Tierärztin und Mutter!
Wie soll denn das gehen, als Tierärztin dem anspruchsvollen Job nachgehen, z.B. als Angestellte oder die Praxis selbstständig führen, und dann auch noch gleichzeitig eine Familie gründen? Durch die überwiegende Zahl an Frauen, die Tiermedizin studieren und in der Praxis tätig sein wollen, hat sich die berufliche und familiäre Situation unter den Tierärzten extrem geändert.
Der bpt hat sich gefragt, wie die Kolleginnen damit klarkommen. Funktioniert das mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Realität?
Per Fragebogen wurden im Tierarztberuf tätige Mütter angefragt, 54 Kolleginnen haben bei der Aktion mitgemacht. Die Antworten sind ausgewertet und auf der Website des bpt unter www.tieraerzteverband.de abrufbar. Ins Auge fällt der wirtschaftliche Einschnitt, den die Entscheidung für Kinder vielen Kolleginnen abverlangt. Während die meisten vor der Geburt noch Vollzeit gearbeitet haben und damit immerhin 74 % ihren eigenen Lebensunterhalt bestritten, ändert sich das Bild deutlich, sobald das erste Kind geboren ist: Viele Mütter wechselten in die Selbstständigkeit oder haben den Arbeitsumfang im Angestelltenverhältnis reduziert. Zwei Befragten hat ihr Arbeitgeber nach der Geburt gekündigt – menschlich und rechtlich nicht nachvollziehbar. Nicht wenige berichteten von Umsatzeinbrüchen, mangelnder Akzeptanz oder Problemen bei der Organisation von Notdiensten. Immerhin 44 % der befragten Mütter erlitten Gehaltseinbußen. Nach der Familiengründung bestreiten nur noch 22 % der Befragten ihren Lebensunterhalt weiterhin allein, während in 44 % der Fälle das Familieneinkommen durch beide Partner erarbeitet wird.
Die Kinderbetreuung ist eine große Herausforderung für die befragten Tierärztinnen, sie benötigen ein belastbares Netzwerk: Großeltern, Lebenspartner, Tagesmütter bzw. Kinderfrauen u. Ä. übernehmen den größten Anteil an erforderlicher Betreuung während der Arbeitszeit. Manches Kind kommt mit in die Praxis, dazu kommen staatliche Einrichtungen, die aber prozentual nur einen geringen Anteil der Kinderbetreuung ausmachen. Schulpflichtige Kinder verbringen naturgemäß mehr Zeit in der Schule, hier sind Ganztagsbetreuungsangebote einschließlich Mittagsmahlzeit sehr willkommen.
Viele der Befragten sind sich einig: Flexible Betreuungspersonen und flexible Einrichtungen helfen, Kind und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Hinzu kommen gute Organisation und eigene Belastbarkeit sowie äußere Rahmenbedingungen wie Arbeitszeitmodelle, Unterstützung durch Kollegen und Verständnis für eingeschränkte Flexibilität. Ein häufiges Fazit: Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei möglich, richtige Karriere indes nicht. Immerhin eine Befragte würde sich rückblickend gar nicht mehr für den Beruf der Tierärztin entscheiden – und eine wäre lieber nicht Mutter geworden. Zehn Befragte bezeichnen ihren Wiedereinstieg nach der Babypause (auf die 18 ganz verzichtet haben) als gelungen. Nur vier von ihnen sind aber in derselben Praxis beschäftigt wie zuvor.
Notwendiger Wandel
Mehrere Befragte weisen ausdrücklich darauf hin, dass sich das tierärztliche Berufsbild wandeln muss. Es wird wichtiger denn je, dass die Mütter in der Freizeit auch wirklich Zeit für die Familien bzw. für die Kinder haben, der Anspruch nach ständiger Verfügbarkeit durch Arbeitgeber bzw. durch die Kundschaft ist so nicht unbedingt erfüllbar. Es sollten mehr Teilzeitstellen geschaffen werden, auch mehr Variabilität bei den Arbeitszeiten bringt für die Mütter mehr Sicherheit in die Tagesplanung, z.B. bei Erkrankung des Kindes. Der bpt will hier als Berufsverband mit wirtschaftlicher Beratung, Einsatz für faire Bezahlung und gerechte Arbeitsbedingungen Signale setzen, um den verlangten und unbedingt nötigen Wandel zu gestalten. In der bpt-Kommission „Arbeitszeit- und Vergütungsmodelle von Praxisassistenten“ wurde durch deren intensive Sacharbeit eine Grundlage dafür geschaffen, dass Beschäftigungsverhältnisse für beide Seiten akzeptabel und damit alltagstauglich gestaltet werden können.
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