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Demodikose bei Hund und Katze

Demodikose wird durch die übermäßige Vermehrung der Haarbalgmilbe Demodex canis hervorgerufen. Man könnte diese Haarbalgmilben als „versteckte Parasiten“ bezeichnen, da ihr natürliches Habitat, das Lumen des Haarfollikels, schwer zugänglich ist. Demodikose tritt bei vielen Spezies auf, ist aber in der Regel mit geringgradiger Symptomatik assoziiert. Eine Ausnahme ist der Hund, bei dem Demodikose häufig auftritt und die klinische Ausprägung sehr schwerwiegend sein kann. Der folgende Artikel soll Ihnen helfen, die Parasiten zuverlässig zu erkennen und erfolgreich dagegen anzugehen.

Was ist Demodikose?

Bei der Demodikose handelt es sich um eine Hautkrankheit, in der Regel verursacht durch die Haarbalgmilbe, Demodex canis. Diese lebt und entwickelt sich in den Haarfollikeln. Die Milben sind Teil der normalen Hautflora [1]. Sie werden im Zuge des Saugaktes kurz nach der Geburt von der Mutter auf ihre Welpen übertragen. Werden die Welpen allerdings per Kaiserschnitt geboren und danach durch den Menschen mit der Flasche großgezogen, beherbergen sie keine Milben [2]. Sowohl für Mensch als auch für Tier sind die Milben nach den ersten Lebenstagen nicht mehr ansteckend. Im Normalfall merken wir nichts von den zigarrenförmigen Untermietern unserer Haustiere – sie leben unbemerkt als Kommensale in der Haut. Wenn allerdings das Immunsystem des Tieres geschwächt ist oder es die erbliche Veranlagung zur generalisierten Demodikose hat, können sich die Milben übermäßig vermehren und werden zu einem echten Problem für das Tier und damit auch für seinen Besitzer.

Welche Formen der Demodikose treten auf?

Es werden eine generalisierte und eine lokalisierte Form unterschieden. Die lokalisierte Form betrifft meist junge Patienten unter einem Jahr. In den meisten Fällen (> 90 %) kommt es zu einer spontanen Remission ohne therapeutisches Eingreifen [3]. Treten die beschriebenen Stellen auch in anderen Körperregionen auf und kommt es ohne Therapie zur stetigen Verschlechterung, so spricht man von einer generalisierten Demodikose. Diese Form kann bei Junghunden oder immungeschwächten alten Hunden auftreten. Sonderformen, die nur bestimmte Körperregionen betreffen, sind die Pododemodikose und die Otodemodikose. Die Pododemodikose wird, auch wenn sie nur eine Stelle betrifft, immer der generalisierten Demodikose zugerechnet und ist behandlungsbedürftig! In diesem Fall ist es ratsam, den Besitzer von der Kastration seines Tieres zu überzeugen, um die Anfälligkeit für diese Krankheit nicht an nachfolgende Generationen zu vererben.

Tipp: Bei lokaler Jungtierdemodikose nicht therapeutisch eingreifen. Bei einer folgenden Generalisierung zur Kastration raten!

Warum bekommt ein Tier Demodikose?

Zu den prädisponierenden Faktoren, die zur krankhaften Vermehrung der Milben führen, gehören neben der bekannten und nachgewiesenen erblichen, genetischen Prädisposition beim Junghund auch Kurzhaarigkeit,
Mangelernährung, Stress und Endoparasiten, beim ausgewachsenen Hund andere zugrundeliegende Erkrankungen wie Hypothyreose, Hyperadrenocortizismus, Leishmaniose oder Neoplasien. Beim Junghund ist der wichtigste Faktor die genetische Prädisposition. Durch selektives Züchten kann die Demodikose in Hundezuchten nahezu eliminiert werden [4]. Daher wird empfohlen, erfolgreich behandelte Demodex-Patienten von der Zucht auszuschließen.

Welches sind die Symptome?

Demodikose wird leider von manchen Tierärzten immer noch zu wenig als mögliche Differenzialdiagnose in die Diagnostik einbezogen, obwohl sie sich in den unterschiedlichsten klinischen Bildern zeigen kann. Dem „klassischen“ Patienten mit Demodikose stehen sehr untypische Fälle gegenüber. Oftmals wird das klinische Bild außerdem durch teilweise schwere sekundäre bakterielle oder Hefepilzinfektionen dominiert und die Diagnose dadurch erschwert. Häufig gesehene Symptome sind Alopezie, Komedonen, Papeln, Pusteln, Krusten, Hyperpigmentation, Erythem und Schuppen. In schweren Fällen kann es zu Follikulitis, Furunkulose und Hautverdickung kommen. Kopf und Pfoten sind häufig zuerst betroffen. Die Sonderform Pododemodikose kann von einem milden Verlauf mit Erythem und Zwischenzehenödemen bis hin zu schwerwiegenden Fistelbildungen und Granulomen reichen. Bei allen klinischen Bildern kann es durch begleitende Infektionen zu systemischen Erscheinungen wie Fieber, Apathie und Vergrößerung der peripheren Lymphknoten kommen.

Wie diagnostiziert man die Demodikose?

Die einfachste Methode, um die versteckten Parasiten in der Haut aufzuspüren, sind tiefe Hautgeschabsel. Dabei wird etwas Paraffinöl auf ein Skalpell verbracht und damit in Haarwuchsrichtung so lange geschabt, bis kapilläre Blutung auftritt. Das zeigt an, dass die Tiefe des Geschabsels ausreicht, um die Milben im Lumen des Haarfollikels zu erreichen [5]. Wenn während des Geschabsels eine Hautfalte geformt und dabei die betreffende Stelle fest zusammengedrückt wird, werden die Milben aus der Tiefe des Follikels nach oben gepresst und die Zahl der Milben im Hautgeschabsel steigt nachweislich an [6]. Dann wird unter dem Mikroskop bei 40-facher Vergrößerung nach Milben gesucht. Hautgeschabsel sind aufgrund ihrer einfachen Durchführung, dem geringen materiellen Aufwand und ihrer aussagekräftigen Ergebnisse auch hervorragend für kleinere Praxen geeignet [7].
An Körperstellen, die schwer durch Geschabsel untersucht werden können (z. B. im Zwischenzehenbereich), bieten Trichogramme eine relativ gute und einfache Alternative. Dabei werden mit einer Klemme Haare in der betroffenen Hautgegend ausgerissen. In etwa 50 – 80 % der Fälle bleiben die Milben an den Haarwurzeln der ausgerissenen Haare verankert und man kann sie im Mikroskop sehen [8].
Da die Milben zur normalen Hautflora gehören, kann man evtl. auch bei gesunden Tieren eine Milbe bei der Untersuchung finden. Bei Patienten mit passender Klinik empfiehlt es sich, auch bei nur wenigen gefundenen Milben, weitere diagnostische und therapeutische Schritte einzuleiten.

Tipp: Schnelles und sicheres Erkennen von Demodikose durch tiefe Hautgeschabsel!

Welches sind die verfügbaren Therapiemöglichkeiten?

Bei der lokalisierten Form sollte nicht therapiert werden, um bei einer weiteren Generalisation diese Tiere „aufspüren“ und fortan von der Zucht ausschließen zu können. Bei Hunden, die kastriert sind und nicht zur Zucht verwendet werden, können natürlich auch lokalisierte Formen frühzeitig behandelt werden, wenn der Besitzer dies wünscht. Für eine schnellere Heilung bei gleichzeitigen sekundären bakteriellen Infektionen sollten lokale und/ oder systemische Antibiotika eingesetzt werden. Der seit langem zugelassene Wirkstoff für die Behandlung von generalisierter Demodikose ist das Acarizid Amitraz.
Um eine gute Spülung der Follikel und eine antibakterielle Wirkung zu erzielen, sollte man den Patienten vor jeder Anwendung von Amitraz mit einem benzoylperoxidhaltigen Shampoo waschen [9]. Es empfiehlt sich außerdem, langhaarige Hunde vor der ersten Anwendung zu scheren. Das Medikament wird mit Wasser angemischt und topisch angewandt. Wichtig im Behandlungsablauf ist es, das Mittel nicht abzuspülen, sondern auf dem Tier trocknen zu lassen und es zwischen den Anwendungen nicht nass werden zu lassen. Die Anwendung sollte in gut belüfteten Räumen erfolgen und der Anwender sollte entsprechende Schutzkleidung tragen, um Nebenwirkungen wie respiratorische Probleme zu vermeiden [10, 11]. Wirksame Dosierungen bewegen sich nach Erfahrungen in unserer Klinik zwischen 0,025 – 0,05 % bei einer Anwendung alle 5 – 7 Tage.
Neben Amitraz finden auch makrozyklische Laktone häufig in der Demodikose- Therapie Anwendung. Wirkstoffe wie Ivermectin, Moxidectin und Milbemycinoxim werden in verschiedenen Formulierungen und Dosierungen erfolgreich eingesetzt.
In mehreren klinischen Studien wurde die Wirkung von Moxidectin bei Hunden mit generalisierter Demodikose via oraler Gabe erfolgreich getestet [12,13]. Der Wirkstoff ist seit Kurzem in einer Spot-on-Formulierung für die Demodikosebehandlung zugelassen. In einer eigenen Studie mit zweiwöchiger Applikation der Spot-on-Formulierung haben wir eine gute Remissionsrate bei den klinisch leichten Demodexfällen festgestellt [14]. Wir empfehlen mittlerweile die kürzlich beschriebene Applikation im wöchentlichen Rhythmus [15].
Ein weiteres Antiparasitikum ist Ivermectin. Seit Mitte der 80er-Jahre wird dieses Arzneimittel von Tierärzten, trotz fehlender Zulassung, vermehrt zur Demodikosebehandlung eingesetzt [16]. Eine Gabe von 0,3 mg/kg als tägliche orale Dosis hat sich bei unseren Patienten als wirksam herausgestellt. Viele Collies (Kurzhaar und Langhaar Collie), Shetland Sheepdogs, Australian Shepherds, Border Collies und Bobtails haben aufgrund eines defekten MDR1-Rezeptors eine Unverträglichkeit gegenüber diesem Wirkstoff. Die Anwendung kann zu neurotoxischen Effekten in Form von Bewegungs- und Koordinationsstörungen, Zittern, Benommenheit, Erbrechen, Deorientiertheit, vermehrtem Speichelfluss, komatösen Zuständen und sogar zum Tod des Tieres führen. Auch bei anderen Hunderassen empfiehlt es sich, das Medikament aufgrund seiner möglichen und schweren Nebenwirkungen in einschleichender Dosierung zu verabreichen – eine graduelle Dosiserhöhung in Schritten von 0,05 mg/kg täglich ist empfehlenswert [17].
Milbemycinoxim gehört ebenfalls zu den makrozyklischen Laktonen und wird in der Tiermedizin vor allem zur Dirofilariose-prophylaxe eingesetzt. In höherer Konzentration zwischen 1 – 2 mg/kg täglich wirkt es jedoch auch sehr gut gegen Demodexmilben. Dieser Wirkstoff überzeugt bei richtiger Dosierung durch seine hohe Wirksamkeit bei nur geringer Nebenwirkungsrate und ist in manchen europäischen Ländern zur Demodexbehandlung zugelassen. Generalisierte Demodikose ist in vielen Fällen mit bakteriellen Sekundärinfektionen vergesellschaftet. Sollten bei der zytologischen Untersuchung Stäbchen gefunden werden, ist es ratsam, eine bakterielle Kultur und ein Antibiogramm einzuleiten und danach das Antibiotikum auszuwählen. Als lokale Shampootherapie haben sich Präparate mit dem Wirkstoff Benzoylperoxid bewährt. Einerseits können dadurch Krusten und Verunreinigungen entfernt werden, andererseits ist die antibakterielle und follikelspülende Wirkung vorteilhaft [18]. Allerdings mag in anderen Fällen ein Chlorhexidinshampoo besser verträglich sein.

Wie lange muss man therapieren, um ein Rezidiv zu verhindern?

Um einen Rückfall des Patienten zu verhindern, ist es wichtig, ausreichend lange zu therapieren und den Erfolg durch regelmäßige Kontrolle mittels Geschabsel im vierwöchigen Abstand zu überwachen. Die Milbenbehandlung sollte (unabhängig vom verwendeten Präparat) bis zum zweiten negativen monatlichen Hautgeschabsel fortgeführt werden, um Rezidive der Demodikose zu minimieren [19].

Tipp: Ausreichend lange therapieren um ein Rezidiv zu verhindern!

Demodikose auch bei der Katze?

Demodikose bei der Katze ist im Vergleich zum Hund sehr selten. Zu den klinischen Symptomen zählen vor allem Alopezie und Krusten. Auch Juckreiz wird bei vielen Katzen mit generalisierter Demodikose gesehen. In der Regel liegen bei der Katze einer übermäßigen Milbenvermehrung systemische Krankheiten wie Diabetes mellitus, FIV, FeLV, Hyperadrenocortizismus oder Neoplasien zu Grunde. Zur Behandlung können Amitraz (0,0125 – 0,025 % zweimal wöchentlich bis alle 2 Wochen) und Lime sulfur dips (1,6 – 2 % alle 5 – 7 Tage) eingesetzt werden [20, 21].

Literatur bei den Autoren

ralf.mueller@med.vetmed.uni-muenchen.de

HKP 2 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 2 / 2009.
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