Keine Blickdiagnose
Pilzerkrankungen bei Hund und Katze
Die Dermatophytose gehört zu den am häufigsten über- und unterdiagnostizierten Hauterkrankungen bei Haustieren. Im Gegensatz zum Menschen ist das klinische Bild sehr variabel, bei Tieren kommt es eher selten zu der klassischen „Ringflechte“. Dr. Ursula Mayer betont in diesem Zusammenhang die herausragende Bedeutung der Diagnostik und gibt einen Ausblick auf die Therapie.
Da viele Dermatophytosen nur über eine Pilzkultur, die bis zu vier Wochen Wachstumszeit benötigt, diagnostiziert werden können, kommt es nicht selten zu einer Verdachtsbehandlung. Der Aufwand und die Kosten einer Dermatophytose-Therapie sowie das Zoonosepotenzial rechtfertigen dieses
Vorgehen jedoch nicht. Zudem ist der Nachweis von Dermatophyten bei vorbehandelten Tieren häufig schwierig – sollte die Therapie nicht entsprechend anschlagen.
Dermatophytose
Die am häufigsten auftretenden Pilzspezies den Haustieren sind Microsporum canis (Katze und Hund), Trichophyton mentagrophytes (Heimtiere und Jagdhunde) und Trichophytum equinum (Pferd). Ob es zu einer Infektion kommt, hängt von folgenden Faktoren ab: Menge und Virulenz der Pilzsporen, Integrität der Hautoberfläche und Haarfollikel, Immunstatus des Tieres, Mikroklima der Haut und bei Katzen Haarlänge sowie Putzvermögen. Das Selbstheilungsvermögen der Tiere hängt zudem von einer kompetenten zellulären Immunantwort ab. Da die Erkrankung die Haarfollikel betrifft, kommt es zu follikulären Symptomen wie Alopezie, Papeln, Pusteln und Collaretten (Abb.1) mit unterschiedlichen Graden an Rötung, Schuppen und Krusten. Dementsprechend kann eine Dermatophytose nicht durch Adspektion von anderen follikulären Erkrankungen wie zum Beispiel Pyodermien oder Demodikose unterschieden werden. Der Juckreiz variiert stark. Viele Katzen und Hunde zeigen keinen Pruritus, solange sie keine Sekundärinfektion mit Bakterien bekommen. Bei Pferden tritt meist nur milder Juckreiz im Anfangstadium auf, bei Meerschweinchen und Mensch hingegen wird häufig starker Juckreiz beobachtet. Dermatophyteninfektionen (Kerion, mykotische Furunkulose) können bei Hunden klinisch autoimmunen Hauterkrankungen oder tiefen Pyodermien ähneln (Abb.2a– d). Noch vielfältiger kann sich das klinische Bild bei Katzen präsentieren: miliare Dermatitis, feline Akne, Hyperpigmentation, granulomatöse oder tumorähnliche Läsionen (Kerion, Pseudomycetom, Mycetom). Bei Langhaarkatzen fällt teils vor allem vermehrtes Haaren oder Aufnehmen von Haaren durch die Katze (Erbrechen von Haarballen) auf. Typischerweise beginnt die Erkrankung bei Pferden mit kleinen Papeln, über denen sich die Haare aufstellen und entwickelt sich dann zu Arealen mit Schuppen und teils dicken Krusten weiter. Am häufigsten sind die Gurt-, Sattel- und Zaumzeugauflageflächen betroffen. Eine seltene Präsentation beim Pferd ist auch die Urticaria. Onychomykose ist im Gegensatz zum Menschen selten und wird am besten durch eine Krallenbiopsie nachgewiesen
Diagnose
Vorberichtlich sind vor allem das Abfragen des zoonotischen Potenzials (Kontakttiere oder -personen betroffen) und anderer Risikofaktoren (z.B. Rattenfänger, Meerschweinchen im Haushalt) hinweisend. In jedem Fall sollten andere follikuläre Erkrankungen mittels Hautgeschabsel (Milben) und Abklatschzytologie (Bakterien) ausgeschlossen werden. Es stehen vier Untersuchungsmethoden auf Dermatophyten zur Auswahl – wovon die Pilzkultur den Goldstandard darstellt. Die Woodsche Lampe kann nur 50 % der Mikrosporum-Stämme mittels Fluoreszenz nachweisen, wodurch es häufig zu falsch negativen Ergebnissen kommt. Wichtig ist es, die Wood’sche Lampe mindestens fünf Minuten aufwärmen zu lassen. Es sollte nach apfelgrün leuchtenden Haarschäften in Assoziation mit den Läsionen gesucht werden. Auch falsch positive Ergebnisse sind nicht selten, weil topische Medikamente (z.B. Tetracycline) oder Schuppen ebenfalls fluoreszieren können. Somit kann die Untersuchung mit der Wood’schen Lampe den Verdacht einer Dermatophytose erhärten. Zur Diagnose eignet sich diese Methode als Einzeluntersuchung hingegen häufig nicht. Sie stellt jedoch bei positivem Befund eine hervorragende Screeningmethode zum Auffinden befallener Haare da, die dann für die Pilzkultur oder mikroskopische Untersuchung gesammelt werden können. Unter dem Mikroskop können Haare in Mineralöl oder KOH auf Sporen und Hyphen untersucht werden (Trichogramm). Diese Methode erfordert jedoch etwas Übung und setzt voraus, dass auch stark befallene Haare in der Probe vorhanden sind Mittels Pilzkultur und anschließender mikroskopischer Untersuchung der Makrokonidien (diese werden nur in der Kultur von den Dermatophyten ausgebildet) können eine Dermatophytose diagnostiziert und die betreffende Spezies bestimmt werden. Die Spezies des ursächlichen Dermatophyten kann Hinweise auf die Quelle der Infektion geben (z. B. M.gypseum: Erd boden; T. mentagrophytes: Nager; T.verrucosum: Rinder; M.canis: Katzen; M.audouinii: Human). Auch bei der Pilzkultur kann es zu falsch positiven Ergebnissen kommen, z.B. durch falsches Ablesen der Rotfärbung bei DTMAgar (Dermatophyten-Test-Medium). Der Farbwechsel kommt durch einen alkalischen pH-Wert zu Stande, der bei der Verstoffwechselung von Eiweiß entsteht. Dermatophyten bevorzugen Eiweiß, doch auch Hefepilze, Bakterien und Schimmelpilze verstoffwechseln Eiweiße, sobald alle Kohlenhydrate im Agar aufgebraucht wurden (meist erst nach 10 – 14 Tagen). Falsch negative Ergebnisse werden am häufigsten bei der Vorbehandlung und dem Inokulieren nicht infizierter Haare auf den Agar oder Überwucherung mit Schimmelpilzen gesehen. Vorteil des Nachweises von Dermatophyten in einer Biopsie ist der Nachweis des direkten Zusammenhanges der Hautläsionen mit der Dermatophytose, während mittels Pilzkultur auch das Mittragen von Pilzsporen aus der Umgebung im Fell der Tiere zu positiven Ergebnissen führen kann. Jedoch sind auch in Hautbiopsien falsch negative Ergebnisse nicht selten. Die Entnahme an den richtigen Biopsiestellen, die Anwendung von speziellen Pilzfärbungen (z.B. PAS-Färbung) und die Untersuchung durch einen geschulten Dermato-Histo pathologen kann die Erfolgsrate jedoch erhöhen. Ein weiterer Vorteil ist die oft verkürzte Zeit bis zum Ergebnis. Diese Methode ist jedoch invasiver und kostspieliger als eine Pilzkultur.
Therapie
Selbstheilung einzelner, durch Derma tophyten hervorgerufener Hautläsionen ist bei gesunden Tieren nicht selten. Kurzhaarige Hunde und Katzen benötigen zur Selbstheilung von Läsionen mindestens drei Monate, Langhaarkatzen häufig ein einhalb bis vier Jahre. Aufgrund des Zoonosepotenzials für andere Tiere und Menschen ist eine Behandlung jedoch zwingend notwendig. Auch bei gesunden Menschen mit guter zellulärer Abwehr kommt es häufig zu milden Infektionen und Selbstheilung. Die Folgen für immunsupprimierte Menschen und Tiere (Neugeborene, HIV, Chemotherapie, Organtransplantation, chronische Erkrankungen) können jedoch verheerend sein. Ein gutes Beispiel hierfür sind Dermato phytosen der Kopfhaut bei Kindern, die aufgrund der Narbenbildung zu dauerhafter Alopezie führen. Sporen können in der Umgebung mehrere Jahre infektiös bleiben. Je länger und umso mehr infizierte Haare in die Umgebung gelangen können, umso schwieriger bis unmöglich wird es, Wohnräume zu dekontaminieren. Auch aus diesem Grund wird empfohlen, bis zum Ergebnis der Pilzkultur bereits mit einer topischen Behandlung zu beginnen.
Die Ziele der Therapie sind:
Möglichst schnelle Heilung der Infektion des betroffenen Tieres – durch systemische und topische Therapie Minimierung des Zoonosepotenzials durch Entfernung von Sporen und infizierten Haare aus der Umgebung – durch Kürzen der Haare, topische Therapie und Umgebungsbehandlung Schutz vor Reinfektion durch Behandlung von Umgebung und Kontakttieren (asymptomatische Träger)
Das komplette Heft im PDF-Format beinhaltet die die vollständigen Tabellen und Abbildungen zum Beitrag.
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