Tierärzte & Kliniken
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Charlotte Sandersen
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Epidemiologie, Klinik und Behandlung der Weidemyoglobinurie
Epidemiologie, Klinik und Behandlung der WeidemyoglobinurieTödlich in jedem AlterMit der bevorstehenden kalten Jahreszeit steigt auch wieder das Risiko der Weidemyoglobinurie der Pferde. Die Weidemyoglobinurie (auch atypische Myopathie oder saisonale Weidemyopathie) ist ein akutes Rhabdomyolysesyndrom, das ohne vorhergehende Belastung bei weidenden Pferden auftritt. Klinisch manifestiert sich die Weidemyoglobinurie durch Muskelschwäche und -steifheit, Festliegen und Myoglobinurie. Die Mortalitätsrate liegt bei rund 80 %. Obwohl diese Krankheit schon seit Langem bekannt ist, scheint sich die Anzahl der Ausbrüche in den letzten Jahren zu häufen. Epidemiologie
Typischerweise tritt die Weidemyoglobinurie im Herbst und in dem darauffolgenden Frühjahr auf. Vereinzelt wurden Fälle im Winter, jedoch nicht im Sommer berichtet. Häufig erkranken mehrere Pferde derselben Weide innerhalb eines kurzen Zeitraumes. Die klimatischen Verhältnisse, die die Weidemyoglobinurie- Ausbrüche begünstigen, lassen sich als kalt und feucht ohne langanhaltenden Frost zusammenfassen. Auch feuchte Stellen und Bäume auf der Wiese, die Nähe zu Fließgewässern, ein ausgeprägtes Gefälle und die Ansammlung von Laub wurden als weidebezogene Risikofaktoren beschrieben. Ätiologie Die Ätiologie der Weidemyoglobinurie ist nach wie vor unbekannt. Die Ausscheidungsprofile bestimmter organischer Säuren im Urin und ein gleichzeitiger Mangel an Dehydrogenasen in den Muskeln erkrankter Pferde ließen einen erworbenen multiplen Acyl-CoA Dehydrogenasemangel nachweisen. Allerdings weist die Ursache dieses Enzymmangels weiterhin Rätsel auf. Sowohl das Lethaltoxin von Clostridium sordelli als auch das Mycotoxin der so genannten Teerfleckenkrankheit des Ahornbaumes (Rhytisma acerinum auf Ahornlaub) stehen als Auslöser in Verdacht. Klinik Das klinische Bild der Weidemyoglobinurie ist uneinheitlich und beginnt meist mit Muskelschwäche, steifem Gang, Abgeschlagenheit, Kolik oder gar Schlundverstopfung. Im weiteren Verlauf kann es zum Festliegen der Pferde kommen. Pferde, die in der Lage sind aufzustehen, legen sich meist nach kurzer Zeit wieder hin. Eine Verhärtung der Rumpf- und Gliedmaßenmuskulatur, typisches Symptom anderer Rhabdomyolyseformen, ist dabei nicht festzustellen. Der Appetit bleibt häufig erhalten. Hypothermie wird typischerweise bei den betroffenen Pferden festgestellt, die längere Zeit auf der Weide liegen. Andere Pferde weisen eine normale oder manchmal erhöhte Körpertemperatur auf. Die Herzfrequenz ist normal oder erhöht, gelegentlich können Arrhythmien und Herznebengeräusche festgestellt werden. Rektal lässt sich häufig eine stark gefüllte Blase palpieren. Der Urin ist charakteristisch dunkelbraun gefärbt. Festliegen und Dyspnoe sind Symptome, die häufiger bei Pferden beobachtet wurden, die die Krankheit nicht überlebten. Diagnose
Die Diagnose basiert in der Regel auf charakteristischen Elementen der Anamnese (z.B. Jahreszeit, Weidehaltung, Pferde, die nicht geritten wurden) und dem Vorhandensein typischer klinischer Symptome (z.B. Schwäche, Festliegen, Myoglobinurie). Der spezifischste Laborparameter ist die Kreatininphosphokinase-Aktivität (CK) im Serum oder im Plasma. Innerhalb weniger Stunden steigt der Wert auf über 10.000 IE./L und meist sogar auf über 100.000 IE./L an. Pferde, die mit erkrankten Pferden auf der Weide standen, können ebenfalls erhöhte CK-Aktivitäten aufweisen und das unabhängig davon, ob die Erkrankung bei ihnen zum klinischen Ausbruch kommt oder nicht. Das heißt, dass erhöhte CK-Werte sowohl Vorboten der Krankheit als auch Ausdruck einer subklinischen Erkrankung sein können. Der CK-Wert hat wenig prognostische Aussagekraft. Bei erkrankten Pferden, die im Rahmen des Ausbruchs im Herbst 2009 erfasst wurden, lagen die CK-Werte zwischen 2.036 – 793.000 I.E./L und es bestand kein signifikanter Unterschied zwischen den überlebenden und den verstorbenen Pferden. Eine größere Studie berichtet CK-Werte zwischen 99 und 7.059.880 I.E./L und erklärt die fehlende prognostische Aussagekraft der CK-Werte mit der Tatsache, dass die Werte zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Verlauf der Krankheit gemessen wurden. Auch kann es durch das mehrmalige Verdünnen der Proben zu Messfehlern kommen. Andere Muskelenzyme wie die Aspartataminotransferase (AST) und die Laktatdehydrogenase (LDH) weisen einen ähnlichen Verlauf wie die CK auf. Behandlung
Da bisher weder die Ätiologie der Weidemyoglobinurie noch eine spezifische Behandlung bekannt sind, gilt der Vorbeugung besondere Beachtung. Risikoweiden sprich Weiden, auf denen schon Pferde in den Jahren zuvor erkrankt waren, sollten in der kalten Jahreszeit vermieden werden. Auch treten häufiger Fälle im Frühjahr auf, wenn es schon Erkrankungen im Herbst zuvor gab. Es wird ferner angeraten, Pferde von der Weide zu nehmen, wenn ein Pferd erkrankt oder verdächtige Symptome aufweist. Wenn Stellplätze begrenzt sind, sollte den jüngeren Pferden Vorrang gewährt werden. Literatur bei der Autorin Foto: © Charlotte Sandersen |
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