PEEK-Implantat im Langzeittest
Das Fallbeispiel Bellarina, veröffentlich in hundkatzepferd 04/11, war ein Folgeartikel zu hundkatzepferd 01/11. Das Fallbeispiel Bellarina hinterließ beim Leser Fragen, die ohne ausreichenden Zeitabstand nicht zu beantworten waren. Übergeordnet ist die Deduktion, dass Implantate bei Pferden möglich sind. Daraus folgert die Hypothese, dass es Pferden, die Zahnersatz zum Schließen einer Zahnlücke erhalten, besser geht als Pferden mit Zahnlücke. Ein Fallbeispiel ist ein qualitatives Verfahren und zielt auf die Entdeckung von Aussagen. Die gestellte Hypothese bedarf der Belegung, die erst im Laufe der Zeit durch eine höhere Patientenzahl in einem quantitativen Verfahren überprüft und mit statistischer Reliabilität falsifiziert oder verifiziert werden kann. Zum jetzigen Zeitpunkt besteht nur die Möglichkeit, das Fallbeispiel Bellarina im zeitlichen Verlauf zu erfassen und nachfolgend zu beschreiben.
Am 13.4.2012 erfolgte bei Bellarina eine Nachuntersuchung mit Zahnpflege unter Verwendung einer Wellenmaschine mit Wasserspülung. Der Zeitabstand dieses Nachuntersuchungstermins zum Implantationstermin betrug 394 Tage, der Zeitabstand zur Zahnextraktion mittels Trepanation 420 Tage. Zwischenzeitlich lebt Bellarina in einem Herdenverband und dies erschwerte die Untersuchung. Die Stute zeigt keinerlei Beeinträchtigungen
der Futteraufnahme. Gleiches gilt nach Aussage der Besitzerin für die vorangegangene Zeit. Der exakte Sitz des Implantates und die Zahnreihe in ihrer Gesamtheit sowie das Wachstum waren von hoher Funktionalität. Aus diesem Grund wurden die Zahnreihen, auch 107, 108 und 109, nur zurückhaltend und dezent angepasst. Es bestand eine geringgradig tiefere Lage des Implantates (408) in der rechten Unterkieferreihe. Die Okklusionsfläche von 406 und 407 sowie 409, 410 und 411 war um zirka 2 mm oberhalb des Implantates. Sowohl die bukkale als auch die linguale Seite zeigten eine reizlose Backen- und Zungenschleimhaut. Der mesiale Kontakt ist weitgehend anliegend an den 407er. Der distale Rand des
Implantates weist einen größeren Abstand zum 409er auf. Eine Problematik im Sinne eines Diastemas besteht nicht – weder mesial oder distal des Implantates waren Futterreste zu sehen. Die Oberfläche des Implantates ist glatt. Das Relief des Implantates ist nicht mehr vorhanden. Ein direkter Kontakt zu Oberkieferbackenzahnarkade durch das um zirka 2 mm tiefer liegende Implantat in der Unterkieferarkade erfolgt nicht.
PEEK-Implantat
Der geringe, jedoch vorhandene Abrieb an dem PEEK-Implantat wird der knochenähnlichen Konsistenz von PEEK gerecht. Die Oberfläche des Implantates zeigt im distolingualen Eckbereich einen kleinen und runden
Defekt. Die Frage ist auch, ob eine Backenzahnfraktur, ähnlich wie an diesem PEEK-Implantat, mit einer kleinen Läsion entsteht. Eine mögliche Zahnfraktur wäre dann ein Sekundärproblem. In jedem Fall war an dem PEEK-Implantat, ausgehend von der Läsion, keine Rissbildung sichtbar oder palpierbar. Röntgenologisch ist der Kunststoff PEEK als Implantat in der Zahnreihe nicht zu sehen. Die Osseointegration ist sichtbar vorangeschritten. Der Trepanationszugang ist vollständig durchbaut. Der Unterkieferrand ist befundfrei. Der stigmatisierende Moment, der selbst einer Zahnextraktion per Trepanation mit modernen Techniken wie Knochenfräse und C-Bogen anhängig ist, fehlt in diesem Fallbeispiel. Das
jetzige Ergebnis zeigt auf, dass PEEK als Zahnersatz beim Pferd verwendbar ist. Es zeigt auch auf, dass der Kunststoff PEEK der Belastung, auch aufgrund seiner Elastizität, standhält. Gleichzeitig gab es in diesem Fall kein Nachversorgungsproblem. Es gibt entweder nur die Situation, dass das Implantat hält oder nicht hält. Dieser nunmehr dritte Artikel zu diesem Thema ist eine weitere Detailweitergabe, um den Zahnersatz beim Pferd voranzutreiben. Die Lebensqualität des Patienten wird gesteigert, das Arbeitsgebiet des Tierarztes wird erweitert, und gleichzeitig wird die Verpflichtung erfüllt, der berufene Schützer der Tiere zu sein. Der Tierarzt kann die Möglichkeit anbieten, die Futteraufnahme des Pferdes durch das Implantat angenehmer zumachen. Die Zahnreihe wird erhalten. Bakterielle Prozesse und Folgefrakturen werden vermieden oder zumindest reduziert. Dem Tierarzt muss bewusst sein, dass der Pferdebesitzer zurzeit scheinbar Unnötiges im Sinne eines Implantates gerne vom Therapieplan streicht. Ziel
ist es, Zahnimplantate Stufe für Stufe bei der Pferdekundschaft einzuführen. Langfristig ist es aus hygienischen und gesetzlichen Aspekten erforderlich, dass die Implantate in einem veterinärmedizinischen Zahnlabor angefertigt werden.
Foto: © Dr. Klaus Bosler
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