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Globalisierung und Klimawandel

Steigendes Risiko für „exotische“ Tierseuchen in Deutschland?

Durch die Globalisierung des Handels und durch einen Personenverkehr, der es gestattet, weit auseinanderliegende Teile der Erde innerhalb kurzer Zeit aufzusuchen, steigt der Gefahr der Verschleppung von Tierseuchen über die Grenzen von Staaten und Kontinenten. PD Dr. Franz J. Conraths nennt Beispiele für die bereits geschehene Ausbreitung von Tierseuchen, wie der Rinderpest, der Maul- und Klauenseuche, der Pest der kleinen Wiederkäuer, der kontagiösen bovinen Pleuropneumonie, der klassischen Schweinepest und der afrikanischen Schweinepest [4].

"The global village“ Die Welt ist ein Dorf geworden

Im Zusammenhang mit dem globalisierten Personenverkehr muss vor allem die unerlaubte Einfuhr von Lebensmitteln erwähnt werden, die mit Tierseuchenerregern kontaminiert sein können. Bei Reiseverkehrskontrollen auf dem Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt/Main, Hessen, fand man bei Flugreisenden aus Ländern, in denen hochpathogenes aviäres Influenzavirus des Subtyps H5N1 vorkam, in bis zu 80 % der kontrollierten Gepäckstücke Lebensmittel tierischer Herkunft wie zum Beispiel Fleischbonbons aus China, Hundefleisch aus Vietnam und aus Vogelspeichel hergestellte Softdrinks. Bei den Kontrollen wurden bis zu 60 kg unerlaubt eingeführter Lebensmittel pro Passagier sichergestellt.

Einschleppung über belebte und unbelebte Vektoren droht

Neben dem Handel mit Tieren und Produkten tierischer Herkunft ist die Einschleppung von Tierseuchen über unbelebte Vektoren (Fahrzeuge und Gegenstände) von Bedeutung. So wird beispielsweise vermutet, dass die afrikanische Schweinepest durch Lebensmittel, die auf Handelsschiffen mitgeführt wurden, nach Georgien gelangt ist [2] und sich von dort aus in mehrere andere Staaten in der Region ausgebreitet hat. Vor allem die Verbreitung von Tierseuchen über belebte Vektoren rückte in den letzten Jahren in den Mittelpunkt des Interesses. Dabei sind in erheblichem Maße unbeabsichtigte Nebenfolgen menschlichen Handelns von Bedeutung. So brachten bestimmte Bewässerungsprojekte in Afrika nicht nur neue Weidegründe für Rinder, sondern auch erhöhte Viehdichten und neue Brutstätten für Mücken, die das Rifttal- Fieber übertrugen [3]. Diese Tierseuche, die zugleich eine gefährliche Zoonose darstellt, stammt ursprünglich aus Ostafrika (Kenia), trat aber in den letzten 30 – 40 Jahren in vielen anderen Teilen des Kontinents auf. Ähnlich stark breiteten sich andere vektorübertragene Krankheiten wie die japanische Enzephalitis und das West-Nil-Fieber aus, das im Jahre 2008 erstmals auch in Österreich nachgewiesen wurde. Eine in Deutschland durchgeführte Studie zeigte, dass ein geringer Prozentsatz von Wildvögeln, vor allem Störche, Antikörper gegen das Virus des West-Nil-Fiebers aufwiesen. Allerdings wurde das Virus selbst bisher bei keinem Tier in Deutschland gefunden [4].

Der Klimawandel kann die Ausbreitung begünstigen

Klimaveränderungen, wie sie sich durch die zu beobachtende globale Erwärmung abzuzeichnen scheinen, können sich ins besondere auf die Ausbreitung vektorübertragener Krankheiten auswirken. Für das Europa-Regionalbüro der WHO wertete das cCASHh-Projekt Daten zu sechs durch Arthropodenoder Nagetiere übertragene Krankheiten aus und stellte fest, dass FSME, Borreliose, Leishmaniose, West-Nil-Fieber, Hantavirus-Infektionen und Malaria klimatischen Einflüssen unterliegen [5].
Für fast alle in Deutschland derzeit nicht heimischen Tierseuchen muss im Zuge von Klimaveränderungen und der Globalisierung des Handels mit einem wachsenden Einschleppungsrisiko gerechnet werden. Das erstmalige Auftreten der Blauzungenkrankheit in Belgien, Deutschland, Luxemburg, Nordfrankreich und den Niederlanden im Jahre 2006 und ihre Verbreitung durch einheimische Gnitzenarten in den darauf folgenden Jahren [6,7] zeigt einerseits, dass es nicht bei allen vektorübertragenen Tierseuchen auf eine Ausweitung des Verbreitungsgebietes der herkömmlichen Vektoren ankommt, und andererseits, dass extreme klimatische Bedingungen, wie sie im Sommer und Herbst 2006 in West- und Mitteleuropa herrschten, zur Ausbreitung vektorübertragener Tierseuchen beitragen können. Möglicherweise reichen für bestimmte Tierseuchen, die auch durch in Mitteleuropa heimische Vektoren übertragen werden können, einzelne warme Episoden wie besonders warme Sommer oder milde Winter aus, damit sich in der Vergangenheit bei uns nicht verbreitete Tierseuchen dauerhaft etablieren können.

Die Verschleppung von Tierseuchen auf internationaler Ebene stoppen

Maßnahmen zur Verhinderung der Verschleppung von Tierseuchen werden auf internationaler Ebene durch die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) koordiniert. Probleme bestehen, weil in die Statistiken der Organisation nur die offiziellen Berichte der Mitgliedsstaaten zu Tierseuchen eingehen, diese aber manchmal lückenhaft und nicht aktuell genug sind, die Qualität der Veterinärdienste in verschiedenen Ländern große Unterschiede aufweist und manche Aufgaben des OIE nicht klar genug von denen anderer internationaler Organisationen abgegrenzt sind.
Innerhalb der Europäischen Union (EU) bestehen präventive Gesundheitsmaßnahmen beim innergemeinschaftlichen Handel und bei der Einfuhr, gemeinschaftliche Rechtsvorschriften über Tierkrankheiten und Identifizierungsmaßnahmen zur Rückverfolgbarkeit von Tieren. Die Entwicklung einer gemeinschaftlichen Tierseuchenbekämpfungsstrategie wurde im Dezember 2004 angekündigt. Eine externe Evaluierung der bestehenden Tierseuchenbekämpfungspolitik der EU zeigte Mängel auf, die unter anderem in einem großen Konvolut von Rechtsvorschriften, formalen und informellen Netzwerken, einem fehlenden Blick auf das Ganze und einer mangelhaften Erfolgskontrolle hinsichtlich der getroffenen Maßnahmen gesehen wurden. Eine neue Tiergesundheitsstrategie für die Europäische Union (2007 – 2013) setzt ehrgeizige Ziele bei der Festlegung von Prioritäten für EUMaßnahmen, durch das Schaffen eines einzigen und klaren Rechtsrahmens, Unterstützung von Biosicherheitsmaßnahmen im landwirtschaftlichen Bereich, Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit sowie durch Förderung von Wissenschaft und Forschung.
Für Deutschland stellen sich vor dem Hintergrund eines steigenden Risikos der Einschleppung von bisher hier nicht heimischen Tierseuchen die kritische Überprüfung der vorbeugenden Maßnahmen, die verstärkte Nutzung wissenschaftlicher Risikobewertungen und eine Intensivierung der Zusammenarbeit auf supranationaler Ebene zur Verhinderung der Einschleppung von Tierseuchen als Handlungsfelder dar.

franz.conraths@fli.bund.de

Literatur
[1] FAO (2002): Improved Animal Health for Poverty Reduction and Sustainable Livelihoods. FAO Animal Production and Health Paper 153. Food and Agriculture Organization of the United Nations, Rome
[2] Rowlands RJ et al. (2008): African Swine Fever Virus solate, Georgia, 2007. Emerging Infectious Diseases 14, 1870 – 874
[3] Chevalier V et al. (2004): Epidemiological processes involved in the emergence of vector-borne diseases: West Nile fever, Rift Valley fever, Japanese encephalitis and Crimean-Congo haemorrhagic fever. Revue scientifique et technique de l’Office international des épizooties 23, 535 – 555
[4] Linke S et al. (2007): Serological evidence of West Nile Virus infections in wild birds captured in Germany. American Journal of Tropical Medicine and Hygiene 77, 358 – 364
[5] WHO Regional Office for Europe. http://www.euro.who. int/globalchange/Assessment/20070216_10 (Zugriff am 29.07.2009).
[6] Conraths et al. (2009): Epidemiology of BTV-8 in Germany. Emerging Infectious Diseases 15, 433 – 435
[7] Hoffmann et al. (2009): Monitoring of Putative Vectors of Bluetongue Virus Serotype 8, Germany. Emerging Infectious Diseases 15, 1481 – 484

Foto: © Mehmet Salih Guler

HKP 1 / 2010

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 1 / 2010.
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„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
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Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.