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Laparoskopische Kastration bei der Hündin

Schonende Entfernung

Die Nachfrage nach laparoskopischen Eingriffen unter Tierbesitzern hat merklich zugenommen. Diese Eingriffe haben sich in der Tiermedizin in den letzten zehn Jahren etabliert. Der Grund für diese Entwicklung liegt in der minimalen Invasivität der Laparoskopie. In vielen Studien konnte gezeigt werden, dass sie gewebeschonender ist, eine geringere Morbidität zeigt und weniger postoperative Schmerzen verursacht.

Die Instrumente und die Operationstechniken wurden in den letzten Jahren perfektioniert, was die Qualität und Schnelligkeit der Operationsmethoden weiter verbesserte. Der Nachteil besteht in den hohen Anschaffungskosten und im anfänglichen Trainingsaufwand für den Chirurgen.

Geschichte

Kelling inspizierte 1901 die erste Bauchhöhle bei einem Hund mittels eines Nitze- Zystoskops. 1910 wurden dann an einem Menschen, erstmals eine laparoskopische und eine thorakoskopische Untersuchung durchgeführt. 1985 wurde die erste laparos­kopische Sterilisation beim Hund (Oviduct-Ligation oder Uterushorn-Ligation) be­schrie­­ben. Diese Technik führte bei 50% der Fälle zu einer Pyometra. Erst Ende der 90er-Jahre kam der große Durchbruch in der laparoskopischen Kastration beim Hund.

Häufige Indikationen

// Ovariektomie/Ovariohysterektomie

// Exploration des Abdomens

// Kryptorchidektomie

// Biopsieentnahme (Leber, Pankreas, Milz, Darm, Lymphknoten)

// Splenektomie

// prophylaktische Gastropexie (extrakorporal/intrakorporal)

// Nephrektomie

// Adrenalektomie

// assistierte Enterotomie/Enterektomie

// assistierte Zystotomie

// Sondenplatzierung

Planung

Das Tier muss so vorbereitet werden, dass jederzeit zu einer konventionellen, offenen Operation konvertiert werden kann. Zu Beginn sollte man sich ein Zeitlimit setzen. Wenn dieses überschritten wird, sollte zu einer offenen Operation konvertiert werden. Ein konventionelles Instrumentarium sollte für den Notfall immer bereitliegen.

Vorgehen

Die laparoskopische Ovariektomie ist eine einfache, gut etablierte Operationsmethode. Deshalb ist diese Operationstechnik die beste Möglichkeit, seine Lernkurve auszubauen und mit dem Equipment vertraut zu werden. Bei der Ovariektomie können 1, 2 oder 3 Zugänge (Ports) gewählt werden. Bei der 1 Port-Technik wird ein circa 1cm großer Schnitt kranial (oder kaudal) des Nabels in der Linea alba durch Haut und Unterhaut durchgeführt. Mittels der Hasson Technik wird die Bauchwand nach oben gezogen und mit einer 11er-Klinge die Bauchwand perforiert. Der Zugang sollte nicht größer als der Trokardurchmesser sein (sonst undicht). Der Trokar wird vorsichtig nach kranial und rechts in die Bauchhöhle eingeführt. Es muss darauf geachtet werden, dass Milz, Leber und andere Organe bei diesem Eingriff nicht verletzt werden. Kohlendioxid wird über den gesetzten Trokar in das Abdomen insuffliert. Dabei sollte der intraabdominale Druck 10–12mm Hg nicht überschreiten, um die Nebenwirkungen (Hämodynamik, Atmung) gering zu halten. Die Optik wird nun über den Trokar in das Abdomen eingeführt und eine Bauchhöhlenexploration systematisch durchgeführt. Beim 1 Por-Zugang (Abb.1a) ist Optik und Arbeitskanal im gleichen Instrument (d.h. es braucht eine spezielle gewinkelte Optik).

Beim 2 Port-Zugang (Abb.1b) wird wie oben erwähnt der erste Port gesetzt, danach wird zusätzlich 1cm kaudal des Nabels unter Sichtkontrolle (meist 30° Optik) ein zweiter Port (Instrumentenkanal) in der Linea alba gesetzt. Der Vorteil ist, dass der Chirurg die Möglichkeit hat, zu triangulieren, und dass er weniger in seiner Bewegung eingeschränkt ist. Mit dieser Technik können kompliziertere Operationen besser durchgeführt werden. Die Triangulierung braucht etwas Übung. Der Vorteil des 2 Port-Zugangs gegenüber dem 1 Port-Zugang ist die verkürzte Operationszeit bei gleichen postoperativen Schmerzen. Erst ab 3 Ports geht man von einem signifikant-postoperativen Schmerzunterschied aus. Um die Ovarien besser darzustellen, wird der Hund zur Seite gedreht und das Ovar temporär an die linke resp. rechte Bauchwand genäht (Abb.2). Das an der Bauchwand fixierte Ovarge­webe wird vom Lig. suspensorium, Lig. proprium und dem Mesovar mittels eines bipolaren Kauters (z.B. LigaSure, Valley­lab, Convidien) freipräpariert (Abb.4). Die Ovarfixation wird gelockert und das Ovargewebe wird über den Instrumentenport unter Sicht entfernt (Abb.3). Falls das Ovargewebe zu groß ist, muss der Zugang etwas vergrößert werden. Nach Entfernen beider Ovarien wird das Abdomen auf allfällige Blutungen überprüft, dann wird das CO2-Gas aus dem Bauchraum abgelassen. Die Bauchwandinzisionen werden nach Entfernen der Trokare mit einer Sultannaht verschlossen, die Unterhaut mit einer Einzelknopfnaht adaptiert und die Haut mit einem Gewebekleber (n-Butylcyanoacrylat) geschlossen. Wird ein 3 Port-Zugang gewählt, wird ein 3. Port zwischen Os pubis und Nabel gesetzt (Abb.1c). Dabei muss das Ovar nicht temporär an der Bauchwand fixiert werden, sondern kann mit einem Instrument gehalten werden. Wir versuchen alle Ports in der Linea alba zu setzen, da es bei Inzisionen paramedian (Abb.1d) durch den Muskel öfter zu kleineren Blutungen kommen kann und es für das Tier auch schmerzhafter ist.


Abb.1 a-d (a 1 Port kaudal des Nabels in der Linea alba b 2 Port kaudal und kranial des Nabels in der Linea alba c 3 Port kaudal und kranial des Nabels sowie zwischen Nabel und Os pubis, alle in der Linea alba d 2 Port kaudal des Nabels und paramedian durch die Muskeln )


Abb.2 Ovargewebe wird mit Nahtmaterial an Bauchwand fixiert.


Abb.3 Ovargewebe von Ligamenten und Mesovar getrennt. Ovar noch an der Bauchwand fixiert.


Abb.4 Lig. suspensorium, Lig. proprium und Mesovar werden mit einem Versiegelungs­gerät (LigaSure, Convidien) getrennt.

Vorteile

Im Gegensatz zu einer offenen Kastration muss kein Zug am Ovar und den Ligamenten ausgeübt werden, was den zusätzlichen Schmerz verursacht. Je kleiner der offene Zugang, desto mehr Zug ist nötig, um die Ovarien vorzulagern und abzubinden. Ein weiterer Vorteil ist der Verzicht auf die ­Bewegungseinschränkung, auf den Hals­kragen oder das Fädenziehen nach der Operation. Durch die Vergrößerung der Ovarien auf dem Monitor kann das Ovargewebe besser visualisiert werden und die Gefahr von vergessenen Ovargeweberesten ist geringer. Jede kleinste Blutung ist auf dem Monitor sofort sichtbar und kann koaguliert werden.

Nachteile

Das CO2 im Abdomen kann durch Druck auf das Zwerchfell zu einer Einschränkung des Atemminutenvolumens sowie zu einer Verminderung des venösen Rückflusses führen. Aus diesem Grund ist eine gute Narkoseüberwachung wichtig, eine Beatmung des Patienten wird empfohlen. Eine Hyperkanie, Säure-Base-Imbalanzen und eine leichte Peritonits entstehen durch das CO2 -Gas häufig. CO2 führt zu einer mechanischen Reizung durch die Pleuradehnung und die Dehydration der Serosa. Eine chemische Reizung entsteht durch die Umwandlung von CO2 mit Wasser zu Kohlensäure. Die Säure führt zu einer leichten Peritonitis. Diese Reaktion hat ihr maximales Plateau nach 25 Minuten erreicht. Aus diesem Grund sollte versucht werden, das CO2 nicht länger als 20 Minuten im Abdomen zu behalten. Am Ende der Operation sollte das CO2 so gut wie möglich entfernt werden. In seltenen Fällen sind Gasembolien beschrieben worden.

Kontraindikationen

Bei der Planung des Eingriffs sind Kontraindikationen zu bedenken. In der Humanmedizin existieren klare Einschränkungen. Berücksichtigt werden anatomische und physiologische Faktoren. Anatomische Faktoren sind Adhäsionen (Folge früheren Opera­tionen), intraperitoneale Netze oder sonstige Implantate, Leber­erkrankungen (Aszites), Peritonitis, mechanischer Ileus oder disseminierte Neoplasien („port site metastasis“). Physiologische Faktoren können z.B. eine Schwangerschaft, erhöhter intrakranieller Druck, Herzauswurf minimierende Erkrankungen, Gasaustauschprobleme, Lebererkrankungen oder Koagulopathien sein.

Aus der Tiermedizin kennen wir folgende Kontraindikationen: Aszites, Koagulopathien und schlechter Allgemeinzustand. In ­einer retrospektiven Studie wurde festgestellt, dass Katzen, Patienten mit tiefem „Body Condition Score (BCS)“ und ältere Tiere ein signi­fikant höheres Risiko für postoperative Komplikationen zeigten. Zusammenfassend können die genannten Faktoren in relative und definitive Kontraindikationen unterteilt werden:


take home

Die laparoskopische Ovariektomie ist weniger schmerzhaft als die offene Kastration. Zudem ist die Komplikationsrate tiefer als bei der offenen Kastration. Die Lernkurve ist steil und die Operationszeit ist schnell kürzer als bei der offenen Kastration. Die Narkoseüberwachung ist ­etwas aufwändiger und das Tier sollte beatmet werden können, um dem verminderten Lungenvolumen entgegenzuwirken.

Literatur

Laparoscopic ovariectomy in dogs: comparison between single portal
and two-portal access. G. Dupré et al. Vet Surg 2009. 818–824

Conversion from diagnostic laparoscopy to laparotomy:
risk factors and occurrence. N.J. Buote et al. Vet Surg 2011. 106–114

Complications and need for conversion to laparotomy in small animals.
J.K. Mcclaran et al. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2009. 941–951

Comparison of Laparoscopic Ovariohysterectomy and Ovariohysterectomy
in Dogs. E.B. Davidson et al. Vet Surg 2004. 62?–?69

Foto: © istockphoto.com, Mercè Bellera

Stichwörter:
Ovariektomie, Ovariohysterektomie, Exploration des Abdomens, Kryptorchidektomie, Biopsieentnahme, Splenektomie, Nephrektomie, Adrenalektomie, assistierte Enterotomie, Enterektomie, assistierte Zystotomie, Operation, Vorgehen, laparoskopische Ovariektomie, Kontraindikationen, Aszites, Koagulopathien, schlechter Allgemeinzustand, Kastration,

HKP 1 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 1 / 2014.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
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