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HKP-4-2013 > Brachytherapie

Brachytherapie

Örtliche Strahlentherapie im Einsatz beim Tier

In der Humanmedizin gelten seit vielen Jahren die drei Säulen der Krebstherapie in Form der Chirurgie, Chemotherapie und der Strahlentherapie. Je nach Tumorart werden sie kombiniert und ergänzen sich meist in ihrer Wirkung. Auch in der Tiermedizin wird die dritte Säule, Strahlentherapie, mehr und mehr an spezialisierten Zentren angeboten, wobei die externe Strahlentherapie („External Beam Radiation Therapy“ = EBRT) in Form von Linearbeschleunigern in erster Linie Anwendung findet.

Vor- und Nachteile von externer Bestrahlung

Die Bestrahlungsform mittels Elektronen oder Röntgenstrahlen (Photonen) gilt in der Humanmedizin als das Maß aller Dinge, damit auch kompliziert zu erreichende Tumoren und Metastasen bestrahlt werden können. Ebenso sind diese so genannten Megavoltageräte die einzigen, die eine Ganzkörperbestrahlung ermöglichen. Ihre Anwendung bei Tieren weist allerdings einige Nachteile auf. Die Planung der Bestrahlung ist sehr aufwändig und die Lagerung der Patienten muss bei jeder Fraktion identisch erfolgen, was teilweise komplizierte Lagerungshilfen und eine Immobilisation der Patienten in Form einer Narkose erfordert. Bei kurativen, also die Heilung beabsichtigenden Protokollen, wird die nötige Gesamtdosis in 15 bis zu 25 Fraktionen unterteilt. Das erfordert eine Hospitalisation des Tieres und – im Gegensatz zum Menschen – tägliche oder je nach Schema dreimal wöchentliche Narkosen. Diese aufwändige Durchführung ist mit entsprechenden Kosten verbunden, die sich mancher Tierbesitzer nicht leisten kann und deshalb für eine Euthanasie entscheidet. Viele Tierbesitzer empfinden es auch darüber hinaus als äußerst unangenehm, bisweilen inakzeptabel, ihr Tier für mehrere Wochen in einer Klinik abzugeben.

Verminderte Nachteile

Linearbeschleuniger können eine Alternative zur Ganzkörperbestrahlung sein, weil sie einen so genannten „hautschonenden Effekt“ besitzen. Der Effekt tritt ein, weil sie ihr Dosismaximum erst in einigen Millimetern Tiefe abgeben. Dies schont zwar die Haut bei Bestrahlung tieferer Strukturen, macht diese Geräte aber zur Bestrahlung von Hauttumoren weniger geeignet. Als nachteilig wird auch angesehen, dass zur Erreichung nicht oberflächlicher Tumoren gesundes Gewebe „durchstrahlt“ werden muss, um das Zielgewebe zu erreichen. Dies begründet auch die mögliche Wundheilungsstörung nach Operationen und die daraus resultierende Wartezeit, in der sich restliche Tumorzellen bereits wieder vermehren können. Bauartbedingt sind Linearbeschleuniger auch nicht zur Anwendung von Großtieren wie z.B. Pferden geeignet.

Alternativ und sicher

In der Humanmedizin weit verbreitet existiert eine weitere Form der Strahlentherapie, die so genannte Brachytherapie. Abgeleitet vom griechischen Wort „brachys“ = kurz, nah erklärt sich der kurze Abstand der Strahlenquelle zum Tumor. Bei der Brachytherapie wird eine radioaktive Quelle in oder neben dem Tumor platziert, woraus sich die Grundvoraussetzung ergibt, dass der Tumor für zuführende Sonden erreichbar sein muss. Zu diesem Zweck wird endoskopisch mittels eines Katheters ein Zugang zum Zielgewebe gelegt. In der Humanmedizin geschieht dies entweder durch winzige radioaktive Kapseln („seeds“), die permanent in den Tumor eingebracht werden oder temporär, wobei die Strahlenquelle mittels eines so genannten Afterloading (Nachlade-) Gerätes in den Tumor eingebracht und nach einigen Minuten wieder entfernt wird. Das erste Verfahren ist in der Tiermedizin verboten, da die Tiere Radioaktivität abstrahlen würden. Beim zweiten Verfahren sind dagegen sowohl das bedienende Personal als auch die Tierbesitzer vor einer Strahlenbelastung absolut sicher geschützt, da die radioaktive Quelle nach jeder Behandlung wieder entfernt wird*.


Abb.1: Die Katheter sind tumorbettnah angebracht, um die Dosis Richtung Haut zu minimieren


Abb.2: Das Kissen wird mit Einzelnähten im Tumorbett fixiert


Abb.3: Vom Flab sind nur die Katheter zu sehen. Über diese wird die Strahlenquelle eingeführt


Abb.4: Im Zweifelsfall kann die Lage mittels CBogen kontrolliert werden


Abb.5: Hypopigmentierung als typische Nebenwirkung von Bestrahlungen


Abb.6: Spickung eines Sarkoids beim Pferd


Abb.7: Spickung eines Fibrosarkoms beim Hund

Weitere Vorteile Brachytherapie:

// Durch die streng lokale Behandlung des Tumors ist das umliegende gesunde Gewebe maximal geschützt.

// Die Strahlenquellen behalten ihre Position in Bezug auf den Tumor, auch wenn sich der Patient bewegt – eine Narkose ist aus diesem Grund nicht nötig.

// Es kann eine hohe Dosis streng lokal in kurzer Zeit verabreicht werden, weshalb weniger Behandlungen erforderlich sind (durchschnittlich 3 – 5).

// Weniger Behandlungen und weniger Narkosen ermöglichen eine kostengünstigere Behandlung bei gleicher Wirkung.

// Unmittelbarer nach einer tumorreduzierenden Operation wird mit der Behandlung begonnen, dadurch ist das Risiko der Repopulation von Tumorzellen geringer.

// Eine Hospitalisierung ist nicht nötig.

// Der Einsatz ist bei allen Tierarten möglich.

Hauptindikationen:

// Hauttumoren

// Nasenund Maulhöhlentumoren

// Zungentumoren

// Mammatumoren

// Zugängliche Darmtumoren im Bereich des Enddarms

Sollten umliegende Strukturen (z.B. im Bereich der Nasenhöhle) auch in die Strahlentherapie einbezogen werden, so lassen sich EBRT und Brachytherapie in Form eines lokalen „Boosts“ kombinieren. Ebenso gelten bei der Brachytheapie die synergistischen Effekte von Radiosensitizern und lokaler Therapien wie die Hyperthermie.

Vorgehen beim Fibrosarkom

Diese Vorteile erschienen bedeutend. Im Folgenden soll diese Technik bei der Behandlung eines felinen Fibrosarkoms gezeigt werden. Hierbei soll noch ein weiterer Fachbegriff erläutert werden, der so genannte „Flab“. Um eine gleichmäßige Bestrahlung des Tumorbettes zu erreichen, werden die Katheter äquidistant in ein Kunststoffkissen eingebettet. Die Katheter liegen außerdem tumorbettnah, um dort eine maximale Dosis zu erreichen, während aufgrund der streng lokalen Wirkung die darüber liegende Haut maximal geschont werden kann. Auf die Tumorgröße angepasste Flabs inklusive Katheter können Tierärzten, die eine selbst durchgeführte Operation bevorzugen, in autoklaviertem Zustand zugeschickt werden. Sie werden postoperativ auf dem Tumorbett mit Einzelnähten fixiert, wodurch ein Verrutschen verhindert wird. Aus diesem Grund sind zur Durchführung der Bestrahlung keine Narkosen nötig, sondern lediglich zum Einbringen und zum Entfernen des Flabs. Wenn die Tumorgrenzen mittels Clips gekennzeichnet werden, kann die Lage der Katheter zum ursprünglichen Tumor mittels CBogen kontrolliert werden. Vor allem im Bereich der Wirbelsäule als typische Lokalisation des felinen Fibrosarkoms ist eine sichere operative Entfernung selten gegeben, sodass hier vermehrt mit Rezidiven gerechnet werden muss. Die streng lokale Wirkung der Brachytherapie bestrahlt das Tumorbett mit hoher Dosis in nur vier Fraktionen ohne negative Auswirkungen auf das Neuron. Mit dieser Methode wurde bei durchwegs vorbehandelten Katzen in bisher 38 Fällen eine Rezidivfreiheit von über 80 % erzielt.

take home

Die Brachytherapie stellt eine sehr sichere, kostengünstige, lokale Form der Strahlentherapie bei allen Tierarten dar, die ohne radioaktive Belastung von Beteiligten in kurzer Zeit (im Durchschnitt 6 – 8 Tage) verabreicht werden kann. Der chirurgische Teil der Therapie verbleibt auf Wunsch in den Händen des Haustierarztes (s. „Teamwork Fibrosarkom“ – http://www. youtube.com/watch?v=mfMaMEz1eTo)

Foto: © silberkorn73 - Fotolia.com

Stichwörter:
Brachtherapie, External Beam Radiation Therapy, EBRT, Fibrosarkom, Wendlberger

HKP 4 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 4 / 2013.
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„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
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„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.