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Q-Fieber

Tierische Erkrankung mit menschlichen Auswirkungen

Eine Erkrankung, die nur mit einem Buchstaben benannt wird, wirkt irgendwie befremdlich, so, als ob keiner wirklich weiß, womit er es zu tun hat. Und das ist gar nicht mal so weit weg von der Wahrheit. Dr. Lisa D. Sprague schafft Abhilfe und berichtet über die weltweit vorkommende Zoonose.

Als die Erkrankung zum ersten Mal Anfang der 30er-Jahre des letzten Jahrhunderts bei Schlachthofarbeitern in Australien beobachtet wurde, war der Erreger unbekannt, er konnte weder isoliert noch sichtbar gemacht und die Erkrankung nur klinisch beschrieben werden (Maurin & Raoult, 1999). Ungefähr zehn Jahre später war der Erreger des Q-Fiebers (engl. query: die Frage, Nachfrage) identifiziert, der ungewöhnliche Name aber blieb (Parker et al., 2006).

Coxiella burnetii ist hochgradig infektiös

Coxiella (C.) burnetii ist ein obligat intrazelluläres, gramnegatives Bakterium mit zwei Antigenphasen (Phase I, hochvirulent, im Wirt; Phase II, wenig infektiös, in der Zellkultur) (Raoult et al., 2005). Intrazellulär können metabolisch hochgradig aktive, replikative Bakterienformen – die sog. large cell variants (LCV) oder die metabolisch inaktiven, extrazellulär vorkommenden small cell variants (SCV) – gebildet werden. Eine besonders widerstandsfähige und umweltstabile Form der SCV kann über Wochen bis Monate in Lebensmitteln wie Milch und Fleisch und über Jahre in Böden und Stäuben infektiös bleiben (BfR, 2010). C. burnetii zeichnet sich durch seine hohe Infektiosität aus, wobei schon die Aufnahme von 1 bis 10 Bakterien bei Mensch und Tier eine klinisch manifeste Infektion hervorrufen kann. Epidemiologisch sind besonders kleine Wiederkäuer (Schafe, Ziegen) von Bedeutung. Das Einatmen von mit C. burnetii kontaminierten Aerosolen bei der Geburtshilfe (infizierte Nachgeburten, Fruchtwasser, Lochien von Wiederkäuern, Hunden, Katzen), der Schafschur (verschmutztes Flies) und Schlachtung sowie durch den Wind verbreitete Stäube infizierter Se- und Exkrete gilt als Hauptübertragungsweg für den Menschen (Maurin & Raoult, 1999).

Reservoire

Q-Fieber ist eine Zoonose, die mit Ausnahme von Neuseeland weltweit vorkommt. Eine Vielzahl von Tierarten kann den Erreger in sich tragen, beispielsweise Hunde, Katzen, Vögel, Arthropoden, Reptilien, Amphibien, Wild- und Nagetiere (Maurin & Raoult, 1999; Parker et al. 2006). Weiterhin wird auch die Übertragung auf den Menschen durch Zecken diskutiert, allerdings fehlen hierzu noch aussagekräftige Daten. Letztendlich gelten aber hauptsächlich Schafe und Ziegen als die klassischen Reservoirtiere. Beim Wiederkäuer verläuft die Infektion meistens chronisch und klinisch inapparent, wobei Aborte oder die Geburt lebensschwacher Nachkommen möglich sind (Rodolakis, 2009). Bei infizierten, trächtigen Tieren vermehrt sich der Erreger in der Plazenta und Amnionflüssigkeit und wird während der Geburt in großen Mengen (109 Bakterien/g Plazenta) über die Geburtsprodukte in die Umwelt freigesetzt. Coxiellen können in geringeren Mengen auch über Milch, Urin und Kot ausgeschieden werden.

Coxielleninfektionen beim Menschen

Das klinische Bild einer Coxielleninfektion beim Menschen ist sehr variabel. Die Bandbreite reicht von asymptomatischen Infektionen bis hin zu letalen Verläufen. Meistens verläuft die Erkrankung subklinisch und selbstlimitierend, wobei über die Hälfte der Infizierten serokonvertieren, d. h. Antikörper bilden, ohne dabei klinisch zu erkranken (Maurin & Raoult, 1999). Q-Fieber kann akut oder chronisch verlaufen. Akutes Q-Fieber ähnelt einer Grippe, die mita typischer Pneumonie oder Hepatitis einhergehen kann. Heftige Kopfschmerzen sind ebenfalls beschrieben. Lebensbedrohliche Komplikationen treten in seltenen Fällen in Form von Meningoencephalitis, Myocarditis oder Perikarditis auf (Parker et al., 2006). Chronisches Q-Fieber kann nach Monaten, wenn nicht Jahre nach (akuter) Infektion bei 1 – 2 % der Betroffenen auftreten und sich in Form von subakuter Endokarditis, chronischer Hepatitis, diversen vaskulären, osteoartikulären und pulmonalen Syndromen äußern. Bei chronischen Erkrankungen mit Endokarditis kann die Letalität zwischen 5 und 50 % schwanken (European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), 2010). Beiden Krankheitsverläufen gemeinsam ist das häufige Auftreten des sogen. „Chronic Fatigue Syndrome“. Die Betroffenen klagen über protrahierte Müdigkeit und anhaltende Leistungsschwäche. Eine vom Robert Koch Institut (RKI) durchgeführte Studie über Q-Fieber in Deutschland hat ergeben, dass die durchschnittliche jährliche Inzidenz zwischen 1979 und 1989 bei 0,8 Personen/1 Mio. lag und zwischen 1990 und 1999 auf 1,4 Personen/ 1 Mio. angestiegen ist. Dabei konnte jedoch nicht geklärt werden, ob es sich um einen tatsächlichen Anstieg der Infektionen handelte oder ob sensitivere Nachweismethoden und verbessertes Meldeverhalten zu diesem Anstieg geführt haben (BfR,
018/2010).

Q-Fieber bei Schwangeren

Obwohl es Berichte über erhöhte Risiken von Fehlgeburten bei Schwangeren gibt (Raoult et al., 2002; Carcopino et al., 2009), verweisen Experten des ECDC darauf, dass es bisher aufgrund der Datenlage nicht möglich ist, eine evidenzbasierte Risikoabschätzung durchzuführen (ECDC, 2010).

Q-Fieber bei Hunden

Mehrere Studien haben gezeigt, dass Hunde für Q-Fieber empfänglich sind (Boni et al., 1998). Jedoch gibt es nur vereinzelte Fallberichte, die den Hund eindeutig als Überträger der Infektion auf den Menschen identifizieren konnten. In einem Fall erkrankte eine Familie durch den Kontakt mit ihrer gebärenden Hündin, die zuvor (vermutlich infizierte) Kaninchen gejagt hatte. In einem anderen Fall erkrankten mehrere Personen, die Kontakt zu einer trächtigen Hündin hatten, die mit coxiellen-infizierter Rehleber gefüttert worden war. Eine Person erkrankte durch den direkten Kontakt mit der infizierten Hündin, während die weiteren Betroffenen zusätzlich Kontakt mit dem infizierten Reh hatten (Buhariwalla et al., 1996). Weitere Berichte beschreiben humane Infektionen durch Hunde, die sich in infizierten Schafplazenten gewälzt oder sonstigen Kontakt zu infizierten Schafen hatten. Das klinische Bild bei Hunden ist unspezifisch und die Infektion verläuft fast immer inapparent. In der Literatur werden Fieber, Depression, Lethargie sowie Appetitlosigkeit und Milzvergrößerung beschrieben. Bei infizierten trächtigen Hündinnen kann es zu Aborten, Totgeburten oder der Geburt lebensschwacher Welpen kommen. In der Milch kann der Erreger bis zu vier Wochen nachgewiesen werden, im Urin bis zu 70 Tage (Antonetti, 1952).

Q-Fieber bei Katzen

Berichte über Q-Fiebererkrankungen bei der Katze sind ebenfalls spärlich, dennoch zeigen serologische Untersuchungen, dass sich Katzen gar nicht so selten immunologisch mit dem Erreger auseinandersetzen. Einige wenige Fallberichte beschreiben die Erkrankung von Menschen nach Kontakt mit infizierten, gebärenden Katzen. So nahm beispielsweise eine Pokerrunde eine ungewöhnliche Wendung, als im Verlauf des Spiels eine infizierte Katze ihre Welpen im selben Raum zur Welt brachte und dabei alle Teilnehmer ansteckte (Langley et al., 1988). Die klinische Manifestation ist bei Katzen nur in Ausnahmefällen zu beobachten und zeichnet sich durch Fieber, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit und Bronchopneumonie aus. Gelegentlich werden Milzvergrößerungen gesehen. Aborte und Totgeburten mit histologisch nachweisbaren granulomatösen Veränderungen in Herz, Leber, Niere und Lunge sind ebenfalls beschrieben (Weiss, 1997). Coxiellen können nach einer Infektion in den Milchdrüsen, in der Gebärmutter sowie der Scheide persistieren. Anhand von Infektionsversuchen konnte Babudieri schon Ende der 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts zeigen, dass C. burnetii ca. vier Wochen im Blut und im Harn ca. zwei Monate nachweisbar bleibt (Babudieri, 1959).

Q-Fieber bei Pferden

Die Literatur zu C. burnetii Infektionen beim Pferd ist äußerst begrenzt. Mehrere serologische Untersuchungen haben gezeigt, dass Pferde Antikörper gegen den Erreger bilden (George & Marrie, 1987), aber äußerst selten klinisch manifeste Symptome zeigen. Obwohl der Nachweis von C. burnetii DNS in Abortmaterial gelegentlich vorkommt, ist noch kein kausaler Zusammenhang zwischen Erreger und Abort festgestellt worden (Léon et al., 2009; NRL Wusterhausen). Über die klinische Präsentation einer Coxielleninfektion beim Pferd ist wenig bekannt. Bei Infektionsversuchen in den späten 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zeigten die Pferde Symptome akuter katarrhalischer Gastritis und Enteritis, katarrhalischer Konjunktivitis und Rhinitis sowie Beeinträchtigungen der Lunge und Bronchien (Blinov, 1957).

Meldepflicht

Q-Fieber ist nach § 1 der Verordnung für meldepflichtige Tierkrankheiten bei Rindern, Ziegen, Schafen und anderen Wiederkäuerarten meldepflichtig (BGBl. I 2011, 253 – 254). Beim Menschen ist Q-Fieber nach § 7 Infektionsschutzgesetz meldepflichtig ( BGBl. I S 1045, BGBl. I S 2091). So wurden beispielsweise im Jahr 2009 191 bestätigte humane und 141 Q-Fieber Fälle tierischen Ursprungs gemeldet (Conraths et al., 2010; TSN).

Diagnostik beim Tier

Coxiellen können über den Direktnachweis mittels histologischer oder immunfluoreszenzbasierter Färbungen in Abklatschoder Zellanzuchtpräparaten nachgewiesen werden. Serologisch kann der Antikörpernachweis über die Komplementbindungsreaktion (KBR) oder ELISA erfolgen. Eine weitere und vermutlich die am häufigsten verwendete Methode ist der Nachweis von spezifischer Coxiellen-DNS in einer Probe mittels der Polymerasekettenreaktion (PCR).

Therapie bei Hund und Katze

Es gibt keine ausreichende Datenlage zur Behandlung von Q-Fieber bei Hunden und Katzen. In der Literatur werden analog zur Therapie beim Menschen Tetrazykline, Fluorchinolone oder Kombinationen von Rifampicin mit Doxycyclin oder Trimethoprim aufgeführt. Jedoch muss darauf hingewiesen werden, dass trotz Behandlung der Erreger nicht komplett eliminiert und somit die Ausscheidung verhindert werden kann.

HKP 5 / 2011

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 5 / 2011.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
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