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Gefahr durch Zecken
Gefahr durch ZeckenLyme-Borreliose beim Hund: Ätiologie, Diagnostik, Therapie und PräventionDie Lyme-Borreliose (LB) ist eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien aus dem Borrelia-burgdorferi-sensu-lato-Komplex verursacht wird. In der nördlichen Hemisphäre ist sie die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung bei Menschen. Bei Tieren zeigen sich klinisch apparente Erkrankungen hauptsächlich bei Hunden, bei denen die LB in schweren Fällen mit hochgradiger Lahmheit und Fieber einhergehen kann. In diesem Beitrag besprechen Inke Krupka, Christine Geiger und Prof. Dr. Reinhard K. Straubinger Ätiologie, Diagnostik, Therapie und Prävention der LB. Ätiologie
Borrelien sind Schraubenbakterien von ca. 25 ?m Länge und ca. 0,2 ?m Durchmesser. Sie sind mithilfe der Dunkelfeldmikroskopie als bewegliche Bakterien erkennbar (Abb. 1). Das Genus Borrelia (Familie der Spirochaetaceae) ist sehr heterogen. Alle Borrelien, die mit der LB in Verbindung gebracht werden, werden funktionell dem „Borrelia-burgdorferi-sensu-lato- Komplex“ zugeordnet. Für einige Spezies dieses Komplexes ist allerdings deren pathogenes Potenzial noch nicht bewiesen. In Zentraleuropa ist B. burgdorferi sensu stricto pathogen für Menschen und Hunde; zudem führen auch B. garinii und B. afzelii beim Menschen zur LB. DNA dieser Arten konnte auch in natürlich infizierten Hunden nachgewiesen werden [1, 2]; der experimentelle Nachweis, dass diese Borrelienarten die LB als klinisch erkennbare Krankheit im Hund auslösen können, steht jedoch noch aus. Je nach Vegetation und Klimazonen sind die Infektionsraten der Zecken regional unterschiedlich. Zecken in Süddeutschland zeigen eine Infektionsrate von 34,4 % für B. afzelii, 25,1 % für B. garinii und 22,0 % für B. burgdorferi sensu stricto [3]. Infektion der Säuger In Europa findet die Übertragung der Borrelien durch die Schildzecke Ixodes ricinus (umgangssprachlich Holzbock) statt. Deren Reservoirwirte sind hauptsächlich Nager und Vögel; nach dem Häuten zur Nymphe und zur adulten Zecke werden aber auch größere Säuger wie Hund, Katze, Pferd und der Mensch befallen. Während der ersten 12 bis 24 Stunden des Zeckenstiches werden die Borrelien, die sich zu Beginn des Zeckenstiches im Mitteldarm der Zecken aufhalten, nicht auf den Wirbeltierwirt übertragen. Wahrscheinlich durch den Anstieg der Temperatur, dem die Zecke während der Blutmahlzeit und dem nahen Kontakt zur Wirtshaut unterliegt, und weiteren Faktoren ändert sich die Expression der Oberflächenproteine der Borrelien von OspA zu OspC. Im Verlauf der ersten Stunden des Saugaktes penetrieren die Borrelien den Zeckendarm, wandern zur Speicheldrüse der Zecken und gelangen letztendlich mit dem Zeckenspeichel in die Haut des Wirtes, um dort die Infektion zu etablieren [4,5]. Anschließend verbreiten sich die Borrelien im Körper und siedeln sich in kollagenreichen Geweben an, z.B. in den Gelenkkapseln, Meningen und Haut, wo sie proliferieren und jahrelang überleben können. Auswirkungen der Infektion Durch die Aktivierung des Immunsystems werden fast alle Borrelien zwar abgetötet, die Infektion wird allerdings nicht vollständig eliminiert [6]. Bei der Verbreitung der Spirochäten im Wirt werden entzündliche Immunreaktionen initiiert, die das Auftreten von klinischen Veränderungen wie Lahmheiten bewirken. Die Produktion spezifischer Antikörper beginnt im Vergleich zu andern bakteriell bedingten Infektionen spät: IgG-Antikörper sind erst vier bis sechs Wochen nach der Infektion nachweisbar und steigen danach weiterhin an [7]. Diese Antikörper vermitteln aber keine protektive Immunität. Läsionen, die während der LB beobachtet werden, sind weniger das Ergebnis von Gewebeschädigung durch die Borrelien als eine Folge der Aktivierung des Immunsystems. Klinik Bei Hunden verläuft die LB typischerweise subklinisch oder intermittierend akut. Aufgrund der fehlenden Eliminierung der Bakterien kann sich ein chronisches Stadium entwickeln. Anfangs können unspezifische Symptome wie Fieber, allgemeine Mattigkeit, Lahmheit und Schwellung der lokalen Lymphknoten auftreten [8]. Im Allgemeinen verschwinden diese Veränderungen aber nach wenigen Tagen bzw. Wochen. Durch die Ausbreitung der Spirochäten in die Gelenke und in das Bindegewebe können, auch erst nach Wochen oder Monaten, lokal auftretende entzündliche Reaktionen Schmerz, Schwellung und Lahmheit (Mono- oder Oligoarthritis) verursachen. Diese können intermittierend auftreten und auch wenige Wochen später in der gleichen oder einer anderen Extremität wiederkehren. Im Falle von Lahmheiten sind z.B. die Ruptur des Kreuzbandes oder die Osteochondrosis dissecans (OCD) wichtige Differenzialdiagnosen zur Lyme-Arthritis, die abgeklärt werden müssen. Rassedispositionen mit renaler Beteiligung (Glomerulonephritis) sind für Labrador Retriever, Golden Retriever und Berner Sennenhunde vermutet worden. Bisher konnte dies aber experimentell nicht bestätigt werden [9,10]. Diagnostik Die definitive Diagnose „Lyme-Borreliose“ ist durch die klinische Untersuchung alleine nicht hinreichend möglich. Zusätzlich erschwert oder verhindert die späte Antikörperbildung eine aussagekräftige Labordiagnostik. Für die Diagnosefindung ist entscheidend, ob 1. mit der LB vereinbare klinische Veränderungen vorliegen (wobei keine pathognomonischen Symptome auftreten), 2. ob spezifische Antikörper gegen B. burgdorferi nachweisbar sind (diese sind von einer Impfung abzugrenzen), 3. ob der Zustand des Patienten sich nach antibiotischer Therapie bessert und 4. ob der Patient in einem Endemiegebiet mit Zeckenexposition lebt. Indirekter Erregernachweis
Der Nachweis spezi_fischer Antikörper gegen B. burgdorferi im Blut oder Serum hat sich zur wichtigsten Methode in der LB-Diagnosefindung entwickelt, wobei dieser oft nicht mit dem Vorliegen einer klinischen Erkrankung korreliert. Das Zweistufen-Test-System ist derzeit die Methode der Wahl für die LB-Serodiagnostik [11]. Dabei werden zunächst mithilfe des ELISA Hunde identifiziert, die borrelienspezifische Antikörper von Typ IgG tragen. Diese Antikörper können allerdings noch jahrelang nachgewiesen werden, auch nach erfolgreicher Behandlung und bei klinisch gesunden Tieren. Anschließend wird ein Western-Blot (Immunoblot) verwendet, um schwach positive ELISA-Ergebnisse zu bestätigen oder zu verwerfen und zwischen infizierten und geimpften Hunden zu unterscheiden (Abb. 2). Die auf den Western-Blot sichtbaren Proteinbanden sind spezifisch hinsichtlich Größe (gemessen in kilo-Dalton, kDa) und Lokalisation. Das hochvariable Oberflächenprotein VlsE, welches als spezifisches diagnostisches Antigen einen hohen Stellenwert hat, wird im Säugerwirt von lebenden Borrelien exprimiert [12, 13]. Auch dessen invariable, kurze Peptidsequenz C6 stellt einen sehr spezifischen diagnostischen Marker für eine aktive Infektion in serologischen Testsystemen dar. Antikörper gegen C6 sind bereits in der frühen Phase der Infektion nachweisbar und können zudem für die Überprüfung des Therapieerfolges eingesetzt werden [14]. Direkter Erregernachweis Gewebe-, Blut- oder Synovialproben müssen bis zu sechs Wochen in Kultur verbleiben, um ein Wachstum der Borrelien bestätigen oder ausschließen zu können. Trotz der hohen Spezifität ist die Sensitivität der Kultur gering, da oft nur wenige Spirochäten in Gewebeproben vorhanden sind. Dies ist auch der Grund, weshalb die als sehr sensitiv erachtete PCR (Polymerase- Ketten-Reaktion), die zum Nachweis spezifischer Borrelien-DNA eingesetzt wird, des Öfteren falsch-negative Ergebnisse liefert. Daher wird diese Methode vor allem zur Differenzierung von Borrelienarten oder -stämmen bei epidemiologischen Erhebungen verwendet. Therapie Da die antibiotische Behandlung in frühen Phasen der Erkrankung effektiver ist, sollte so früh wie möglich mit dieser begonnen werden. Im Verlauf der Behandlung können die Antikörperspiegel langfristig abfallen und die klinischen Veränderungen innerhalb von ein bis drei Tagen nach Behandlungsbeginn sich abschwächen oder ganz verschwinden [15]. Nach Meinung der Autoren sollten nur Patienten behandelt werden, die eine klinische Symptomatik aufweisen. Dann wird eine Behandlungsdauer von bis zu 30 Tagen mit Doxycyclin, Amoxicillin oder Cephalosporinen empfohlen (Behandlungsregime in Übereinstimmung mit anderen Veröffentlichungen [15, 16]). Der am häufigsten verwendete Wirkstoff Doxycyclin wird oral verabreicht und ist kostengünstig. Gleichzeitig wird durch Gabe von Doxycyclin eine eventuelle Co-Infektion mit Anaplasma phagocytophilum „mitbehandelt“. Der Einsatz von Doxycyclin sollte bei wachsenden Tieren vorsichtig erfolgen; stattdessen kann Amoxicillin angewendet werden. Besonders bei chronischen Fällen können klinische Veränderungen wiederkehren, sodass eine erneute Behandlung erforderlich wird. Prophylaxe Weltweit ist eine wachsende Zahl von Impfstoffen für die Prävention der LB bei Hunden verfügbar. Der Mechanismus zur Verhinderung der Infektion mit Borrelien ist bei allen derzeit erhältlichen Impfstoffen gleich. Die durch die Impfung induzierten Antikörper gegen das Oberflächenprotein A (OspA) der Borrelien werden von der Zecke während der Blutmahlzeit aufgenommen und binden an die Borrelien im Zeckendarm, wodurch die Wanderung der Borrelien in der Zecke und damit deren Übertragung auf den Wirt verhindert wird [17]. Die Impfung schützt somit schon, bevor die Borrelien in den Säuger gelangen. Nach der Grundimmunisierung (wenn möglich im Frühjahr) ist anfangs eine Wiederholungsimpfung nach sechs Monaten (Herbst), eine weitere Impfung im Frühjahr des folgenden Jahres und später eine jährliche Revakzinierung ausreichend, um den protektiven OspA-Antikörperspiegel aufrecht zu erhalten [18]. In Europa sind Lysat- Vakzine, produziert mit B. burgdorferi sensu stricto oder eine Kombination von B. garinii zusammen mit B. afzelii auf dem Markt; vollständige Kreuzimmunitäten wurden jedoch nicht beschrieben [18]. Deshalb sind zur Verhinderung der Infektion mit Borrelien die Zeckenprophylaxe mit Repellentien oder Akariziden und die tägliche Entfernung der Zecken durch den Tierbesitzer von besonderer Bedeutung. Literatur
[1] Hovius KE et al. (1999): Presence and distribution of Borrelia burgdorferi sensu lato species in internal organs and skin of naturally infected symptomatic and asymptomatic dogs, as detected by polymerase chain reaction. 68, Vet Q 21 (2), 54–58. Foto: © istockphoto.com |chris beddoe |
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