25.11.2024 01:51 - Über uns - Mediadaten - Impressum & Kontakt - succidia AG - Partner

Erfolgsrezept

Neben ausgewogenem Exterieur, Charakterstärke und Gesundheit soll das Sportpferd heutzutage über spritziges Temperament verfügen und voll leistungsbereit sein. Gleichzeitig werden Nervenstärke und Konzentrationsfähigkeit sowie ein lockerer
Bewegungsapparat und große Ausdauer gefordert. Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand erläutert, welche zentrale Rolle eine leistungsgereichte Ernährung des Pferdes spielt.

Die klassische Hafer/Gerste-Heu Ration genügt für das Sportpferd schon lange nicht mehr. Das hat die moderne Ernährungsforschung in den USA gezeigt. Hier wurde wissenschaftlich belegt, dass eine von Getreide dominierte Fütterung nicht immer das Rezept für Erfolg im großen Sport ist. Studien, die sich modernster Untersuchungsmethoden bedienten, zeigten erstaunliche Ergebnisse für die Ernährung des Sportpferdes bezüglich der Gewichtung unterschiedlicher Energielieferanten.

Der glykämische Index als Leistungsvariable

Bewertet wurden die Futter nach dem glykämischen Index, der in Zahlen die blutzuckersteigernde Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Futtermittels anzeigt. Die Wirkung von Hafer dient als Referenzwert (100). Futter mit einem hohen Stärke- bzw. Zuckeranteil gilt als hochglykämisch. Futter mit einem hohen Fett, bzw. Faseranteil gilt als
niederglykämisch. Die Forschungen des Kenntucky Research Institutes (KER) unter der Leitung von Dr. Pagan konnte mit der Senkung stärkereicher Energielieferanten durch vermehrten Einsatz von Öl (zum Beispiel Leinsamen-, Maiskeimen- oder Sonnenblumenöl) und Faserstoffen (Kleien und Rübenfasern) eine höhere Leistung erzielen als mit der klassischen Getreidefütterung.
Getreide verfügt über hohe Stärkegehalte (Hafer 45 %, Gerste 60 %, Mais 70 %), die nach der enzymatischen Aufspaltung im Dünndarm als Glucose (Traubenzucker) ins Blut gelangen. Von dort aus gelangt der Zucker mithilfe des Gewebehormons Insulin in den Wirkort, z.B. in die Muskulatur. Raufutter, Kleien oder Rübenschnitzel stellen für das Pferd Energie liefernde Nährstoffe dar, deren Verdauung im Dickdarm erfolgt und weitestgehend ohne Einfluss auf den Insulinhaushalt bleibt.

Mehr Ausdauer, weniger Laktat

Die Untersuchungen zeigten, dass die Fütterung stärkearmer Kraftfutter zu einer Verringerung der Wärmebildung und Kohlendioxidproduktion führt. Dadurch hat das Pferd höhere Atemreserven und schont seine Energiereserven. Die Kohlendioxidausatmung gilt auch als Indikator für die Übersäuerung des Körpers.
Die niederglykämische Fütterung wirkt sich positiv auf Ausdauer und Spurtreserven aus, da ein geringerer Anstieg von Milchsäure (Laktat) im beanspruchten Muskel beobachtet wurde. Ebenso wurde festgestellt, dass die Glykogenreserven im Muskel (tierische Stärkereserven) geschont werden. Eine der interessantesten Tatsachen war die Verringerung des Anstiegs des Stresshormons Cortisol im Blut der untersuchten Leistungspferde. Weniger Stress bedeutet für das Pferd mehr Gelassenheit und eine Schonung des Herzens.

Weniger Stärke für eine gute Verdauung

Hohe Stärkemengen gelten mittlerweile mitverantwortlich für die Entstehung von Magengeschwüren. Die Heufütterung vor der Kraftfutterfütterung und auf mehrere Mahlzeiten verteilte Getreidegaben sind obligat. Gerade beim Sportpferd mit seinem hohen Energiebedarf sollten stärkehaltige Energielieferanten wie Gerste, Mais, Dinkel
oder Weizen ausreichend hydrothermisch aufgeschlossen, flockiert oder gepoppt sein. Ist das nicht der Fall, sind die Verdauungsenzyme des Dünndarms nicht in der Lage, das Getreide vollständig zu verdauen. Stärke gelangt in den Dickdarm und führt dort zu Übersäuerungen, Fehlgärungen und im schlimmsten Fall zu Koliken oder Hufrehe.

Öl ist nicht gleich Öl

Der Einsatz von Öl bzw. Ölfrüchten als energieliefernder Nährstoff zur Senkung des glykämischen Indexes macht vor allem Sinn bei Pferden, die Ausdauerleistung erbringen müssen wie zum Beispiel Distanzpferde. Das Pferd verfügt über eine gewisse Verdauungskapazität, um Öle enzymatisch im Dünndarm zu verdauen. Die Verdauung der Fettsäuren erfolgt unabhängig vom Insulinstoffwechsel. Allerdings sollte die Beifütterung von Öl langsam und 100-ml-weise erfolgen. Eine Gesamtölmenge von über 500 ml pro Tag sollte erfahrungsgemäß nicht überschritten werden.

Mikronährstoffe für den Sport

Mehr als die Elektrolyte (dazu zählen hauptsächlich Natrium, Chlor und Kalium) steht heute bei sportlicher Belastung die antioxidative Wirkung vieler Nährstoffe im Mittelpunkt. Gerade im Hochleistungssport werden durch vermehrte oxidative Prozesse und das daraus resultierende Entstehen freier Radikale die Zellmembranen angegriffen. Schutz bieten die Vitamine E und C sowie sekundäre Pflanzenstoffe wie oligomere Polyphenole aus Traubenschalen und Kräutern. Der hoch beanspruchte Muskelund Nervenstoffwechsel führt zum erhöhten Bedarf antioxidativ wirkender Enzyme wie der mangan-, kupfer- und zinkabhängige Superoxiddismutasen oder der selenabhängigen Glutationperoxidase. Das zeigt, dass wenigstens rechnerisch der Bedarf an Spurenelementen gedeckt sein sollte, was mit üblichen Rationen nur schwer realisierbar ist.
Magnesium und Mangan unterstützen den Laktatabbau (Milchsäureabbau) und sind damit wesentliche Faktoren für eine lockere Muskulatur. Auch hier steigt der Bedarf deutlich an. Insbesondere bei Mangan, dessen Bedarf hauptsächlich durch Heu gedeckt wird, kann es zu starken Schwankungen in der Zufuhr kommen, da Heu recht unterschiedliche Manganwerte aufweist (35 mg bis 220 mg/kg) und die Basis der Pferdefütterung darstellt.
Mängel im Bereich der Spurenelemente Zink, Kupfer, Selen, Mangan, Chrom oder Cobalt führen zu Mangelerscheinungen, die sich in Stoffwechselproblemen, Muskelerkrankungen und Psychosen zeigen. Die Spurenelemente sind oft als Cofaktoren für die Enzymwirkung tätig. Sie ermöglichen in vieler Hinsicht erst den Wirkungsgrad von B-Vitaminen, die als „Nervenvitamine“ gelten.

Gesamtfuttermenge mäßig halten

Die beim Sportpferd eingesetzte Gesamtfuttermenge hängt von der zu erbringenden Leistung, der Futterverwertung des Pferdes und der Verdaulichkeit der Ration ab. Die Empfehlungen des KER liegen bei 4 kg hochqualitativem Kraftfutter pro Pferd. Vorausgesetzt wird eine Raufutterversorgung von 1,2 Kilogramm Heu pro 100 Kilogramm Körpergewicht und Tag. Damit wird der Verdauungsapparat entlastet und die Leistung gefördert. Der Bedarf an Kraftfutter sinkt mit der Nährstoffvielfalt und dem Aufschlussverfahren des Futters. Der geringeren Kraftfuttermenge muss aber eine entsprechende Vitamin- und Mikronährstoffausstattung pro Kilo Futtereinheit entgegenstehen.

dr.susanne.weyrauch@st-hippolyt.de

Foto: © David Joyner, istockphoto.com

HKP 6 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2009.
Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download

Der Autor:

Weitere Artikel online lesen

Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.