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Chlamydieninfektionen bei unseren liebsten Freunden

Chlamydieninfektionen bei unseren liebsten Freunden

Gut versteckt

Durch den demographischen Wandel unserer Gesellschaft übernehmen Haustiere (v.a. Hund, Katze, Pferd) eine immer wichtigere Rolle in unserem
Leben und gelten häufig als vollwertiges Familienmitglied [1]. Dieses enge Zusammenleben von Mensch und Tier erfordert eine strenge gesundheitliche Überwachung der Tiere, damit Erreger, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können (Zoonose-Erreger), erfolgreich bekämpft werden können. Obwohl das zoonotische Potenzial von Chlamydien, die beim Tier vorkommen, bekannt ist, fehlen systematische Untersuchungen zur Bestätigung der Reservoire und Übertragungswege. Dabei steht nicht nur die mögliche Infektion des Menschen durch das Haustier zur Diskussion, sondern auch inwiefern der Mensch als Infektionsquelle für das Haustier in Frage kommt.

Mal ganz ehrlich: Was wissen Sie eigentlich noch über Chlamydien? Hmmm, war da nicht was bei Katzen? Oder Vögeln ….? Was sind eigentlich Chlamydien?

Chlamydien sind obligat intrazelluläre, gramnegative Bakterien, die eine Vielzahl von Zellen infizieren und zu schweren Erkrankungen bei Mensch und Tier führen können [2]. Sie besitzen einen ungewöhnlichen bi-phasischen Entwicklungszyklus. Außerhalb ihrer Wirtszellen existieren sie als infektiöse, stoffwechselinaktive „Elementarkörperchen“. Nach Aufnahme in die Wirtszelle wandeln sie sich in stoffwechselaktive „Retikularkörperchen“ um, die sich in der Wirtszelle innerhalb einer Vakuole, auch „Einschlusskörperchen“ genannt, vermehren. Über bislang noch weitgehend unbekannte Mechanismen redifferenzieren die Retikularkörperchen wieder zu Elementarkörperchen, um dann beim Tod der Wirtszelle freigesetzt oder durch permanent infizierte Zellen ausgeschieden zu werden und wiederum neue Zellen zu befallen. Durch ihre intrazelluläre Lebensweise und ihre Fähigkeit ständig in den befallenen Zellen zu überleben (Persistenz), sind Chlamydien medikamentell schwer zu kontrollieren. Zu der Familie der Chlamydiaceae gehören nach einer nomenklatorischen Neueinteilung Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts neun Arten (Spezies) der Gattungen (Genus) Chlamydia (C.) und Chlamydophila (Cp.) an [3].

C. trachomatis ist die am häufigsten auftretende sexuell übertragbare Krankheit in Europa

Auch wenn Chlamydien nicht gerade zu den „im Scheinwerferlicht“ stehenden Bakterien gehören, spielen sie sowohl in der Humanmedizin als auch in der Tiermedizin eine wichtige Rolle. Bislang werden in der Humanmedizin drei Chlamydienspezies Cp. trachomatis, Cp. pneumoniae und Cp. psittaci als pathogen eingestuft. C. Trachomatis ist für die namensgebende Bindehautentzündung (Trachom) und für Entzündungen im Genitalbereich, die bei der Frau zur Unfruchtbarkeit führen können, verantwortlich. Laut Schätzungen der WHO erkranken jährlich weltweit ca. 92 Millionen Menschen an einer C. trachomatis Infektion (WHO, Chlamydia incidence, 1999). In Europa ist die Infektion mit C. Trachomatis die am häufigsten auftretende sexuell übertragbare Krankheit bakterieller Ursache. Cp. pneumoniae ruft hauptsächlich Lungenentzündungen hervor. Die globale Inzidenz von Cp. pneumoniae liegt bei ca. 1–2 %, wobei sich die Inzidenz bei älteren Menschen (> 70 Lebensjahr) um das 3-Fache erhöht [4]. So konnte diese lange Zeit als rein humanpathogen geltende Spezies bereits in verschiedenen Tierarten wie Pferd, Koala, Frosch und Chamäleon, nachgewiesen werden [5]. Bislang steht die Beurteilung des Gefährdungspotenzials der animalen Cp. pneumoniae Stämme für den Menschen allerdings noch aus.

Humane Cp. psittaci Infektionen sind meldepflichtig

Cp. psittaci ist der Erreger der dem Gesundheitsamt meldepflichtigen Ornithose. Die Infektion beim Menschen erfolgt meist aerogen. Eine akute Ornithose liegt dann vor, wenn mindestens eines der drei folgenden Krankheitsbilder auftritt: Lungenentzündung, Endo- oder Myokarditis; hinzukommen müssen noch zwei der drei folgenden Symptome: Fieber, Kopfschmerzen und Husten (Falldefinition des RKI, 2007). Todesfälle können bei schwerem Krankheitsverlauf auftreten. Krankheitsausbrüche ohne Beteiligung der Atemwegsorgane, dafür jedoch mit schweren gastrointestinalen Beschwerden (Erbrechen, Peritonismus, Durchfall) sind ebenfalls beschrieben worden [6]. Auch für nicht aviäre Cp. Psittaci Stämme, die aus den unterschiedlichen Tierspezies isoliert werden, ist das Gefährdungspotenzial für den Menschen noch unbekannt.

Cp. psittaci Infektionen beim Vogel sind anzeigepflichtig

Cp. Psittaci ruft die anzeigepflichtige Psittakose hervor, eine Infektionskrankheit der Psittaciden (Papageienvögel). Diese kann einen akuten, protrahierten, chronischen oder subklinischen Verlauf nehmen. Bei Nutz- und Wildgeflügel wird die Infektionskrankheit auch als Ornithose bezeichnet. Obwohl Cp. psittaci praktisch bei allen Vogelarten vorkommt und somit sehr weit verbreitet ist, zeigen nicht alle Träger Krankheitssymptome und können als Ausscheider unerkannt bleiben.

Cp. abortus kann bei Schwangeren schwere Infektionen und Abort auslösen

Der Erreger des meldepflichtigen enzootischen Schafaborts, Cp. abortus, ist die häufigste infektiöse Abortursache bei Schaf und Ziege. Neben den erheblichen wirtschaftlichen Schäden durch den Verlust von Jungtieren und der verminderten Milchleistung, muss die hohe Ansteckungsgefahr für den Menschen bei der Geburtshilfe erwähnt werden. Bei schwangeren Frauen kann der Kontakt mit infizierten lammenden Mutterschafen und -ziegen zu schweren fiebrigen Erkrankungen bis hin zum Abort führen.

Chlamydieninfektionen beim Hund

Berichte über canine Chlamydieninfektionen sind eher selten, denn das vielfältige Erscheinungsbild einer Chlamydieninfektion beim Hund macht eine korrekte Diagnosestellung schwierig. Überhaupt werden Chlamydien selten als Krankheitserreger in Betracht gezogen. Die Erkrankung kann beim Hund akute, subakute oder chronische Verlaufsformen annehmen. Das klinische Bild zeichnet sich durch hohes Fieber (bis 42 °C) mit Bronchopneumonie, Husten, Keratitis oder Keratokonjunktivitis, Mattigkeit, Inappetenz, Vomitus und Diarrhoe aus; neurologische Symptome einschließlich tonisch-klonischer Anfälle sowie atherosklerotische Veränderungen sind ebenfalls beschrieben worden.Immunsupprimierte, junge und trächtige Hunde sind für Chlamydieninfektionen besonders empfänglich, aber auch Stress durch schlechte Haltungsbedingungen kann den Infektionsverlauf negativ beeinflussen [7].
Hunde können sich über den Verzehr kontaminierter Vogelkadaver und Vogelkot sowie über eine Tröpfcheninfektion infizieren, wobei die Infektionsquelle häufig nicht auszumachen ist. Eine transplazentare Übertragung auf den Welpen ist ebenfalls möglich [7]. Die Infektionsdosis ist nicht bekannt, ebenso wenig wie und in welcher Menge der Organismus vom Hund ausgeschieden wird. Vermutlich wird das Agens auch über die Atemwege ausgeschieden, eine Ausscheidung über den Kot ist ebenfalls denkbar. Daher ist eine Übertragung von Chlamydien vom erkrankten Hund auf den Menschen sowohl über Seund/oder Exkrete beim Spielen und Toben denkbar. Ebenso ist die umgekehrte Infektionsroute von Mensch auf Tier nicht auszuschließen.
Problematisch für den praktizierenden und dem im Labor tätigen Tierarzt ist das Fehlen einer ausgereiften Diagnostik für canine Chlamydieninfektionen und das Nichtvorhandensein neuer epidemiologischer Daten zur Seroprävalenz von Chlamydien, (d.h. das Vorhandensein von Antikörpern gegen Chlamydien im Serum) in der Hundepopulation. Erschwerend kommt noch hinzu, dass noch immer nicht bekannt ist, welche Chlamydienspezies, außer Cp. psittaci im Hund anzutreffen sind. Im Tierversuch zeigten sich Hunde für Infektionen mit C. trachomatis empfänglich. Sporadisch konnten auch Cp. caviae und Cp. felis beim Hund nachgewiesen werden. Aufgrund des engen Kontaktes zwischen Mensch und Hund sind Infektionen mit Cp. pneumoniae nicht auszuschließen, wobei der Beweis dieser Hypothese noch
aussteht. Die Rolle von Hunden in der Epidemiologie des Zoonoseerregers Cp. psittaci ist nicht geklärt. Das vielfältige klinische Bild einer Chlamydienerkrankung beim Hund macht eine korrekte Diagnosestellung schwierig und es ist daher anzunehmen, dass auch bei Hunden eine hohe Dunkelziffer an nicht erkannten Infektionen vorliegt.

Chlamydieninfektionen bei der Katze

Bei Katzen spielt Cp. felis als Verursacher von Konjunktivitiden eine Rolle. Erkrankte Tiere fallen durch Niesen, Husten und Anorexie sowie durch serösen bis eitrigen Augen- und Nasenausfluss auf. Fieber bis 40 °C tritt nach Auftreten der Augenveränderungen auf. Cp. felis kann bei Katzen chronische Eileiterentzündungen hervorrufen, die zu Unfruchtbarkeit führen können. Eine Übertragung des Erregers über den Genitaltrakt wird ebenfalls diskutiert. Experimentell infizierte Kätzchen zeigten neben den okulären Symptomen noch Fieber, Mattigkeit, Lahmheit und verringerte Gewichtszunahme. Fruchtbarkeitsstörungen bei Katzen wurden in der Vergangenheit auch C. psittaci Infektionen zugeschrieben. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass vermutlich FHV-1 Infektionen dafür verantwortlich sind [8]. Obwohl in manchen Lehrbüchern Chlamydien als Erreger von Pneumonien bei der Katze aufgeführt werden, gibt es bislang keine Berichte darüber, dass natürliche Infektionen bei der Katze tatsächlich Pneumonien auslösen können [9]. Das zoonotische Potenzial von Cp. Felis ist unklar. In der Literatur werden zwar mehrere Fälle von Keratitiden und Keratokonjunktivitiden bei Katzenhaltern/-züchtern beschrieben, die sich vermutlich bei ihren Katzen angesteckt hatten. Da jedoch nie eine vollständige Infektkette aufgedeckt werden konnte, steht der Beweis letztendlich noch aus. Es existiert nur ein dokumentierter Fall, bei dem sich ein an HIV erkrankter Patient mit chronischer Konjunktivitis bei seiner Katze angesteckt hatte. Es konnte sowohl aus dem Augenabstrich des Patienten als auch aus dem Augenabstrich der Katze Cp. felis mittels PCR nachgewiesen werden [10].

Chlamydieninfektionen beim Pferd

Chlamydieninfektionen beim Pferd verlaufen häufig inapparent. Serologische Untersuchungen aus den 1960er und 70er Jahren haben jedoch gezeigt, dass Chlamydien auch beim Pferd vorkommen, wobei die Prävalenzen zwischen 4,1–14,8 % lagen. Die beim Pferd bislang nachgewiesenen Chlamydienspezies sind Cp. psittaci, Cp. Caviae und Cp. pneumoniae. Chlamydien konnten im Zusammenhang mit Pneumonien, Rhinitiden, Keratokonjunktivitiden, Polyarthritiden und Enzephalohepatitiden gefunden werden. Welche Rolle Chlamydien als Aborterreger beim Pferd spielen ist unklar. In der Literatur sind nur sporadische Berichte über die Erregerisolierung aus Abortmaterial zu finden [11]. Auch scheint es regionale Unterschiede bezüglich des Vorkommens von Chlamydien bei Aborten zu geben. In mehreren Studien konnten weder im norddeutschen Raum noch im Einzugsgebiet der tierärztlichen Hochschulen Zürich und Bern Chlamydien in Abortmaterial nachgewiesen werden. Andererseits konnten in einer Studie aus Thüringen in ca. 27 % untersuchter Abortproben Chlamydien nachgewiesen werden [11]. Über die Art und Weise wie sich Pferde mit Chlamydien infizieren können, ist wenig bekannt. Vermutlich infizieren sich die Tiere über den direkten Kontakt mit anderen erkrankten Pferden, über Aerosole und Einstreu. Wahrscheinlich können sich Pferde auch bei Vögeln anstecken [11]. Über das zoonotische Risiko für den Menschen kann nach bisheriger Datenlage keine Aussage getroffen werden.

Diagnostik

Chlamydien können über den Direktnachweis der Einschlusskörperchen mittels histologischer oder immunfluoreszenzbasierter Färbungen in Abstrich- oder Zellanzuchtpräparaten sichtbar gemacht werden. Serologisch kann der Antikörpernachweis über die Komplement-bindungsreaktion (KBR) oder ELISA erfolgen, wobei hier nur die Chlamydiengattung nicht jedoch die Chlamydienspezies nachgewiesen werden kann. Eine weitere und vermutlich die am häufigsten verwendete Methode ist der Nachweis von speziesspezifischer Chlamydien-DNS in einer Probe mittels der Polymerasekettenreaktion (PCR).

lisa.sprague@fli.bund.de

HKP 6 / 2008

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2008.
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