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ESCCAP-Empfehlung -– Bekämpfung von Giardien bei Hunden und Katzen

Infiziert – was tun?

Die ESCCAP-Empfehlung Nr. 6 (Bekämpfung von intestinalen Protozoen bei Hunden und Katzen) befasst sich mit folgenden Erkrankungen: Giardiose, Tritrichomonose, Isosporose, Cryptospordiose, Toxoplasmose, Neosporose, Hammondiose sowie Sarcocystiose. Der folgende Beitrag widmet sich der Giardiose.

Infektionen mit Protozoen haben folgende charakteristische Gemeinsamkeiten:

// Die klinischen Erscheinungen sind in den meisten Fällen unspezifisch.

// Jungtiere sind häufiger infiziert als ältere Tiere.

// Die Infektionen verlaufen häufig ohne klinische Symptome und sind oft selbstlimitierend. Dies erklärt die Anzahl an asymptomatischen Ausscheidern. Die Virulenz variiert innerhalb der einzelnen Gattungen.

// Schwer wiegende klinische Symptome stehen sehr häufig mit Begleitinfek­tionen durch andere Erreger (Viren, Bakterien) im direkten Zusammenhang.

// Negative Ergebnisse bei Kotunter­suchungen können eine Infektion nicht ausschließen.

// Aufgrund fehlender wirksamer Präparate oder einer notwendigen Umwidmung kann sich die Behandlung als schwierig erweisen.

// Einige Erreger sind Zoonoseerreger, dazu zählt auch Giardia intestinalis.

Arten/Lebenszyklus

Giardia intestinalis (syn. G. duodenalis, G. lamblia) kommt bei einer Vielzahl von Wirbeltieren vor. Es treten mehrere Genotypen (A–G) mit unterschiedlichen Wirtsspektren auf. Der Entwicklungszyklus von w ist homoxen. Trophozoiten besiedeln den Dünndarm, vermehren sich durch wiederholte Zweiteilung und bilden widerstandsfähige Zysten, die mit dem Kot in die ­Umwelt gelangen. Die Anzahl der ausgeschiedenen Zysten ist häufig sehr groß. Die Infektion erfolgt oral durch die Aufnahme von Zysten. Nach einer Infektion heften sich die Trophozoiten an die Schleimhaut­epithelzellen. Die Präpatenz beträgt vier bis 16 Tage. Zysten sind unmittelbar infektiös und können intermittierend über mehrere Wochen oder Monate ausgeschieden werden (Patenz).

Epidemiologie/Vorkommen

Giardia-Infektionen zählen bei Jungtieren < 1 Jahr zu den häufigsten Endoparasi­tosen. Die Prävalenz liegt deutlich über der älterer Hunde und Katzen. Zysten werden von Tieren mit klinischen Symptomen, aber auch bei inapparentem Verlauf ausgeschieden. Eine Infektion induziert eine Teil­immunität, die zu einem milderen Krankheitsverlauf oder in einigen Fällen zu einer vollständigen Eliminierung des Erregers führen kann. Diese partielle Immunität kann Reinfektionen aber nicht sicher verhindern. Die Übertragung von Giardien erfolgt oral als Schmutz- oder Schmierinfektion ­sowie durch fäkal kontaminiertes Wasser und Futter­mittel. Die minimale infektiöse Dosis beträgt nur wenige Zysten. Die Zysten bleiben in feuchter Umgebung mindestens drei Monate und in Kot rund eine Woche infektiös, sind aber gegenüber Austrocknung und kalten Temperaturen (–4°C über eine Woche) empfindlich. Wildtiere und andere Tiere können ebenfalls befallen sein, zoonotische Übertragungen auf den Menschen sind möglich.

Klinische Symptomatik

Die Infektion verläuft häufig inapparent. Klinisch auffällig ist sie vor allem bei Hunde- oder Katzenwelpen sowie bei immunsupprimierten Tieren, besonders bei gleichzeitiger Infektion mit anderen Er­regern. Die Beschwerden äußern sich in chronisch intermittierenden Durchfällen mit dünnbreiiger bis wässriger Kotkonsis­tenz und Schleimhautbeimengungen. Weitere Sym­ptome sind Inappetenz, Vomitus, Gewichtsverlust und Apathie.

Diagnose

Methode der Wahl ist der Nachweis von giar­diaspezifischem Kopro-Antigen. Hierfür gibt es eine Reihe kommerziell erhältlicher Tests (ELISA), die jedoch nicht immer vergleichbare Resultate erzielen. Grundsätzlich haben diese Tests im Vergleich zum mikroskopischen Zystennachweis den Vorteil, dass sie auch bei vorübergehendem Sistieren der Zystenausscheidung eine Diag­nose der Infektion erlauben. Alternativ kann der Nachweis der 8–15 x 7–10m großen Zysten im Kot mittels Flotations­methode erfolgen, z.B. mit Zinkchlorid- oder Zinksulfatlösung. Die Flotationslösung bewirkt eine typische morphologische Veränderung der Zysten. Möglich ist eine Diag­nose auch mittels SAF-Konzentrationsverfahren, ein Fixierungs- und Anreicherungsverfahren nach vorhergehender Konzentration durch Sedimentation. Um die Sensitivität der mikroskopischen Diagnostik zu erhöhen, sollten aufgrund der intermittierenden Zystenausscheidung drei Kotproben über einen Zeitraum von drei bis fünf Tagen untersucht werden.

Therapie und Prävention

Die einzigen in Deutschland für die Behandlung der Giardiose bei Hunden zugelassenen Tierarzneimittel enthalten Fenbendazol als Monowirkstoff. Für Katzen stehen entsprechende Präparate mit dem Wirkstoff Fenbendazol zur Verfügung, diese sind jedoch nicht für die Behandlung der Giardiose zugelassen, d.h., es muss eine Umwidmung bezüglich der Indikation stattfinden.

Dosierung für Hunde

1x täglich 50mg/kg KG p.o. über drei ­Tage. Diese Dosierung stellt sich in der ­Praxis jedoch häufig als nicht ausreichend dar. Aufgrund der hohen Rezidivgefahr wird daher empfohlen, die Behandlung nach zwei Wochen zu wiederholen.

Dosierung für Katzen

In der Praxis wird Fenbendazol zur Behandlung einer Giardiose bei Katzen oft in folgender Dosierung umgewidmet: 1x täglich 50mg/kg KG p.o. über fünf Tage, nach dreitägiger Pause erneut 1x täglich 50mg/kg KG p.o. über fünf Tage. Aufgrund der hohen Rezidivgefahr sollten die beiden ­Behandlungsschritte inkl. dreitägiger Pause nach zwei Wochen wiederholt werden.

Darüber hinaus wird im internationalen Schrifttum auch von der oralen Anwendung von Kombinationspräparaten mit Febantel/Pyrantel/Praziquantel (Umwidmung der In­di­kation, Dosierung: 1x täglich Febantel 15mg/kg KG, Pyrantel 14,4mg/kg KG und Praziquantel 5mg/kg KG über drei Tage) sowie dem Einsatz von Nitroimi­dazolen (Umwidmung aus der Humanmedizin, ­Dosierung: 2x täglich Metronidazol 25mg/kg KG über fünf Tage) berichtet.

In der Praxis kommt es trotz der ­Behandlung mit diesen Wirkstoffen häufig zu einer weiteren Ausscheidung von Giardia-Zysten und einem Andauern der klinischen Symptome. Ausbleibende Behandlungserfolge und Rezidive können u.a. auf folgende Faktoren zurückgeführt werden: Begleitinfektionen, Reinfektionen aus kontaminierter Umgebung, Infektionspersistenz aufgrund unvollständiger Parasitenelimination. Aus der Humanmedizin liegen Beschreibungen von nitroimidazolresistenten Giardia-Genotypen vor. Bei persistierenden klinischen Beschwerden und/oder weiterer Zystenausscheidung sollte die Behandlung wiederholt werden. Dies bedeutet, dass auch nach Besserung der klinischen Symptome der Erfolg der Therapie überprüft werden muss. Hierzu wird drei Tage nach Ende der Arzneimittelgabe eine Kotuntersuchung vorgenommen. Scheidet das Tier weiter Zysten aus, ist die Therapie fortzuführen und die Maßnahmen gegen eine Kontamination der Umwelt sind weiter­zuführen bzw. zu intensivieren.

Maßnahmen, die den Infektionsdruck reduzieren, sind für den Erfolg der Therapie oftmals entscheidend. Unterstützend wirkt z.B. das Shampoonieren der Hunde zu Beginn und Ende der Behandlung (z.B. mit einem chlorhexidindigluconathaltigen Shampoo). Berichtet wird auch, dass eine kohlenhydratarme Ernährung die Therapie unterstützen soll. Sinnvolle Maßnahmen zur Verhinderung der Übertragung auf andere Tiere und zur Prophylaxe einer Reinfektion sind:

// Behandlung aller Tiere in einem Haushalt/Bestand, unabhängig davon, ob klinische Symptome vorliegen oder nicht.

// Aufsammeln von Kot und Entfernung des Kotes im geschlossenen Plastikbeutel über den Hausmüll.

// Gründliche Reinigung aller fäkal kontaminierten Oberflächen (Böden und Wände) mit anschließender vollständiger Abtrocknung, optimal ist der Einsatz von Dampfstrahlern (> 60°C).

// Futter- und Trinkgefäße täglich mit kochendem Wasser säubern oder bei
> 65°C in der Spülmaschine reinigen.

// Katzentoilette täglich mit kochendem Wasser säubern und anschließend gründlich abtrocknen.

// Decken/Kissen heiß waschen (>65°C).

// Spielzeug mit kochendem Wasser oder in der Spülmaschine >65°C reinigen.

// Kratzbäume gründlich absaugen und reinigen.

// Hunde, ggf. auch Katzen gründlich baden und shampoonieren (z.B. mit chlorhexidindigluconathaltigen Produkten), um sie von anhaftenden Kotresten zu säubern, ggf. lange Haare im Analbereich scheren.

// Ggf. Desinfektion von Flächen/Gegenständen mit geeigneten Desinfektionsmitteln. Die aktuelle Desinfektions­mittelliste der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG) kann angefordert werden unter www.dvg.net. Zu den dort gelisteten Desinfektionsmitteln mit Kokzidien-Wirkung (nicht speziell für Giardien-Zysten getestet) gehören derzeit
Endosan Forte S Neu (H. Willhelm Schaumann) und Neopredisan 135-1 (Menno Chemie-Vertrieb GmbH).

In Tierheimen/Zuchten/Zwingern sind folgende Maßnahmen zusätzlich sinnvoll:

// Schulung und konkrete Anweisung des Pflegepersonals.

// Eingangsuntersuchung auf Giardien bei Tieren, die aufgenommen werden.

// Untersuchung bei Tieren, die zur Zucht eingesetzt werden.

// Untersuchung von Tieren, die unter Durchfällen leiden, ggf. Einleitung von Quarantänemaßnahmen.

// Feuchte Areale trockenlegen und nach Möglichkeit befestigen.

Zoonotische Bedeutung

Die meisten Genotypen, die bei Hunden und Katzen vorkommen, sind keine Zoonoseerreger. Nur zu einem geringen Prozentsatz werden bei Tieren zoonotisch relevante Genotypen nachgewiesen. Mit den in der Praxis üblichen Nachweisverfahren werden die verschiedenen Genotypen jedoch nicht differenziert und identifiziert. Zoonotisch relevante Genotypen können bei Bedarf jedoch mit molekularbiolo­gi­schen Methoden ermittelt werden. Immunsupprimierte Personen sind besonders ­gefährdet und sollten bei Auftreten von Magen-Darm-Symptomen einen Humanmediziner aufsuchen.

take home

Ein Befall mit Giardien, der trotz Behandlung nicht in den Griff zu bekommen ist, gehört in der ESCCAP-Online-Sprechstunde mit zu den häufigsten ­Anfragen verzweifelter Tierhalter. Da die therapeutischen Optio­nen gegen Giardien eingeschränkt sind, spielen Umwelt- und Hygienemaßnahmen, die den Infektionsdruck reduzieren, eine entscheidende Rolle. Den größten Erfolg verspricht die Kombination aus einem strikten Thera­pieschemata mit konsequenten Hygie­nemaßnahmen.

Foto: © wikipedia.org, Janice Haney Carr

Stichwörter:
Giardiose, Tritrichomonose, Isosporose, Cryptospordiose, Toxoplasmose, Neosporose, Hammondiose, Sarcocystiose, Protozoen, Infektionen, Zoonoseerreger, homoxen, Trophozoiten, Schleimhaut­epithelzellen, Präpatenz, Patenz, Epidemiologie, Zysten, Schmutz- oder Schmierinfektion, Schleimhautbeimengungen, Vomitus, Gewichtsverlust, Apathie, Inappetenz, giar­diaspezifischem, Flotationslösung, Fenbendazol, nitroimidazolresistenten Giardia-Genotypen, Zystenausscheidung, chlorhexidindigluconathaltigen Shampoo,

HKP 5 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 5 / 2014.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
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Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.