Veterinärmedizin
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Gesundheitsrisiko
GesundheitsrisikoBornavirus-Infektionen des Pferdes
Die weit verbreitete Bornavirus-Infektion des Pferdes erfährt angesichts ihrer Historisches In Deutschland ist seit über 100 Jahren eine nichteitrige Enzephalomyelitis bekannt, die sich noch um die vorletzte Jahrhundertwende in schweren Seuchenzügen in Provinzen des Deutschen Reiches äußerte und vor allem in der Amt-Hauptmannschaft Borna (Sachsen) erhebliche Verluste in der Pferdepopulation verursachte. Diese Stadt wurde daher zum Namensgeber –Borna´sche Krankheit [8]. Die Charakterisierung des auslösenden Virus, seiner Antigene und Einsichten in die epidemiologische Situation (heute sterben noch ca. 100 Pferde im Jahr) haben zu einer neuen Sichtweise der Bornavirus-Infektion geführt [1–3,9]. Infektion bedeutet nicht Krankheit, was heißt, dass bei der weiten Verbreitung des Virus feine Änderungen im Allgemeinverhalten von Tieren – auch im Labor – als virusspezifische Marker erkannt und behandelt werden können. Bei 60 % aller Pferde liegt eine Infektion mit Bornavirus (englisch: Borna disease virus, BDV) vor und etwa 10 % leiden lebenslang immer wieder unter Symptomen. Noch immer hält sich die Auffassung bei unwissenden Besitzern, aber auch mitunter bei Kollegen, dass Tiere mit „Borna-Symptomen“ dem Tod geweiht sind [6]. Eine Einschätzung, die sich durch neuere Untersuchungen als völlig falsch erwiesen hat [1,2,4]. Klinische Symptomatik Sie gliedert sich in die wichtigsten, auffälligen Erscheinungsformen [8, 2, 4]:
- Apathie (Abb. 1)
Bisher haben sich nur wenige Arbeitsgruppen mit der Frühsymptomatik beim Pferd beschäftigt. Erste aufschlussreiche Berichte zur Gesamtklinik liegen bereits 1912 von Schmidt vor [8]. Heute geht es in der Pferdemedizin weniger um die klassischen „Borna“-Symptome als vielmehr um feine unphysiologische Abweichungen vom Normalverhalten. Eine Pferdebesitzerin hat uns kürzlich interessante, aufschlussreiche, über Jahre gesammelte Beobachtungen an ihrem 13-jährigen Wallach, der labordiagnostisch deutlich Bornavirus-positiv war, übermittelt; ähnliche Anamnesen haben wir über die Jahre gehäuft erhalten [4]: „... deutliche Abwehrreaktionen gegen Berührung … am stärksten am Kopf. Versuche werden mit Kopfschütteln, Ohrenanlegen oder Drohen mit den Hinterhufen quittiert … in 90 % der Fälle treffe ich ihn in der Box mit dem Kopf direkt an der Wand in der hintersten Ecke stehend an. Labordiagnostische Möglichkeiten
Das nicht zytopathogene Bornavirus löst persistierende (dauerhafte) Infektionen aus; es ist mit Tollwut- und Masernvirus verwandt und besitzt eine Einzelstrang- RNA als Erbmaterial, von der die zwei ersten Gene ihre Eiweiße im Übermaß produzieren. Im Gehirn wird dadurch das Gleichgewicht der Botenstoffe (Neurotransmitter) gestört [1, S. 54]. Im Blut werden diese Proteine freigesetzt und zeigen damit Aktivierungsprozesse an, sodass sie sich für eine aussagekräftige Diagnostik besonders gut eignen. Routinemäßig werden 10 ml Zitratblut für die Untersuchung von Infektionsmarkern verwendet. Der Test (ELISA) basiert auf dem Nachweis geringster Mengen von virusspezifischem Eiweiß im Plasma, zirkulierenden Immunkomplexen (circulating immune complexes, CIC) sowie Antikörpern in einem Enzym-Immun-Assay (dem so genannten Triple-EIA). Spezifische monoklonale Antikörper fangen die Antigene oder Immunkomplexe aus dem Blut und erlauben somit eine reproduzierbare, in OD-Werten messbare Titerbestimmung. Dieser Test hat sich als einfach, sehr empfindlich und dabei hochspezifisch erwiesen und ist sonstigen Nachweismethoden wie z.B. der Immunofluoreszenz-Technik [1, S. 97; 7] weit überlegen. Letztere misst – wenn überhaupt – lediglich das Vorliegen einer Infektion [6], erlaubt jedoch keine Aussage zum Infektions- bzw. Krankheitsstand und ist dazu mit erheblichen Fehlern behaftet [2, 9]. Die Immunkomplex- bzw. Antigentiter- Messungen hingegen lassen sich gut mit dem Krankheitsgeschehen korrelieren und geben Aufschluss über das Ausmaß der Virusaktivierung, auch im zeitlichen Verlauf. Bei positivem Antigen befindet sich das kranke Pferd in einem akuten Schub, bei entsprechend hohen Immunkomplexwerten liegt die Virusvermehrung zurück oder dauert an [1, S. 23–24]. Therapie Unsere Berliner Arbeitsgruppe empfiehlt, die Bornavirus-Infektionen mit Amantadin zu behandeln, einem antiviral wirkenden Medikament, das seit 30 Jahren gegen Influenza A eingesetzt wird, ohne Nebenwirkungen zu verursachen. Es ist das einzig effektive Mittel, das durch tägliche Gaben über mindestens drei Monate hinweg (2–4 mg pro kg Körpergewicht) die Virusvermehrung eindämmt. Hunderte von laborpositiven Pferden sind so zu Normalverhalten zurückgekehrt. Darunter waren Topdressurpferde, die nicht mehr rechts von links unterscheiden konnten und heute wieder erfolgreich im Dressurviereck gehen. So konnte bei ca. 80 % der erkrankten Pferde mit Amantadin-Behandlung Symptomfreiheit erreicht werden. Ob ein Bornavirus-Pferd wieder richtig „gesund“ wird, bleibt vorerst offen; unsere Erfahrungen zeigen allerdings, dass mit der Amantadin-Therapie, einem funktionierenden Immunsystem und artgerechter Haltung Virusschübe in den meisten Fällen erfolgreich bekämpft werden können [4]. „Borna – Borreliose – Herpes“
Dieser Problemkreis trifft in übereinstimmenden klinischen Bildern für Mensch und Tier zu. Allen kontroversen Diskussionen zum Trotz hat die Bornavirus-Infektion kürzlich wieder große Beachtung gefunden, als der Einbau von Virusgenom RNA-Stückchen in Form von DNA in das Mammalier- Erbgut gefunden wurde [5]. Die Übertragung und Ausbreitung von Bornavirus ist noch unklar. Experimentell waren sowohl die Tröpfcheninfektion über die Nase als auch Virusinjektion in das Gehirn erfolgreich. Als sehr unwahrscheinlich gilt die Spekulationen einer Übertragung durch Ausscheidungen von Mäusen und Ratten in der Box. Eher kommt die Ansteckung durch gegenseitiges Beschnuppern oder Trinken aus demselben Wassereimer infrage (dies jedoch nicht bei antiviraler Behandlung). Ansteckend können Pferde aber auch zeitweise als gesunde Tiere sein, denen man nicht ansieht, dass sie gerade eine (kurzfristige) Virusaktivierung durchmachen. Außerdem wurden Fälle berichtet, in denen Stuten die Infektion an ihre noch ungeborenen Fohlen weitergaben. Wir haben beobachtet, dass die infizierte Stute ein gesundes Fohlen zur Welt brachte, das unauffällig blieb. Das Muttertier zeigte zunehmend Desinteresse am Nachwuchs und starb, vermutlich bedingt durch die Immunsuppression während der Trächtigkeit (Abb. 1). Latent Bornavirus infizierte Pferde, die gesund erscheinen, aber das Virus schlummernd in sich tragen, sind eher nicht ansteckend, sie können allerdings jederzeit in einem Infektionsschub das Virus ausscheiden. Literatur
[1] APMIS (2008) The International Berlin Symposium on Bornavirus Infections– From Animals to Man – 50 Years of Development (Norrild B ed), Suppl 124, Vol 116, 14–97. Foto: © istockphoto.com | Diana Hirsch |
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