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Leptospirose beim Hund

Entwicklung, Prävalenz und Prophylaxe der Leptospirose

Die Leptospirose beim Hund konnte durch Impfmaßnahmen stark eingeschränkt werden. Durch die Reduzierung der Impfungen tritt sie in den letzten 20 Jahren jedoch wieder häufiger auf. Ein Grund dafür ist unter anderem ein verändertes Vorkommen der verschiedenen Serovare. Waren vor einigen Jahrzenten canicola und icterohaemorrhagiae vorherrschend, findet man heute häufiger andere Keime. Da die herkömmlichen Impfstoffe keine Kreuzimmunität gegen verschiedene Serovare erzeugen, stellt sich die Frage, ob und wie man Hunde schützen kann.

Die Zoonose Leptospirose wird durch Spirochäten des Genus Leptospira hervorge­rufen. Es gibt mehr als 200 Serovare, die sie auslösen können. Die pathogene Bedeutung der meisten ist nicht geklärt. ­Jedes Serovar besitzt einen Haupt- oder ­Erhaltungswirt und einen oder mehrere Neben- oder Gelegenheitswirte. Die Hauptwirte sind meistens wild lebende ­Nagetiere, die als Reservoir für die Bakterien dienen. Die primären Wirte sind hochempfänglich, zeigen jedoch in der Regel eher milde Krankheitssymptome und scheiden die Spirochäten über Monate aus. ­Nebenwirte hingegen erkranken in der ­Regel schwer und scheiden nur kurze Zeit oder gar keine Leptospiren aus.

Übertragung

Übertragen wird die Leptospirose hauptsächlich über den Urin, entweder direkt durch Kontakt mit einem erkrankten Tier oder indirekt über infizierten Urin. Leptospiren fühlen sich in Flüssigkeiten mit neutralem bis leicht alkalischem pH-Wert und Temperaturen über 18°C besonders wohl und können so einige Wochen bis Monate infektiös bleiben. Dies sollte man speziell auch bei Reinigungs- und Desinfek­tionsmaßnahmen bedenken. Beim Ausspritzen einer mit infiziertem Urin verschmutzen Box mit Wasser wird der Urin verdünnt und die Lebensbedingungen für die Leptospiren verbessern sich. Bevor eine solche Box gereinigt wird, sollte sie desinfiziert werden.

Krankheitssymptome/Laborveränderungen

Typische Krankheitssymptome sind: Fieber, Anorexie, Apathie, gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, Ikterus, Polydipsie/Polyurie und seltener respiratorische Symptome wie Husten und Dyspnoe. Häufigste Laborveränderungen sind Leukozytose, zum Groß­teil mit Linksverschiebung, Anämie, Thrombozytopenie, Azotämie, Hyperbilirubinämie, Bilirubinurie sowie erhöhte Leberenzymaktivitäten.

Diagnose

Die Referenzmethode zur Diagnostizierung und die in der Routinediagnostik am häufigsten eingesetzte Methode ist die Sero­logie mittels Mikroagglutinationstest (MAT). Hier gibt es jedoch eine Studie von Miller et al., in der gezeigt wurde, dass die MAT-Ergebnisse zwischen verschiedenen Laboren deutlich differieren. Weiterhin wurde gezeigt, dass Verlaufsuntersuchungen bei an Leptospirose erkrankten Hunden auch häufig verschiedene Serovare ergeben. Schlussfolgerung der Studie ist, dass man mittels MAT Leptospirose diagnostizieren kann, dass es jedoch sehr unwahrscheinlich ist, das ursächliche Serovar heraus­zufinden. Um die Sensitivität der Diag­nostik zu erhöhen, kann man zusätzlich zum MAT eine PCR auf Leptospiren vom Urin durchführen. Dies erhöht die Sensi­tivität besonders im frühen Infektionssta­dium, in dem häufig noch keine Antikörper vorhanden sind und der MAT noch negative Ergebnisse hervorbringt.

Entwicklung der Leptospirose

Die Prävalenz der Leptospirose sank nach weit verbreitetem Einsatz der bivalent-serovarspezifischen Impfstoffe gegen die Serovare canicola und icterohaemorrhagiae deutlich ab. In den letzten 20 Jahren stieg die Prävalenz jedoch sowohl in der Tier- als auch in der Humanmedizin wieder deutlich an. Das Ansteigen der Leptospirosehäufigkeit bei Hunden kann verschiedene Gründe haben. Einer davon ist, dass heute vermehrt andere Serovare auftreten als früher – damals waren es hauptsächlich canicola und icterohaemorrhagiae, gegen die eine Impfung entwickelt wurde. In einer Studie in Süddeutschland wurden bei 42 an Leptospirose erkrankten Hunden (1990–2004) folgende ätiologische Serovare gefunden: grippotyphosa (31%), saxkoebing (24%), canicola (12%) und bratislava (7%). Die in der Impfung enthaltenen Serovare icterohaemorrhagiae und canicola traten auch bei nicht oder schlecht geimpften Hunden auf.


In Norddeutschland wurden in einer Studie bei 39 Hunden (2003–2006) mit Leptospirose Titer gegen die Serovare ­bratislava (72%), copenhageni (52%), grippotyphosa (41%) und pomona (26%) nachgewiesen. Das Serovar bratislava konnte bei zwölf Patienten (30%) und copenhageni bei zehn Patienten (26%) eindeutig als das ursächliche Serovar identi­fiziert werden. Bei weiteren sieben bzw. vier Patienten wurden diese beiden Serovare zusammen mit anderen Serovaren, aber als das Serovar mit dem höchsten Titer gefunden.
In der neuesten Studie aus Berlin wurde bei 58 Hunden mit Leptospirose (2006–2011) die Serogruppen Australis (28%), Grippotyphosa (18%) und Pomona (14%) am häufigsten gefunden.

Die Studie von Miller, nach der es schwierig ist, mittels MAT das ätiologische Serovar einer Leptospiroseerkrankung herauszufinden, zeigt eine große Limitation der drei oben zitierten Studien. Diese sind nur bedingt vergleichbar, da nicht bei jeder Studie alle Serovare getestet wurden. Trotzdem ist davon auszugehen, dass es in den letzten Jahren zu einem Shift der Leptospirose Serovare in Deutschland gekommen ist.
Die Grafik fasst die drei oben genannten Studien zusammen und zeigt, dass die einzelnen Serovare in den verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich vorkommen. Zu bedenken ist, dass die Studien nicht exakt zur gleichen Zeit durchgeführt wurden. Nur das Serovar grippotyphosa kommt sowohl in Süddeutschland als auch in Berlin relativ häufig vor. Auch in Norddeutschland hatten 41% der Patienten einen Titer gegen grippotyphosa, wobei es sich hier wahrscheinlich nicht um das ätio­logische Serovar handelte.

Leider gibt es keine Studien zur Prä­valenz der Leptospirose in Deutschland. Die Patientenzahlen der Studien, die ­jeweils über mehrere Jahre liefen, zeigen jedoch, dass es eine seltene Erkrankung ist, die in Süddeutschland weniger auftritt als im restlichen Deutschland.


Abb.1: Hunde mit Leptospirose müssen intensiv therapiert werden. Dieser Hund zeigt einen deutlichen Ikterus und eine Pigmenturie.

Prävention

Da die Impfung keine bzw. eine sehr ­eingeschränkte Kreuzimmunität gegen andere Serovare hervorruft, ist Leptospirose auch bei geimpften Hunden immer eine Dif­ferenzialdiagnose. In den USA gibt es schon länger den quadrivalenten Leptospiroseimpfstoff, der zusätzlich zu den Serovaren canicola und icterohaemorrhagiae gegen die Serovare grippotyphosa und ­pomona schützt. In Deutschland ist seit Kurzem ein trivalenter Impfstoff auf dem Markt, der zusätzlich zu canicola und icterohaemorrhagiae auch gegen grippotyphosa konzipiert ist. Durch das neue Impfregime, mit dem die meisten anderen Impfungen nur noch alle drei Jahre verabreicht werden, ist zu befürchten, dass die Leptospirose in Zukunft noch weiter zunehmen wird. Stattdessen sollte – außer bei sehr stark gefährdeten Hunden (z. B. Jagdhunden) – nach einer Grundimmunisierung eine einmal jährliche Leptospiroseimpfung verabreicht werden. Bei Hunden mit hohem Exposi­tionsrisiko wird eine halbjährliche Auffrischung empfohlen.

take home

Es ist auf jeden Fall zu empfehlen, Hunde, die nicht ausschließlich in der Wohnung gehalten werden und potenziell mit Leptospiren in Kontakt kommen, regelmäßig gegen Leptospirose zu impfen. Weiterhin ist es sinnvoll, Hundebesitzern zu raten, ihre Hunde nicht aus Pfützen oder stehenden Gewässern trinken zu lassen. Langfristig wäre es von Vorteil, die in den Impfstoffen enthaltenen Serovare zu erweitern. Dafür sind jedoch weitere Studien zur Erfassung der aktuellen Prävalenz einzelner Keime in Gesamtdeutschland mit zuverlässigen Tests notwendig.

Literatur bei der Autorin

Foto: © Fotolia.com, Peter Kim

Stichwörter:
canicola, icterohaemorrhagiae, Serovare, Leptospirose, ätiologische Serovare, Prävention

HKP 3 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 3 / 2013.
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