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Kokzidien bei Hund und Katze

Durchfall

Die als Kokzidien bezeichneten Enteritiser reger gehören mit Blick auf die biologische Systematik in den Unterstamm der Apicomplexa. Prof. Dr. Arwid Daugschies berichtet über diese Protozoen, die ausschließlich parasitisch leben und mit mehr als 5000 benannten Arten bei allen Wirbeltierarten vorkommen.

Entwicklungszyklus

Kokzidien der Gattung Isospora sind bei Hunde- und Katzenwelpen häufig als Parasiten der Darmschleimhaut anzutreffen. Ihr Entwicklungszyklus im Darm folgt einem typischen Muster und läuft in allen Teilen intrazellulär in der Mukosa ab. Nach einer ersten Phase ungeschlechtlicher Reproduktion erfolgt eine Differenzierung in (weibliche) Makro- und (männliche) Mikrogamonten. Nach Befruchtung der Makrogamonten wird eine Oozyste gebildet, die je nach Isospora-Spezies sechs bis zwölf Tage nach der Infektion (Präpatenz) fäkal ausgeschieden wird und innerhalb kurzer Zeit (zwölf Stunden bis wenige Tage) versport. Nach oraler Aufnahme der sporulierten Oozysten durch ein empfängliches Tier wird ein neuer Infektionszyklus eingeleitet. Werden versporte Oozysten durch andere Tierarten, z.B. Mäuse oder Kaninchen (paratenische Wirte), aufgenommen, so kommt es zur extraintestinalen Ansiedelung von so genannten Dormozoiten. Diese Stadien liegen reaktionslos und ohne weitere Entwicklung im Wirtsgewebe und können, wenn ein Hund bzw. eine Katze dormozoitenhaltiges Gewebe verzehrt, einen Kokzidienzyklus im Darm einleiten. Die Infektion ist also auf zwei Wegen möglich: durch Ingestion sporulierter Oozysten aus der Umgebung oder durch Verzehr mit Dormozoiten befallener paratenischer Wirte. Da die Isosporose primär eine Erkrankung von Welpen in Hunde- oder Katzenzuchten ist, dürften die paratenischen Wirte epidemiologisch eine untergeordnete Rolle spielen.

Befall, Erkrankung und Nachweis

Bei der Katze kommen Isospora rivolta und I. felis vor, die anhand der Oozystengröße leicht unterschieden werden können (I. felis: 45 x 33 ?m, I. rivolta: 26 x 24 ?m). Beim Hund werden Infektionen mit Isospora
canis, I. burrowsi und I. ohioensis beobachtet. I. canis besitzt recht große Oozysten von 30 ?m und mehr Durchmesser, während die der beiden anderen Arten mit ca. 20 ?m deutlich kleiner sind und sich morphologisch kaum voneinander unterscheiden lassen. Sie werden daher häufig auch als Isospora-ohioensis Gruppe zusammengefasst. Die Befallsraten liegen in der Hunde- und Katzenpopulation bei etwa 3 – 10 %, können aber im ersten Lebensjahr und vor allem in den ersten Lebenswochen mit bis zu 90 % deutlich höher liegen. Befallen werden Dünn- und Dickdarm vom Jejunum bis zum Colon. Klinisch kann die Infektion unauffällig bleiben oder es kommt zu individuell unterschiedlich schwerem Durchfall. Der Erkrankungsgrad hängt vom Alter der Tiere, der Infektionsdosis und dem allgemeinen Gesundheitsstatus ab. Gehäuft werden in Hundezuchten Kokzidiosen bei Welpen im Alter von vier bis sechs Wochen festgestellt, es wurde aber auch von hohen Prävalenzen klinischer Kokzidiose bei Welpen im Alter von bis zu drei Monaten berichtet. Die Oozystenausscheidung kann mit Koterweichung und, allerdings seltener, dünnflüssigem bis hämorrhagischem Durchfall mit Apathie, Anorexie, Erbrechen, Abmagerung und Fieber assoziiert sein. In extremen Fällen ist auch ein letaler Verlauf möglich. Nach Überstehen der Erstinfektion kann eine erneute Oozystenausscheidung infolge von Reinfektion auftreten, dies wird aber durch die sich ausbildende Immunität mit der Zeit zunehmend begrenzt, sodass erwachsene Tiere eher selten Ausscheider sind. Zum Nachweis der Oozysten sind konventionelle Flotationsverfahren, z.B. unter Verwendung gesättigter Kochsalzlösung, geeignet. Kommerzielle Testbestecke, die nach diesem Prinzip funktionieren, sind auf dem Markt. Ein Manko des Oozystennachweises ist, dass die Sensitivität nicht sehr hoch ist und damit falsch negative Ergebnisse möglich sind. Weiterhin kann der Oozystennachweis zwangsläufig nur in der Phase der Ausscheidung (=Patenz) gelingen, die Erkrankung kann aber schon zwei bis drei Tage vorher (=Präpatenz) auftreten oder nach Ende der Ausscheidung (=Postpatenz) anhalten. Dieser Problematik kann durch die wiederholte Beprobung aller Welpen zu einem gewissen Grad begegnet werden. Für andere Tierarten ist bekannt, dass die Ausprägung einer Kokzidiose wesentlich von der Präsenz anderer Erreger, beispielsweise Clostridien oder Escherichia coli, mitbestimmt sein kann. Ebenso kann eine mangelnde Versorgung mit Kolostrum den Verlauf der Kokzidiose beeinflussen. Für Hund und Katze liegen nur wenige entsprechende Hinweise vor, es ist aber durchaus anzunehmen, dass es auch bei diesen Tierarten solche Zusammenhänge gibt.

Behandlung

Zur Behandlung einer intestinalen Kokzidiose sind verschiedene Sulfonamide verfügbar. Modernere und besser wirksame Präparate aus der Gruppe der Triazinone wie das Toltrazuril oder Diclazuril sind für andere Tierarten zugelassen und müssten gegebenenfalls umgewidmet werden. Ein wesentlicher Vorteil der Triazinone gegenüber den Sulfonamiden ist, dass nur eine einmalige orale Applikation erforderlich ist, mit der alle Parasitenstadien erfasst werden. Demgegenüber wirken die Sulfonamide nur auf die frühen intestinalen Entwicklungsstadien und sie müssen über mehrere Tage verabreicht werden. Die Behandlung sollte in der dritten oder vierten Lebenswoche erfolgen, spätestens aber dann, wenn der erste Erkrankungsfall gesehen wird („Metaphylaxe“). Das Antikokzidium sollte in jedem Fall allen Welpen verabreicht werden, um die Entwicklung des Parasiten in den (noch) nicht erkrankten Tieren frühzeitig zu unterbinden. Neben dem Schutz der Gesundheit der Tiere ist mit der frühzeitigen Behandlung auch zu erreichen, dass keine Oozysten ausgeschieden werden und somit der Infektionsdruck begrenzt wird. So reichte unter experimentellen Bedingungen die einmalige Applikation von 10, 20 oder 30 mg Toltrazuril je kg Körpergewicht am dritten Tag post infectionem, also in der Präpatenz aus, um eine ohne Behandlung nach Ablauf der Präpatenz schwer verlaufende Infektion vollständig zu verhindern. Die hervorragende Wirkung einer Metaphylaxe mit 20 mg Toltrazuril/kg KGW lies sich in einer Feldstudie an natürlich exponierten Welpen zeigen, die am 15. Lebenstag behandelt wurden. Ein therapeutischer Effekt ist von Sulfonamiden nicht und von Triazinonen nur eingeschränkt zu erwarten. In einer Feldstudie wurde zwar bestätigt, dass Toltrazuril in einer Dosis von 20 mg/kg KGW die Oozystenausscheidung rasch reduzierte, allerdings sind die bis zum Beginn der Ausscheidung verursachten Darmläsionen dadurch nicht mehr zu beeinflussen. Immerhin wird eine weitere Parasitenvermehrung unterbunden, damit die Patenz verkürzt und das Ausmaß der Mukosaschäden begrenzt. So konnte mit einer Toltrazuril-Behandlung (30 mg/kg KGW) am 12. Tag p.i. ein drohender letaler Verlauf bei zwei schwer an Kokzidiose erkrankten Welpen verhindert werden. Für das Diclazuril wurde berichtet, dass eine Gabe von 25 mg/kg KGW an natürlich infizierte Hunde- und Katzenwelpen die Infektion rasch kontrollierte. Unabhängig von der Wahl des Präparates kann eine spätere Oozystenausscheidung bei einem Teil der Tiere wieder auftreten, sie ist aber meist gering und nicht mit Erkrankung assoziiert. Gleichzeitig sollte neben der medikamentellen Metaphylaxe alles getan werden, um die Anzahl infektiöser Oozysten in der Umgebung der Welpen zu reduzieren. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Desinfektionsmitteln im Handel, deren Wirksamkeit gegen Kokzidien- Oozysten im Labortest erwiesen ist (siehe DVG-Desinfektionsmittelliste). Mit solchen Präparaten können bei korrekter Anwendung über 95 % der Oozysten abgetötet und damit der Infektionsdruck wesentlich vermindert, nicht aber vollständig beseitigt werden. Allerdings ist chemische Desinfektion nur auf festen, chemikalienresistenten Oberflächen (z.B. Fliesen, Metall, Plastik) anwendbar und ersetzt keinesfalls eine gute Hygiene.

Weitere Ursachen

Als Durchfallursache kommen bei Fleischfressern, insbesondere Jungtieren, auch Kryptosporidien infrage. Die taxonomische Einordnung dieser Erreger bei den Apikomplexa (Kokzidien) ist noch nicht endgültig. Die Oozysten sind mit ca. 5 ?m sehr klein und können mikroskopisch leicht übersehen werden. Daher ist der Koproantigennachweis gebräuchlich. Einige Besonderheiten unterscheiden die Kryptosporidien von Isospora: So dringt der Erreger nicht aktiv in die Wirtszelle ein sondern siedelt sich im Bürstensaum der Enterozyten an. Dies führt zu Funktionsstörungen, die sich in Maldigestion und Durchfall äußern können. Zum Zweiten werden die Oozysten bereits versport ausgeschieden, sodass sie unmittelbar nach der Ausscheidung infektiös sind. Bei Hund oder Katze kommen vor allem die Spezies Cryptosporidium canis bzw. C. felis vor, die im Gegensatz zu C. parvum keine erhebliche zoonotische Bedeutung haben. Zoonotische Infektionen mit C. canis oder C. felis sind aber bei Personen mit gestörter Immunkompetenz berichtet worden. Derzeit gibt es keine Antiprotozoika, die gegen Kryptosporidien bei Hund oder Katze eingesetzt werden können. Da die meisten Infektionen klinisch unauffällig verlaufen, gibt es in dieser Hinsicht kaum Handlungsbedarf. Dennoch sollte ein Schutz gerade junger Tiere durch Sicherstellung einer guten Kondition sowie Hygiene und Desinfektion angestrebt werden. Personen mit Immunschwäche sollten den Kontakt zu Ausscheidern meiden.
Mit Neospora, Toxoplasma, und Sarcocystis gibt es weitere Kokzidien, die zwar im Darm von Hund oder Katze eine mehr oder weniger ähnliche Entwicklung durchlaufen wie Isospora, deren eigentliche Bedeutung aber aus der Entwicklung von Zysten in anderen Wirtsspezies resultiert (sog. zystenbildende Kokzidien). Die Komplexität der entsprechenden Zyklen und Problematiken kann an dieser Stelle nicht referiert werden.

Fotos: © Archiv des Instituts für Parasitologie, Leipzig

HKP 4 / 2011

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 4 / 2011.
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