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Mastitistherapie und -prophylaxe

Mastitistherapie und -prophylaxe

Eutergesundheit

Eutergesundheit und Milchqualität sind keine leeren Schlagworte, sondern Begriffe, die eng mit der zukünftigen Existenz der Milcherzeuger verbunden sind. Das Auftreten der Faktorenkrankheit „Mastitis“ stellt für Landwirt und Tierarzt gleichermaßen ein Problem dar, für dessen Lösung und somit erfolgreiche Therapie es bis heute keine „Gold Standard“-Methode gibt. Ao. Univ. Prof. Dr. Petra Winter beleuchtet in Teil 1 ihres Beitrages den effektiven und sicheren Einsatz von Antibiotika zur Mastitistherapie im Hinblick auf ein umfassendes Mastitissanierungsprogramm.

Bakteriologische Untersuchung von Viertelgemelksproben

Der Erregernachweis ist für die richtige Behandlung der Mastitis unentbehrlich, aber auch für die Behebung der ursächlichen Probleme. Bestimmte Erregergruppen lassen bereits Rückschlüsse auf Managementfehler zu. Daher werden die Mastitiserreger in so genannte „kuhassoziierte“ und „umweltassoziierte“ Erreger eingeteilt. Kuhassoziierte Erreger sind Erreger, die am Euter haften und beim Melkakt von Tier zu Tier verbreitet werden. Dazu zählen S. aureus, Sc. agalactiae und Mykoplasmen. Umweltassoziierte Erreger sind Erreger, die in der Umwelt des Tieres vorkommen und erst bei Vorliegen eines bestimmten Keimdruckes oder mangelnder Hygiene in das Euter eindringen. Dazu zählen Sc. Uberis, Enterokokken (Sc. D), E. coli und Klebsiella. Für die richtige Interpretation der Eutergesundheit sind die Zellzahlen, die Ergebnisse der klinischen Euteruntersuchung und der Vorbericht mit den Ergebnissen der bakteriologischen Untersuchung in Verbindung zu bringen (Abb. 1).

Kontrolle der Eutergesundheit

Mithilfe der Zellzahl in der Tankmilch und den Einzeltierzellzahlen ist eine regelmäßige und laufende Kontrolle der Eutergesundheit möglich. Bakteriologische Untersuchungen sollten zumindest bei jeder Kuh einmal pro Jahr durchgeführt werden. Um einen laufenden Überblick über das vorkommende Erregerspektrum zu haben, müssen natürlich alle klinischen Mastitisfälle sowie Tiere mit erhöhter Zellzahl (2-malige Überschreitung von 200.000 Zellen/ml) bakteriologisch untersucht werden. Kühe, die trockengestellt wurden und Kühe um den Zeitpunkt der Geburt sind besonders anfällig für Euterinfektionen.
Weiters stellen neu melkende und zugekaufte Tiere ein gewisses Infektionspotenzial dar. Daher sollten gerade diese Tiergruppen genau untersucht und regelmäßig kontrolliert werden.

Therapeutische Grundsätze

Unter Beachtung der „good veterinary practice“ sollte vor einer antibiotischen Mastitistherapie das Resistenzverhalten des nachgewiesenen Mastitiserregers bekannt sein. Daher sind die Ergebnisse der Antibiogramme bzw. der Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration von großer Bedeutung (Abb. 2).
Weiterhin ist die Abklärung der Erfolgschancen unbedingt erforderlich, nachdem Mastitiden multifaktorielle Erkrankungen sind und somit sind die Heilungserfolge von verschiedenen Faktoren abhängen.
Erfolgversprechende Heilungsaussichten liegen vor:

Wenn bei einer Kuh bis zur 2. Laktation nur 1 Viertel infiziert ist, eine Neuinfektion vorliegt, d.h. die Zellzahl der vorigen Kontrollen unauffällig ist, keine klinisch auffälligen Veränderungen des Euters vorliegen, der Allgemeinzustand nicht beeinträchtigt ist.

Wenn auf Bakterienebene eine breite In-vitro-Empfindlichkeit und keine Persistenz des Erregers im Euter vorliegen.

Wenn auf Herdenebene die vorbeugenden Maßnahmen umgesetzt werden, die Tankmilchzellzahl noch bei 250.000 Zellen/ml liegt, keine Erregerverschleppung vorhanden ist, die Körper- und Zitzenabwehr nicht beeinträchtigt ist, Erfolgskontrollen konsequent durchgeführt werden.

Der Therapiezeitpunkt ist von der Art der vorliegenden Mastitis und vom Erreger abhängig. Akute klinische Mastitiden mit zusätzlicher Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens sind aus Tierschutzgründen sofort zu therapieren. Bei Vorliegen subklinischer oder chronischer Mastitiden ist zu entscheiden, ob eine Therapie während der Laktation oder vor dem Trockenstellen eingeleitet werden soll. Mastitistherapien zum Zeitpunkt des Trockenstellens sind ökonomisch gesehen günstiger, da die Verluste durch hemmstoffpositive Milch deutlich reduziert sind.
Für die Auswahl des geeigneten Antibiotikums sind folgende Kriterien zu bedenken:

Wirkspektrum: Wirkstoffe mit einem engen Spektrum sind gegenüber Breitspektrumantibiotika zu bevorzugen, da eine geringere Beeinflussung der physiologischen Keimflora und ein geringerer Selektionsdruck auf kommensale Keime erfolgt.

Wirkmechanismus: Bei der bakteriostatischen Wirkung wird das Bakterienwachstum gehemmt, die Erregerelimination muss über körpereigene Mechanismen erfolgen.

Gewebegängigkeit oder Verteilungskoeffizient: Sobald das Antibiotikum die Blutoder Lymphbahn erreicht hat, beginnt der Verteilungsprozess in die verschiedenen Kompartimente des Organismus bis zur Einstellung eines Verteilungsgleichgewichts.

Schwache Säuren liegen im Blut vor allem ionisiert vor und können somit kaum in das Eutergewebe und in die Milch gelangen. Sie können die intakte Blut-Euter- Schranke nicht passieren und sind somit für die parenterale Mastitistherapie bei intakten Membranen nicht geeignet. Für schwache Basen gilt das Gegenteil, d.h., sie liegen im Blut nicht ionisiert vor und können daher auch bei intakten Membranen in das Eutergewebe und die Milch gelangen. Darüber hinaus führt ein niedriger pH-Wert in der Milch (Mastitismilch) zu einer Anreicherung einer schwachen Base.
Beispiel: Enrofloxacin, Marbofloxacin, Penethamathydroiodid, Pirlimycin, Tylosin.

In Abhängigkeit vom Verteilungsvolumen befinden sich Wirkstoffe: Ausschließlich extrazellulär: Aminoglykoside, Penicilline, Cephalosporine. Extrazellulär und intrazellulär: Sulfonamide und Trimethoprim, Tetrazykline. Extrazellulär und intrazellulär mit starker Akkumulation in Epithel- und Entzündungszellen: Penethamathydroiodid, Lincosamide, Makrolide.

Wirkeffekt: Der Wirkeffekt sollte bei der Berechnung der Dosis und bei der Definition des Dosisintervalls berücksichtigt werden.

Die Wirksamkeit konzentrationsabhängiger Antibiotika ist vom Erreichen einer ausreichend hohen Spitzenkonzentration über der minimalen Hemmkonzentration (MHK) abhängig. Die Konzentration sollte immer die 10-fache Konzentration der MHK bzw. der MBK (minimale bakterizide Konzentration) haben.

Beispiel: Aminoglykoside, Fluorchinolone.
Bei zeitabhängigen Antibiotika ist die Zeitspanne entscheidend, innerhalb derer die Wirkstoffkonzentration im Zielgewebe ausreichend weit oberhalb der MHK des zu bekämpfenden bakteriellen Erregers liegt. Dosishöhe und Intervall müssen so gewählt werden, dass für einen möglichst langen Zeitraum der relevante MHKWert nicht unterschritten wird.

Beispiel: Tylosin, Sulfonamide + Trimethoprim.
Postantibiotischer Effekt (PAE): Einige Antibiotika weisen auch nach Absinken der Wirkstoffkonzentrationen unter die MHK-Werte über einen längeren Zeitraum wachstumshemmende Effekte gegenüber bestimmten Bakterien auf.

Beispiel: Azithromycin, Tulathromycin, Tetracycline, Penethamathydrojodid.
Die Art der Applikation ist abhängig von der Art der Mastitis und den Eigenschaften der sie verursachenden Mastitiserreger. Für eine optimale Therapie ist eine ausreichend hohe Konzentration des Wirkstoffes am Wirkort notwendig. Je nach Erreger und klinischer Verlaufsform können bei der Mastitistherapie verschiedene Zielorgane definiert werden, die entweder mittels intramammärer und/oder parenteraler Applikation optimal erreicht werden können.

Als Zielorgan gelten Milch und Milchgänge, wo die intramammäre Applikation empfohlen wird. Z.B. Sc. agalactiae,
Koagulasenegative Staphylokokken. Beim Zielorgan tiefer liegendes Eutergewebe ist eine Kombination aus intramammärer und parenteraler Applikation ratsam. Z.B. Sc. Dysgalactiae, Sc. uberis, S. Aureus. Ist der Gesamtorganismus betroffen, so ist eine parenterale Antibiotikagabe angezeigt. Z.B. E. coli, Klebsiella spp.

Erfolgskontrolle

Für die Erfolgskontrolle beim Einzeltier bieten sich folgende Definitionen an:

Bakteriologische Heilung: Viertel sind bei der Kontrolluntersuchung bakteriologisch negativ. Die bakteriologische Untersuchung sollte ca. 30 Tage (Richtwert 4 Wochen) nach Therapieende erfolgen.

Zellzahlreduktion: Zellzahl des Gemelkes liegt bei nächster Kontrolle unter 200.000 Zellen/ml und bleibt bei den weiteren Messungen konstant darunter.

Klinische Heilung: Vollkommene Wiederherstellung des Istzustandes.

Für den Herdenerfolg ist immer eine bakteriologische Heilung anzustreben und nicht nur eine Reduktion der Zellzahl im Hinblick auf die Milchqualität. Nach jeder Therapie sind die Erfolge zu kontrollieren und auch erfolglose Therapieversuche zu dokumentieren. Unabhängig vom Erreger sollten erfolglos therapierte Tiere systematisch gemerzt werden. Chronisch infizierte Tiere scheiden immer wieder Mastitiserreger aus und erhöhen somit den Infektionsdruck in der Herde und das Risiko von Neuinfektionen gesunder Tiere.

petra.winter@vetmeduni.ac.at

HKP 6 / 2010

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2010.
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Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
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Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.