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Fallbeispiel Unterkieferfraktur Pony Nepomuk

Konservative Heilung

Der bewegliche Unterkiefer, die Mandibula, hat eine prädisponierte Funktion in der Nahrungsaufnahme beim Pferd. Beidseitig sind die Kaskaden von jeweils sechs Backenzähnen in den ­Alveolen des Unterkiefers platziert. Der Unterkieferknochen selbst besitzt eine sehr funktionelle Architektur; die Mandibula formt die knöchernen Seiten und die unvollständige Bodenwand in der Maulhöhle.

Lediglich im kranialen Bereich der Schneidezähne sind die Unterkieferäste mit fester Knochenstruktur verbunden und beidseits in einem Walzengelenk mit dem Oberkiefer artikulierend. Dies ist die Voraussetzung für einen intakten Mahlvorgang bei der Nahrungsaufnahme des Pferdes. Daher stellt eine Unterkieferfraktur sowohl ein erhebliches Problem bei der Futteraufnahme als auch hinsichtlich der Therapie dar. Die Fraktur einer Seite schafft je nach Lage ein isoliertes Knochenfragment, das bei einer vollständigen Unterkieferfraktur nur noch lose und locker am Kiefergelenk Halt findet.

Therapie der Unterkieferfraktur des Ponys Nepomuk

Vorgestellt wurde das Pony mit einer Schmerzhaftigkeit und Schwellung seitlich am Unterkiefer. Gleichzeitig wurde die Futteraufnahme verweigert. Eine Untersuchung der Maulhöhle wurde nicht vorgenommen, weil mit dem dazu erforderlichen Maulgatter selbst bei gesunden Pferden eine Spontanfraktur des Unterkiefers herbeigeführt werden kann. Daher wurde das Pony zunächst lediglich geröntgt. Die röntgen­ologische Untersuchung wurde innerhalb von zwei Monaten insgesamt dreimal durchgeführt. Der Heilungsverlauf ist aus den Röntgenaufnahmen ersichtlich; gleichzeitig geht daraus hervor, dass eine konservative Behandlung erfolgte (Abb. 1–3).


Abb.1 Frakturlinien bei der Erstuntersuchung


Abb.2 Frakturlinien bei der ersten Nachuntersuchung


Abb.3 Stabilisierung der Frakturspalten
bei der letzten Nachuntersuchung

Die Fraktur war bereits bei der Erstuntersuchung ersichtlich und betraf den Angulus mandibulae im Bereich des letzten Backenzahnes (411) mit Beteiligung der Alveolen von 410 und 411 sowie einem dreieckigen Sequester unterhalb des Caput mandibulae. Auffällig war, dass die Frakturlinien bei der ersten Nachunter­suchung deutlicher sichtbar waren als bei der Erstuntersuchung. Erst bei der letzten Nachuntersuchung war eine deutliche Stabilisierung der Frakturspalten röntgenologisch zu erkennen. Als Therapieoption wurde mit der Auftragge­berin die operative Behandlung besprochen. Gleichzeitig wurde jedoch auch deren Problematik dargelegt. Die Schwierigkeit einer operativen Behandlung des Unterkiefers ist in seiner filigranen Struktur begründet. Im Bereich der Fossa masseterica beträgt die Dicke des Unterkieferknochens bei einem Pony dieser Größe nicht mehr als 2–3 Millimeter. Das Gebiet der Fossa masseterica wäre bei Nepomuk opera­tionsrelevant gewesen und blieb in der konservativen Behandlung über viele Wochen eine mögliche Prädilektionsstelle. Die konservative Behandlung erfolgte mit der strikten Anweisung, den Mahlvorgang bei Futteraufnahme auf ein Minimum zu reduzieren. Nepomuk wurde ohne jegliches Raufutter breiig ernährt, gleichzeitig erhielt er strenges Weideverbot und wurde nur an der Hand mit lockerem Halfter oder Halsring geführt. Unterstützend erhielt er sieben Wochen lang 2 x 10 Tabletten pro Tag Schüßler Salz Calcium phosphoricum D6 und 3 x 10 ­Tabletten pro Tag Symphytum D3 (DHU).

take home

Bei einer Unterkieferfraktur besteht in manchen Fällen eine konservative Heilungschance. Diese Therapie ist nur mit einer vollständigen Risikoaufklärung des Besitzers möglich. Da die Anwendung eines Maulgatters einen erheblichen Folgeschaden verursachen kann, sollte die Diagnose einer Unterkieferfraktur durch den Tierarzt vorsichtig abgeklärt werden.

Foto: © istockphoto.com, andipantz

HKP 3 / 2015

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 3 / 2015.
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