25.11.2024 10:36 - Über uns - Mediadaten - Impressum & Kontakt - succidia AG - Partner
Kryptorchismus beim Kater

Kryptorchismus beim Kater

Aber er hat doch keine Hoden…

TestosteronkonzenKryptorchismus stellt bei der Katze die häufigste andrologische Erkrankung dar. Vorgestellt werden betroffene Kater häufig aufgrund ihres ausgeprägten Sexual- und Territorialverhaltens und/oder Harnmarkierens, die das Zusammenleben mit einem solchen „Liebling“ nicht selten nahezu unmöglich machen.

Definition Kryptorchismus

Beim Kater ist der Descensus testis (Hodenabstieg) bei oder unmittelbar nach der Geburt beendet. Beim Kryptorchismus ist der Abstieg eines oder beider Hoden gestört [1]; die endgültige Diagnose „Kryptorchismus“ sollte aber dennoch erst im Alter von 6 – 8 Monaten gestellt werden. Die Prävalenz liegt bei 1,3 – 3,8 %. Der/ die Hoden kann/können abdominal oder inguinal verbleiben, wobei in der Praxis unilateraler Kryptorchismus mit 78 – 90 % am häufigsten vorkommt.

Die Problematik

Da die Hoden unabhängig von ihrer Lokalisation Testosteron produzieren, fallen die betroffenen Tiere durch typisches „Katerverhalten“ (Streunen, Libido, Aggression, Harnmarkieren etc.) und einen Katerhabitus (Katerkopf, Katernacken) auf. Nur eine vollständige Entfernung des gesamten Hodengewebes kann dieses Problem beheben. Obwohl eine Häufung von Kryptorchismus bei Persern, Europäisch Kurzhaar und Ragdoll beschrieben ist und ein rezessiver, polygener Erbgang postuliert wird, ist die Heredität nicht abschließend geklärt. Dennoch sollten erkrankte Kater, gegebenenfalls deren Elterntiere und Wurfgeschwister, von der Zucht ausgeschlossen werden.

Ist er’s oder nicht? Die Diagnose

Die Diagnose ist einfach zu stellen, wenn im Skrotum nur ein Hoden zu sehen ist. Liegt der andere Hoden im Leistenspalt, kann er i. d. R. problemlos palpiert werden. Bei abdominaler Lokalisation ist eine Ultraschalluntersuchung das Diagnostikum der Wahl. Als einfachstes diagnostisches Kriterium kann der Penis auf das Vorhandensein von Penishaken untersucht werden. Hierzu ist der Penis entsprechend vorzulagern. Die Haken sind eindeutiges Indiz für endokrin-aktives Hodengewebe; nach einer Kastration bilden sie sich nach 6 Wochen zurück. In Zweifelsfällen (z. B. undeutliche Haken) ist zudem ein GnRH- oder hCG-Stimulationstest sinnvoll. Bei den Tests wird zunächst eine Blutprobe entnommen, dann GnRH (z.B. Receptal®, Intervet) intravenös oder hCG (z.B. Ovogest®, Intervet) intravenös oder intramuskulär injiziert und nach definierten Zeitintervallen werden erneut eine oder mehrere Blutproben entnommen. Für die wiederholte Probenentnahme erscheint das Legen eines intravenösen Verweilkatheters zweckmäßig, da so die Entnahme der Blutproben stressfreier für Kater und Tierarzt geschehen kann. Liegt endokrin aktives Hodengewebe vor, kommt es zu einem deutlichen Anstieg der Testosteronkonzentration. Die alleinige Bestimmung einer (basalen) Testosteronkonzentration ist nicht zweckmäßig, da auch bei intakten Katern Testosteron unterhalb der Nachweisgrenze (<0,1 ng/mL) liegen kann.

Er ist’s – die Therapie

Die Notwendigkeit zur Therapie ergibt sich – anders als beim Hund – nicht aus dem erhöhten Tumorrisiko der kryptorchiden Hoden, sondern vielmehr aus dem ausgeprägten Territorialund Deckverhalten der Kater. Demnach ist die chirurgische Entfernung beider Hoden unumgänglich. Als Faustregel kann gelten: Ist nur ein Hoden nicht abgestiegen, liegt der kryptorchide Hoden häufig im Bereich des Leistenspaltes; sind beide Hoden kryptorchid, sind sie meist abdominal zu finden. Eine Ultraschalluntersuchung zum präoperativen Auffinden des Hodens ist in jedem Fall sinnvoll und ermöglicht eine möglichst geringe Invasivität des Eingriffs. Abdominal liegt der Hoden oft im Bereich der Blase oder vor/im inneren Leistenring. Ist der Hoden intraoperativ nicht auffindbar, reicht die alleinige Ligatur des Vas deferens (Samenleiter) und der Gefäße nicht aus, da eine Revaskularisation des Hodens wahrscheinlich ist.

take home

Obwohl Kryptorchismus beim Kater gehäuft bei Persern, Europäisch Kurzhaar und Ragdoll vorkommt, ist die Heredität nicht abschließend geklärt. Die Notwendigkeit zur Therapie, der vollständigen Entfernung beider Hoden, ergibt sich insbesondere aus dem ausgeprägten Territorialund Deckverhalten sowie Harnmarkieren betroffener Kater. Der Nachweis endokrin aktiven Hodengewebes kann über das Vorhandensein von Penishaken oder mittels Testosteronanstieg nach GnRH/ hCGStimulationstest gestellt werden, wobei die Lokalisation des/ der kryptorchiden Hoden mittels Palpation (inguinale Hoden) oder optimalerweise mittels Ultraschall (inguinal/ abdominal) gefunden werden sollte.

HKP 2 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 2 / 2013.
Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download

Der Autor:

Weitere Artikel online lesen

Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.