierheimen oder bei wiederholten Rezidiven kann es sinnvoll sein, eine dritte negative Probe als Endpunkt der Behandlung festzulegen.

Therapeutische Impfung: In Deutschland sind zwei derartige Vakzinen für Hunde und Katzen zugelassen. Sie enthalten inaktivierte Stämme von M. canis allein oder in Kombination mit Stämmen von M. gypseum und Trichophyton spp. Die Impfung schützt aber weder vor Infektion noch vor einer klinischen Erkrankung. Bei geimpften Tieren ist im Allgemeinen jedoch eine höhere Infektionsdosis nötig, um eine Infektion und Erkrankung auszulösen. Die Impfung führt generell zu einer weniger schweren Ausprägung der klinischen Erscheinungen. Auf Wunsch des Tierhalters kann sie zur Unterstützung der Behandlung (schnellere Besserung klinischer Symptome) oder in stark gefährdeten Beständen (z.B. Zuchten, Tierheimen) zur Reduktion der Empfänglichkeit eingesetzt werden.

Ausbleibender Therapieerfolg

Bleibt ein Therapieerfolg aus, müssen folgende Überlegungen in Betracht gezogen werden:

// Der Besitzer führt die Behandlung nicht korrekt durch.

// Eine Grunderkrankung des Tieres schwächt das Immunsystem.

// Das Tier ist aufgrund erblicher Veran­lagung für eine Dermatophyteninfektion empfänglicher.

Auch wenn das Vorkommen resis­tenter Stämme bei Dermatophyten immer wieder vermutet wird, ließ sich eine Resistenz von Dermatophy­ten gegenüber Antimykotika nur in sehr wenigen Fällen wirklich belegen. Das Vorliegen einer Resistenz ist bei einem Therapieversagen also nicht wahrscheinlich. Alle Dermatophytenspezies weisen gegenüber den derzeit verfügbaren Antimykotika eine vergleichbare Sensitivität auf. Die Auswahl der anzuwendenden Wirkstoffe erfordert daher keinen Nachweis der vorliegenden Spezies.

Prävention

Das größte Infektionsrisiko ist der Kontakt mit einem infizierten Tier oder einer kontaminierten Umgebung. Am besten lässt sich eine Infektion also vermeiden, indem man diesen Kontakt verhindert. Ist ein Tier einer möglichen Infektion ausgesetzt, z.B. im Rahmen von Ausstellungen, bei Aufenthalt in Tierpension oder Tierheim, so sollten die Tiere einmalig topisch behandelt werden, bevor sie in den Haushalt/die Zucht (zurück-)kommen und mit Menschen oder anderen Tieren Kontakt haben. Parallel sollte eine Desinfektion von Transportkorb, Decken, Halsbändern usw. vorgenommen werden, mit denen das Tier Kontakt hatte.

In Zuchten sowie in Tierheimen stellt die Aufnahme eines infizierten Tieres in den Bestand das größte Infektionsrisiko dar. Es sollte daher stets eine Untersuchung auf eine Dermatophyteninfektion erfolgen. Bis zum Erhalt eines gesicherten Diagnose­ergebnisses bzw. einer abgeschlossenen Behandlung sollten die Tiere in Quarantäne bleiben. Ein Tier ohne klinische Symptome mit positivem Laborbefund ist als Trägertier einzustufen. Trägertiere sollten vor Integration in den Bestand topisch mit einem Antimykotikum behandelt werden, bis die Diag­nostik negativ ist. Sie werden erst dann in den Bestand aufgenommen, wenn zwei kulturelle Untersuchungen im Abstand von vier Wochen ein negatives Ergebnis erbracht haben. Derzeit wird weiter an der Entwicklung von Impfstoffen zur Prophylaxe von Dermatophytosen gearbeitet. Über die Möglichkeit der Prävention mit derzeit zur Verfügung stehenden Impfungen siehe oben unter dem Abschnitt „Therapie“.

Desinfektion und Umgebungsbehandlung

Dermatophyten werden durch mikroskopisch kleine Sporen übertragen. Infektiöses Material besteht aus kleinen Haarteilen, die mit Pilzsporen (Arthrokonidien) besetzt sind. Es wird leicht verbreitet und die Pilzsporen können in der Umgebung unter optimalen Bedingungen über Jahre lebensfähig bleiben. In der Umwelt vorhandene Sporen stellen ein Expositionsrisiko dar. Reinfek­tion und langzeitigen Behandlung der Tiere können die Folgen sein. Daher sollte für die Dauer des gesamten Zeitraums einer Behandlung konsequent einmal wöchentlich eine Desinfektion im Umfeld des Pa­tienten vorgenommen werden. Entscheidend ist dabei eine sorgfältige Reinigung mit Anwendung geeigneter Desinfektionsmittel. Sporen und Teile infizierter Haare lassen sich vor der Desinfektion durch Absaugen beseitigen. Desinfiziert werden vom Tier frequentierte Bereiche und Flächen wie Liegeflächen, Möbelstücke, Transportkörbe, Böden und Auto sowie mit dem Tier in Kontakt gekommene Gegenstände wie Bürsten, Kämme, Halsbänder, Leinen und Spielzeuge.

Die Desinfektion findet durch Einweichen/Waschen mit geeigneten Desinfek­tionsmitteln statt. Mittel der Wahl für die Desinfektion ist Chlorbleiche (Natriumhypochlorit, unterchlorige Säure). Sie wirkt zerstörend auf die Zellmembran denaturierend auf ­Eiweiß, ist schnell wirksam (unter zwei Minuten), preiswert und unschädlich. Chlorbleiche zerfällt bei Anwendung in Wasser, Sauerstoff und Kochsalz. In höheren Konzentrationen ist sie allerdings schleimhaut- und atemwegsreizend. Handelsübliche Bleiche ist als Konzentrat (ca. 5% NaOCl) in Drogerien und Supermärkten erhältlich. In Apotheken bekommt man bis zu 12%ige NaOCl-Lösung. Natriumhypochlorit ist auch in einer Konzentration von 1:2.600 nach nur fünf Minuten Einwirkzeit noch fungizid. Chlorbleiche ist außerdem das einzige Langzeitdesinfektionsmittel. Auch nach 24 Stunden werden auf die inzwischen abgetrocknete Oberfläche auftreffende Sporen abgetötet, was besonders in Zuchten und Tierheimen große Vorteile hat. Vor der Anwendung von Chlorbleiche sollte geprüft werden, ob diese für die zu desinfizierende Gegenstände, Materialien und Flächen geeignet ist. Dort, wo Chlorbleiche ungeeignet ist, kann alternativ für die Desinfektion von Gegenständen und kleinen Flächen Enilconazol (siehe Tab.1) verwendet werden. Die empfohlenen Einwirkzeiten für Enilconazol betragen bei glatten Oberflächen 20–30 Minuten, bei absorbierenden Oberflächen zwei bis drei Stunden (bei Aufbringen mit ca. 30°C und Einwirken bei Raumtemperatur). Vom großflächigen Einsatz sowie vom Einsatz von Enilconazol-Verdampfern (Fogger), wie sie in anderen europäischen Ländern erhältlich sind, wird jedoch abgeraten.

take home

Die erfolgreiche Bekämpfung von Dermatophytosen bei Hunden und Katzen umfasst eine sachgerechte diagnostische Abklärung, eine mehrwöchige bis mehrmonatige konsequente systemische wie topische Therapie unter diagnostischer Kontrolle ­sowie beständige Hygiene- und Desinfek­tionsmaßnahmen. Weitere Informationen und die vollständige ESCCAP-Empfehlung zur Bekämpfung von Dermatophyten steht Tierärzten/-innen auf www.esccap.de kostenlos zum Download zur Verfügung.

An der deutschen ESCCAP-Empfehlung zur Bekämpfung von Dermatophyten bei Hunden und Katzen waren folgende Autoren beteiligt: Dr. Antina Lübke-Becker, Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen, Fachbereich Veterinärmedizin, FU Berlin, als Vertreterin der DVG | Prof. Dr. Manfred Kietzmann, Institut für Pharmakologie, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Vertreter ESCCAP Deutschland | TÄ Dipl. agr. biol. Anna Lam, Hygiene- und Qualitätsmanagement im Lebensmittelbereich Landau, als Vertreterin des bpt | Prof. Dr. Ralf S. Mueller, Lehrstuhl für Innere Medizin der kleinen Haustiere und Heimtiere, Tierklinisches Department, Tierärztliche Fakultät, Ludwig-Maximilians-Universität München, Vertreter BTK und DGK-DVG | Prof. Dr. ­Reinhard K. Straubinger, Ph.D., Leiter des Lehrstuhls für Bakteriologie und Myko­logie, Veterinärwissenschaftliches Department, Tierärztliche Fakultät, Ludwig-Maximi­lians-Universität München

Foto: © istockphoto.com, AGLPhotoproductions

HKP 7 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 7 / 2014.
Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download

Die Autoren:

Weitere Artikel online lesen

Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.