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Nekrotisierende Meningoenzephalitis

Mops in Gefahr

Die nekrotisierende Meningoenzephalitis wurde ursprünglich als „rasse spezifische“ Enzephalitis bezeichnet, da sie zunächst beim Mops, dann beim Yorkshire Terrier und Malteser beschrieben wurde. Erstmals taucht sie als „Mops-Enzephalitis” (pug dog encephalitis) in der Literatur auf [1].

Wenn ein junger Mops plötzlich Anfalls­geschehen oder Gang­störungen und ein verändertes Verhalten zeigt, ist dies für Besitzer sehr beängstigend und sie wünschen sich vom Tierarzt schnelle Hilfe. Um die Besitzer richtig beraten zu können, muss zuerst eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Da die klinischen Symptome ziemlich unterschiedlich sein können, ist die Diag­nosestellung nicht immer einfach. Sie ­erfordert auch eine aufwändigere Bild­gebung wie die Kernspintomografie (MRT), die nicht in jeder Praxis möglich ist. Zur kompletten Abklärung ist daher oft die Überweisung an einen Tierneurologen erforderlich. Dabei ist es aber von Vorteil, wenn wichtige Voruntersuchungen und beratende Gespräche bereits vom Haustierarzt durchgeführt werden konnten.

Ätiologie und Pathogenese

Die Mops-Enzephalitis ist bereits seit Längerem bekannt. Neben dem Mops und den oben beschriebenen Rassen können durchaus auch andere (eher kleine) Hunde­rassen an dieser Erkrankung ­leiden (Pekinese, Französische Bulldogge, Chihuahua, Shi-Tzu, Papillon und Boston Terrier). Der Name nekrotisierende Meningoenzephalitis beschreibt das histopathologische Erscheinungsbild. Es handelt sich nämlich um eine Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten. Im Zentrum der entzündlichen Läsionen stirbt das Hirngewebe ab (nekrotisiert) [1, 2]. Malazische Herde können in der Bildgebung wie dem MRT entdeckt werden. Histopathologisch fallen besonders viele MHC-Klasse II- und CD3 Antigen-positive T-Lymphozyten auf, was für den verzögerten Typ einer allergischen Reaktion spricht [3]. Als Ursache für die nekrotisierende Meningoenzephalitis wurden vor allem Viren, aber auch andere Infektionserreger gesucht, konnten aber nicht nachgewiesen werden [4, 5, 6].

Die Tatsache, dass in den entzündlichen Läsionen keine Infektions­erreger nachgewiesen werden können, bedeutet nicht zwingend, dass keine Erreger an der Entstehung der Krankheit beteiligt sind. Wenn sich zum Beispiel ein Virus kurz nach der Infektion massiv vermehrt und im Organismus verbreitet, hat dies ­eine starke Aktivierung des Immunsystems zur Folge. Dadurch kann der Erreger zwar aus dem Organismus entfernt werden, aber es gehen auch viele körpereigene Zellen zu Grunde und die ­Immunantwort kann entgleisen. Neuere Untersuchungen konnten tatsächlich verschiedene Autoantikörper im Liquor von erkrankten Hunden nachweisen, was die Vermutung einer immunbedingten Pathogenese stärkt [7, 8, 9, 10]. Die Häufung der Erkrankung beim Mops und die Untersuchung von Stammbäumen lassen auf eine genetische Ursache schließen [11]. Durch molekulargenetische Untersuchungen wurde ein Locus auf Chromosom zwölf festgestellt, der mit der nekrotisierenden Enzephalitis zusammenhängt [12].


Abb. MRT-Bilder von einem Mops mit NME. Dorsale Ebene. A) In der T2-gewichtete Aufnahme stellen sich multiple hyperintense Läsionen vor allem in der linken Großhirnhemisphäre (auf dem Bild rechts) dar. B) Dieselben Stellen sind in T1-gewichteten Aufnahmen nur geringgradig hypointens und fallen viel weniger auf. C) Die T1- gewichtete Aufnahme nach Verabreichung von Kontrastmittel zeigt vor allem im Randbereich der Läsionen Kontrastmittelanreicherung (weil das Gewebe im Zentrum wahrscheinlich bereits nekrotisiert und somit nicht mehr durchblutet ist).

Epidemiologie und Klinik

Erste Symptome treten im jungen Erwachsenenalter auf. Der ­Beginn der Krankheit kann aber zeitlich stark variieren. Weibliche Tiere sind häufiger betroffen als männliche [13]. Die Tiere erkranken oftmals plötzlich und zeigen Großhirnsymptomatik. Je nachdem, wo sich die entzündlichen Herde befinden, können dies zum Beispiel Krampfanfälle, Drangwandern oder Kreislaufen, Blindheit oder Gangprobleme durch Koordinationsstörungen und eine Schmerzhaftigkeit im Kopf- oder Halsbereich sein [14]. Die Allgemeinunter­suchung ist oftmals bis auf ein leicht- bis schwergradig gestörtes Allgemeinbefinden unauffällig. Die neurologische Untersuchung führt zur Großhirn- und manchmal auch Hirnstammlokalisation (Letztere ist allerdings beim Yorkshire-Terrier mit nekrotisierender Leuken­zephalitis deutlich ausgeprägter als beim Mops). Differenzialdiagnostisch kommen Missbildungen (z.B. Hydrozephalus oder ein portosystemischer Shunt, der zur Hepatoenzephalopathie führt), Vergiftungen, infektiöse Entzündungen und Stoffwechselstörungen infrage – die idiopathische Epilepsie, vaskuläre ­Erkrankungen oder sogar Tumore sind eher unwahrscheinlich.

Abklärung

Einige der genannten Differenzialdiagnosen führen zu abnormalen Befunden in der Blutuntersuchung, in Röntgenbildern oder können durch Ultraschalluntersuchungen ausgeschlossen werden. Die Verdachts­diagnose der nekrotisierenden Enzephalitis wird schlussendlich aufgrund der MRT vom Gehirn und der Untersuchung der Hirnflüssigkeit gestellt. Die MRT-Bilder zeigen meist multifokale, entzündliche Großhirnveränderungen mit nekrotisierendem Zentrum und unterschiedlicher Kontrastmittelanreicherung [15, 14, 16, 17] (Abb.). Die Analyse der Hirnflüssigkeit ergibt einen erhöhten Eiweißgehalt und zeigt vermehrt Entzündungszellen (mononukleäre Pleozytose). Die eindeutige Diagnose kann nur durch die histopatho­logische Untersuchung vom Hirngewebe erfolgen.

Therapie und Prognose

Nach Diagnosestellung soll unmittelbar eine entsprechende Therapie begonnen werden. Diese besteht vor allem aus Immuno­suppression und bei Anfällen zusätzlich aus antiepileptischen Medikamenten. Das Medikament erster Wahl für die Immunosuppression ist oft Prednisolon, welches bei unzureichender Wirkung auch mit anderen Medikamenten wie z.B. Azathioprin, Mycophenolat- Mofetil, Leflunomid oder Ciclosporin ergänzt werden kann [18, 19, 20]. Für die antiepileptische Therapie sind für den Hund in Deutschland Phenobarbital, Kaliumbromid und Imepitoin zugelassen. Sobald sich der klinische Zustand des Patienten gebessert hat, sollte die medikamentöse Therapie angepasst werden, um Nebenwirkungen möglichst gering zu halten. Die Mops-Enzephalitis ist eine ernsthafte Erkrankung mit vorsichtiger Prog­nose. Die Lebenserwartung wird in der Literatur sehr unterschiedlich beschrieben. Eine vollständige Heilung tritt selten auf, aber nach Erfahrung der Autoren können manche Patienten unter Therapie ein gutes Hundeleben führen.

take home

Der Verdacht der Differenzialdiagnose einer nekrotisierenden Enzephalitis wird bei akut auftretenden zentralnervalen Ausfällen gestellt und muss durch sorgfältige Abklärungen erhärtet werden. Die Therapie mit immunsuppressiven und antikonvulsiven Medikamenten sollte möglichst rasch begonnen werden. Obwohl die Prognose vorsichtig ist, ist eine gut überwachte und angepasste Therapie indiziert und kann einigen Patienten ein normales Hundeleben für mehrere Jahre ermöglichen.

Literatur bei den Autorinnen

Foto: © frauunhold - Fotolia.com

Stichwörter:
nekrotisierende Meningoenzephalitis, Enzephalitis, Mops-Enzephalitis, Ätiologie, Pathogenese, Histopathologisch, T-Lymphozyten, Epidemiologie, Hirnstammlokalisation, Hydrozephalus, portosystemischer Shunt, Hepatoenzephalopathie,

HKP 6 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2013.
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