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Andreas Hausberger
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Palatinam Equestrem Palaestram
Palatinam Equestrem Palaestram
Die Spanische Hofreitschule in Wien ist das einzige Reitinstitut der Welt, in dem seit mehr als 430 Jahren klassische Reitkunst in reinster Form gepflegt und die Fragt man nach dem Sinn einer Einrichtung, wie sie die Hofreitschule heute darstellt, in einer Zeit, wo der Mensch zum Mond und absehbar zum Mars fliegt, so lautet die Antwort: Kunst; die zweite: Zucht … oder auch umgekehrt. Die Reihung scheint im Angesicht der Muse bedeutungslos. Verschmolzen sind Pferd und Reiter zu einer künstlerischen Persönlichkeit. Dem Adel der Kunst aber entspricht der Adel der Zucht. Steigerung, die sich nicht erschöpft im Augenblick, sondern dem Gestern und dem Morgen verpflichtet bleibt. So schließt sich der Kreis. Der in der Hohen Schule vielfach bewährte Hengst kehrt in das Gestüt zurück, um seinen Adel, seine Kraft und sein Talent weiterzuvererben, um einem jüngeren Platz zu machen. Demselben Gesetz unterliegen auch die Menschen, die in der Schule arbeiten, die ein Glied in einer langen Kette all jener sind, die uns dieses Gut zu treuen Händen überantwortet haben. Dieses Erbe zu bewahren und unversehrt an Jüngere weiterzugeben, ist unsere Aufgabe. Geschichte der Reitkunst
Unter dem Begriff „Hohe Schule der Reitkunst“ im klassischen Sinn versteht man die durch die sorgfältige gymnastische Durchbildung der gesamten Muskulatur des Pferdes erreichte Fähigkeit, die schwierigsten, mit der natürlichen Gehmechanik des Pferdes im Einklang stehenden Übungen auf und über der Erde im vollkommenen Gleichgewicht durchzuführen. Sie findet ihren Aus druck in anscheinend spielerischer Leichtigkeit und in der Harmonie der Bewegung. „Hohe Schule“ gab es schon in der Antike.Der Parthenonfries der Akropolis in Athen zeugt davon, er wurde um 450 v. Chr. geschaffen. Einige Jahrzehnte später legte Xenophon, Kavallerieoffizier, Historiker und Ökonom, in seinen Abhandlungen „Hipparchikos“ (Der Reiterführer) und „Peri hippikes“ (Über die Reitkunst) ein beredtes Zeugnis für die damalige Blüte der Reitkunst ab. Erst der Schönheitsdurst der Renaissance, der auch an den Erscheinungen von Pferd und Reiter zur glückhaften Trunkenheit wurde, brachte die Wiederentdeckung der Hohen Schule. Ein Name verbindet sich damit, der des Frederico Griso oder Grisone. Dieser neapolitanische Edelmann errichtete etwa 1532 die erste Reitakademie – im Sinne einer Kavallerieschule – und verhalf dadurch seiner Heimat zu dem Ruf, die Stätte hoher Reitkunst zu sein. Giovanni Pignatelli, der Zögling Grisos und an der Akademie zu Neapel auch als Erfinder der Kandare in die Geschichte des Reitens eingegangen, hatte seinerseits Salomon de la Broue und Antoine de Pluvinel als Schüler. Diese brachten, als sie nach Abschluss ihrer Lehrzeit aus Neapel zurückkehrten, einen wahren Schatz an Erfahrungen und Kenntnissen in ihre Heimat mit. Antoine de Pluvinel de la Baume, wie er mit vollem Namen hieß, wurde zunächst Erster Stallmeister des Herzogs von Anjou und gründete dann unter Heinrich IV. eine Reitschule in Paris. Er war der Vertraute des Königs, der ihn als seinen Botschafter nach Holland schickte. Vor allem aber unterrichtete er den Sohn Heinrichs, Ludwig XIII., in der Reitkunst und schrieb für diesen das Werk „Le Manège royal, où l’on peut remarquer le défaut et la perfection du Auf den Spuren Pluvinels wandelte Francoise Robichon, Sieur de la Guérinière, seit 1716 Besitzer einer Reitakademie in Versailles, die sich bald europäischer Berühmtheit erfreute. De la Guérinière war von 1730 bis zu seinem Tod 1751 königlicher Stallmeister am Hofe Ludwigs XV. von Frankreich. Seine „École de cavalerie, contenant la connaissance, l’instruction et la conservation du cheval“, die in erster Auflage 1729 und in letzter 1825 erschien, stellte die gesamte Reitkunst auf eine neue wissenschaftliche Basis, derer sich die folgenden Zeiten bedienen konnten. Das System de la Guérinières, wie er es in der „École de cavalerie“ niederlegte, ist für die Spanische Hofreitschule bestimmend geworden und zumindest in seinen Grundzügen auch bestimmend geblieben. Unter Maximilian Ritter von Weyrother wurde die Spanische Hofreitschule im 19. Jahrhundert zu einem Mekka der Reiter Mitteleuropas. Er prägte den Begriff des „denkenden Reiters“. Er sagt: „ Jeder Bereiter muss sich vollkommen klar sein, auf welcher Stufe der Dressur sich das Pferd befindet, mit welchem er arbeitet, wie über den Zweck, welchen er von Lektion zu Lektion verfolgen und schließlich erreichen will“. Um den Zweck befragt, muss jederzeit mit kurzen Worten klar und deutlich Auskunft gegeben werden können. Mit einem Wort, der Bereiter muss nicht allein reiten, sondern auch denken, denn nur ein denkender Reiter wird mit möglichster Schonung des Pferdes in verhältnismäßig kurzer Zeit das Ziel, das er sich gesteckt hat, erreichen. Louis Seeger und Ernst Friedrich Seidler waren seine bekanntesten Schüler. Geschichte der Spanischen Hofreitschule Älter als das Gebäude ist die Institution. Das „Spanische“ in ihrem Namen leitet sich von der auf der Iberischen Halbinsel heimischen Pferderasse her, die sich als besonders befähigt für die klassische Reitkunst erwies. Erzherzog Maximilian, Sohn Kaiser Ferdinands I. und dann von 1564 an über zwei Dezennien lang selbst Herr und Mehrer des Reiches, führte um 1562 die Zucht spanischer Pferde in Österreich ein, errichtete das Hofgestüt in Kladrub. Drei Jahre später, 1565, hört man von einem Roß-Tummelplatz bei der Wiener Hofburg, der sich auf dem Gelände des heutigen Josefsplatzes und seiner nächsten Umgebung erstreckte. Es handelte sich dabei um eine offene Reit- und Turnierbahn, die bei schlechter Witterung das Verlangen nach einer gedeckten Reitschule hervorrufen musste. Wirklich erging verhältnismäßig kurze Zeit darauf, am 20. August 1572, an den Schlosshauptmann von Ebersdorf die Weisung, „dem kais. Hof-Pau-Schreiber zu verförttigung Vunderschiedlicher Standt Seyln (Standsäulen) in Spainischen Reithsall etlich Vnnd zwainzig Stamben (Stämme Holz) abuolgen zu lassen“. Demnach wurde also zu jenem Zeitpunkt eine gedeckte Reitschule renoviert oder neu errichtet. Erstmals taucht auch der Ausdruck „Spanischer Reitsaal“ in dieser Urkunde auf, die erste urkundliche Erwähnung der Spanischen Hofreitschule. Kaiser Karl VI. ließ 1729–1735 die Winterreitschule errichten. Der Baumeister Johann Berhard Fischer von Erlach entwarf den lichtdurchfluteten Reitsaal, der Vielen als der schönste der Welt gilt. Sein Sohn Joseph Emanuel Fischer von Erlach führte den Entwurf aus. Auch heute noch ziehen die Bereiter bei Betreten der Reitbahn den Zweispitz nicht vor den anwesenden Gästen und Zusehern der Morgenarbeit, sondern, als Dank für die Erbauung der Winterreitschule, vor dem Bildnis Kaiser Karls VI. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Spanische Hofreitschule öffentlich zugänglich gemacht. Nach dem Anschluss 1938 wurde sie in Spanische Reitschule umbenannt. Leiter wurde damals Alois Podhajsky, der nach dem Krieg auch am Weitererhalt und der Rückbenennung großen Anteil hatte. Er leitete sie bis 1964. Seit 2001 sind Hofreitschule und Bundesgestüt aus der öffentlichen Verwaltung ausgegliedert und auf Basis des „Spanische Hofreitschule-Gesetzes’ rechtlich und wirtschaftlich verselbstständigt. Das Unternehmen ist gesetzlich ’zur dauerhaften Erhaltung und traditionsgemäßen Zucht der Pferderasse „Lipizzaner“, zur Erhaltung der Tradition und der Hohen Schule der klassischen Reitkunst, zur traditionsgemäßen Nutzung der betreffenden Teile der Hofburg und des Bundesgestütes Piber und damit zur Wahrung des öffentlichen Interesses am dadurch repräsentierten österreichischen und internationalen Kulturgut’ verpflichtet. Die Gesellschaftsanteile haben zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes zu verbleiben. Die Ausbildung der Bereiter Alle Bereiter werden intern ausgebildet. Der Eleve tritt im Alter zwischen 15 und 19 Jahren in die Schule ein. Nach einer vier- bis sechsjährigen Ausbildung, davon einige Jahre an der Longe, wird er Bereiter-Anwärter. Ein Bereiter-Anwärter muss einen jungen Hengst bis zur Schulquadrille-Reife ausbilden und ihn erfolgreich in der Schulquadrille reiten. Erst dann wird er zum Bereiter ernannt. Nur die qualifiziertesten Bereiter werden zum Oberbereiter befördert. Derzeit hat die Spanische Hofreitschule zwei Oberbereiter, Wolfgang Eder und Andreas Hausberger. Am 10. September 2008 begannen erstmals zwei Elevinnen nebst zwei männlichen Eleven ihre Ausbildung an der Spanischen Hofreitschule. Die Ausbildung der Hengste An der Spanischen Hofreitschule wurden und werden ausschließlich Lipizzanerhengste ausgebildet. Versuche, Hengste anderer Rassen für die Arbeit heranzuziehen, scheiterten. Neben Schimmeln werden auch immer ein oder zwei Braune an der Schule ausgebildet, sie sind sozusagen die „Glücksbringer“. Unter den Bereitern herrscht die Meinung: „... solange es einen Braunen an der Schule gibt, besteht die Spanische Hofreitschule.“ Die Ausbildung der Lipizzanerhengste gliedert sich in drei Stufen. - 1. Remontenschule
Die Remontenschule beginnt im Alter von vier Jahren, wenn die Hengste nach Wien an die Hofreitschule kommen. Die Hengste (meistens sechs bis acht) werden in den ersten Wochen in der Gruppe in der Winterreitschule - 2. Campagneschule Der Hengst ist nach mehr oder weniger einem Jahr in der ersten Stufe bereit für die Campagneschule, wobei der Hengst das Tempo der Ausbildung bestimmt. Die Hengste werden jetzt erfahrenen Bereitern und Oberbereitern zur Ausbildung zugeteilt. Gelernt wird Versammlung, das Reiten von Wendungen und Zirkeln in allen drei Gangarten, Selbsthaltung, Losgelassenheit, Schub aus der Hinterhand und das Aufnehmen von Gewicht auf die Hinterhand. Der Hengst lernt korrekte Stellung und Biegung im Seitengang und Tempounterschiede in allen drei Gangarten. Die Reaktion auf die Hilfen wird verfeinert. Es wird mit der Handarbeit begonnen und der Hengst wird an die Kandare gewöhnt. Die Campagneschule nimmt zwei Drittel der gesamten Ausbildung in Anspruch. - 3. Hohe Schule
In der Ausbildungsstufe der Hohen Schule bringt der Reiter sein Pferd zur Perfektion. In höchster Versammlung lernt der Hengst Piaffe, Passage, Galopppirouetten und Galoppwechsel von Sprung zu Sprung. Hengste, die sich dafür eignen, lernen die Schulsprünge wie Levade, Capriole und Courbette. Der fertige „Schulhengst“ bekommt Das tägliche (außer Sonntag und Montag) Training (von 10:00 bis 12:00) ist seit dem Fall der Monarchie 1918 öffentlich zugänglich. In der Morgenarbeit kann man die Bereiter beim Arbeiten ihrer Hengste beobachten. Hengste aller Alters- und Ausbildungsstufen werden in vier Gruppen von bis zu acht Hengsten gezeigt. In der täglichen „Morgenarbeit“ entscheidet jeder Bereiter selbst, was und wie lange er mit seinem Hengst arbeitet und ob mit Trense oder Kandare geritten wird. In den normalerweise 30 Minuten, in denen der Hengst in der Reitbahn ist, wird an der Hand und unter dem Sattel gearbeitet. Hengste, die länger brauchen, werden bis 45 Minuten trainiert. Jeglicher Unterricht an der Longe und die Lektionen der Eleven oder Bereiter-Anwärter geschieht in der nichtöffentlichen Morgenarbeit von 7 bis 10 Uhr. Zweimal wöchentlich findet eine Vorstellung statt, in der der „Nachwuchs der Schule“, die „Jungen Hengste“, zu Beginn in einem eigenen Programmpunkt gezeigt werden. Vollständig ausgebildete Schulhengste werden in den folgenden Programmpunkten wie „Alle Gänge und Touren der Hohen Schule“, „Pas de Deux“, „Arbeit an der Hand“, „Am langen Zügel“, „Schulen über der Erde“ und der großen „Schulquadrille“ gezeigt. Podhajsky führte einen Sommeraufenthalt in den Stallungen der Hermesvilla im Lainzer Tiergarten für die Hengste der Spanischen Hofreitschule ein. In der Hermesvilla wurde auch 1962 ein Großteil des Walt Disney Films "Die Flucht der weißen Hengste" gedreht. Seit 2005 verbringen die Schulhengste ihre siebenwöchigen Sommerferien im niederösterreichischen Heldenberg. Ab dem Frühjahr 2010 wird dort ein modernes Ausbildungszentrum für Lipizzaner zur Verfügung stehen. Dann können erstmals ganzjährig junge Hengste in Heldenberg ausgebildet werden. Wie am Beginn dieses Artikels erwähnt, verschmelzen Tier und Mensch zu einer künstlerischen Persönlichkeit, und diese entfaltet sich, dem Gesetz ihres erhöhten Daseins folgend, auch dann, wenn der Claqueur fehlt. Den Traum der Schönheit verwirklicht der Träumende für sich selbst, und wenn er ihn weitergibt, so geschieht dies beinahe so, wie wenn im Herbst ein Blatt niedersinkt, zufällig und gleichsam absichtslos. Draußen vor den Fenstern ziehen dunkle Wolken auf, die den Vormittag beinahe zum Abend machen. Dennoch meint man, der strahlenden Kristallluster entbehren zu können. So viel Licht geht von dem weißen Saal der Pferde aus. Die Vorführung hat begonnen ... |
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