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Sehnenerkrankungen
SehnenerkrankungenExtrakorporale StoßwellentherapieTendopathien des Hundes betreffen häufig die Sehne des M. biceps brachii und des M. supraspinatus. PD Dr. Barbara Bockstahler, Dr. Marion Müller und Ass Prof. Dr. Katharina Hittmair gehen in ihrem Beitrag der Frage nach, ob eine Therapie mit extrakorporalen Stoßwellen eine Alternative zu den bisherigen Behandlungstechniken bei Tendinopathien der Mm. biceps brachii, supra- und infraspinatus darstellen könnte. Bei der orthopädischen Untersuchung ergibt sich üblicherweise eine intermittierende und/oder progressive einseitige Lahmheit, die sich häufig nach Belastung verschlimmert. Die Absicherung der Diagnose erfolgt durch die radiologische und bei Bedarf auch durch eine sonografische Untersuchung. Die Palpation der betroffenen Sehnenbereiche und die Manipulation des Schultergelenks sind meistens schmerzhaft. Besonders bei gleichzeitiger Beugung des Schulter- und Streckung des Ellbogengelenks können bei Erkrankungen der Bizepssehne Schmerzreaktionen ausgelöst werden. Die radiologische Untersuchung zeigt oft Kalzifizierungen der betroffenen Sehnen und Osteophyten im Bereich des Sulcus intertubercularis. Therapeutische Ansätze
Die konservative Therapie erfolgt mittels steroidaler Antiphlogistika, die in die Sehnenscheide oder das Gelenk injiziert werden oder nichtsteroidaler Antiphlogistika und Bewegungseinschränkung. Ist die konservative Therapie erfolglos oder handelt es sich beispielsweise um Tiere mit rupturierten Bizepssehnen, können mithilfe einer Tenodese die schmerzhafte Bewegung der Sehne in ihrer Sehnenscheide beseitigt und die Entfernung von mineralisiertem und entzündetem Gewebe durchgeführt werden. Die Tenodese resultiert meist in guten Erfolgen, Komplikationen wie Implantatwanderung und Serombildung wurden allerdings beschrieben. Andere Autoren bevorzugen die arthroskopisch durchgeführte Tenotomie der Bizepssehne, der sie ein geringeres Auftreten von Nebenwirkungen und eine verringerte Traumatisierung des Weichteilgewebes zugutehalten. Die ESWT als evidenzbasierte Therapie bei Sehnenerkrankungen des Hundes? Im Gegensatz zur extensiven Forschung bei Mensch und Pferd existieren bis dato nur wenige klinische Berichte zur Anwendung der ESWT bei kaninen Sehnenerkrankungen. Eine Majorität der publizierten Studien beschreibt die Auswirkungen der ESWT auf von Osteoarthrose bedingte Lahmheiten. Die Berichte zum Thema ESWT als Therapiemodalität bei Tendinopathien des Hundes sind sehr rar und ungenügend evaluiert: Es existiert ein Fallbericht zur Behandlung einer bilateralen Tendosynovitis bei einem Hund; hier wurde der klinische Therapieerfolg ausschließlich anhand der subjektiven Lahmheitsuntersuchung und der Beurteilung von Röntgenbildern und Computertomografie bewertet. Andere Autoren schildern zwei Fälle von kalzifizierender Tendinopathie des M. supraspinatus bei Hunden, wobei ein singulärer Bodenreaktionskraftparameter (siehe unten) als Evaluierungskriterium verwendet wurde. In der Literatur variieren die Empfehlungen bezüglich Behandlungsfrequenz und Anzahl der Therapien, beispielsweise variiert die Anzahl der Therapien zwischen einmaliger und viermaligen Behandlungen. Weiterhin ungeklärt ist auch die Frage der zu applizierenden Anzahl von Schüssen und dem zu verwendenden Druck. Zum heutigen Zeitpunkt existieren noch keine Studien beim Hund, die den Einfluss von Anzahl der Schüsse, Druck und Therapieintervall untersuchen. Objektive Lahmheitsbeurteilung mittels Messungen der Bodenreaktionskräfte Die klinisch-orthopädische Untersuchung ermöglicht eine schnelle Einschätzung des Lahmheitsgrades und der Schmerzhaftigkeit der betroffenen Region, ist aber naturgemäß subjektiver Natur. Eine objektive Messmethode ist die Erhebung der so genannten Bodenreaktionskräfte. Zur Messung dieser Kräfte werden Kraftmessplatten, die beispielsweise in einem Laufband montiert sind, verwendet. Wird eine adäquate Messmethode verwendet, repräsentieren diese Bodenreaktionskräfte die Summation der Rumpf- und Gliedmaßenkräfte, die durch die Extremität auf den Boden übertragen werden. Daraus folgt jedoch auch, dass sie ausschließlich Aufschluss über die Gliedmaßenfunktion geben, nicht aber die gelenk- und muskelspezifische Funktion erfassen. Zur Beschreibung des normalen und pathologischen Gangs werden die maximale vertikale Kraft und der vertikale Impuls am häufigsten verwendet. Die maximale vertikale Kraft entsteht durch das Auftreffen der Pfote auf dem Boden während der frühen Standphase und repräsentiert somit das Abbremsen des Vorwärtsschwunges. Integriert man die vertikalen Kräfte über die Zeit, erhält man den vertikalen Impuls während der Standphase. Dies ermöglicht eine Aussage über die Funktion während der gesamten Standphase. An der Veterinärmedizinischen Universität Wien steht für diese kinetische Bewegungsanalyse ein motorgetriebenes Laufband zur Verfügung, das mit vier piezoelektrischen Messplatten ausgestattet ist. Die ESWT bei Tendinopathien auf dem Prüfstand In einer eigenen Arbeit untersuchten die Autoren dieses Artikels den Therapieerfolg der Behandlung von Tendinopathien bei drei Hunden mittels radialer extrakorporaler Stoßwellentherapie. Die Evaluierung des Therapieerfolges richtete sich zum Teil nach den Ergebnissen der orthopädischen Untersuchung, stützte sich aber hauptsächlich auf die Messung der Bodenreaktionskräfte vor und nach der Behandlung. Als Parameter für die Beurteilung der Bodenreaktionskräfte wurden die maximale vertikale Kraft, die mittlere vertikale Kraft und der vertikale Impuls herangezogen, aus diesen wurde ein Symmetriefaktor errechnet, der die unterschiedliche Belastung des betroffenen Gliedmaßenpaares ausdrückt. Für die Therapie kamen radiale Stoßwellen (Stoßwellengenerator: Swiss Dolor-Clast Vet, EMS Medical Systems, Nyon, Schweiz) zum Einsatz. Der Hautbereich über dem Schultergelenk wurde rasiert und vollständig mit einem Kontaktgel bedeckt. Die Behandlung erfolgte mit 1000 Impulsen und einem Druck von 1,8 bar. Die Therapie erfolgte ohne Sedierung oder Allgemeinanästhesie. Insgesamt wurden drei Behandlungen im Abstand von je einer Woche durchgeführt. Die Patienten Patientin 1 Bei Patient 1 handelte sich um einen Mischling, 7 Jahre alt und mit einem Körpergewicht von 31 kg. Die Hündin zeigte eine seit zwei Jahren bestehende rezidivierende Lahmheit zweiten Grades der rechten Vorderextremität und war mittels Xylocain- Infiltrationen und nicht steroidalen Antiphlogistika vorbehandelt. Die Manipulation des Schultergelenks ergab zum Zeitpunkt der Vorstellung keine Besonderheiten. Die klinische und radiologische Untersuchung ergab eine Insertionstendopathie des M. supraspinatus und der Bizepssehne. Patientin 1 im Therapieverlauf Die Besitzer berichteten von einer geringen Verschlechterung der Lahmheit für zwei Tage nach der ersten Behandlung. Bei der orthopädischen Untersuchung ergab sich vor der zweiten Therapie eine Lahmheit 1. Grades der rechten Vorderextremität, der Palpationsbefund des Gelenks war weiterhin ohne Besonderheiten. Die beschriebene Verschlechterung konnte auch anhand der Bodenreaktionskräfte dargestellt werden. Hier zeigte der Impuls eine deutliche Verschlechterung im Vergleich zur Erstuntersuchung. Vor der dritten Behandlung ging die Hündin klinisch lahmheitsfrei, dies konnte durch die kinetische Analyse bestätigt werden. Nur der Impuls zeigte zu diesem Zeitpunkt noch eine pathologische Abweichung. Auch einen Monat nach Beendigung der Therapie zeigte das Tier keinerlei klinische Symptomatik, alle Parameter der Bodenreaktionskräfte wichen um 4 % von der absoluten Symmetrie ab, was nur für die maximale Kraft eine geringfügige Anomalität aufzeigt. Patientin 2 Bei Patientin 2 war ein Labrador Retriever, weiblich, kastriert, 6 Jahre alt und mit einem Körpergewicht von 31 kg. Die Hündin wurde aufgrund einer seit mehreren Monaten immer wieder auftretenden hochgradigen Lahmheit der rechten Vorderextremität in der Klinik vorgestellt. Die Hündin war mit Carpofen per os vorbehandelt. Auf die medikamentelle Therapie besserte sich die Lahmheit kurzfristig, jedoch zeigte der Hund vor allem nach Belastung immer wieder Episoden hochgradiger Lahmheit. Die klinische Untersuchung ergab eine hochgradige Schmerzhaftigkeit bei der Streckung des rechten Schultergelenks. Die Diagnose für diesen Hund lautete nach radiologischer und sonografischer Untersuchung: partieller Ausriss am Bizepssehnenansatz rechts, Insertionstendopathie mit freien Gelenkskörpern in der Sehnenscheide, Tendovaginitis rechts und geringgradige Omarthrose links Patientin 2 im Therapieverlauf Obwohl in der subjektiven Beurteilung der Lahmheit zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung keine Lahmheit festgestellt werden konnte, ergaben die Bodenreaktionskräfte deutliche Unterschiede zwischen rechter und linker Vorderextremität. Die Besitzerin berichtete von einer deutlichen Rötung des behandelten Gebietes nach der ersten Behandlung, die jedoch zwei Tage später verschwunden war. Die Bodenreaktionskräfte hatten sich bei der Untersuchung vor der zweiten Behandlung deutlich gebessert und die Belastung der Gliedmaßen war annähernd symmetrisch. Die Palpation des Gelenks ergab keine Besonderheiten. Diese Verbesserung der klinischen Symptomatik war auch über den weiteren Beobachtungszeitraum klinisch und in der kinetischen Untersuchung darstellbar. Eine Röntgenaufnahme ein Jahr später zeigte bei beiden Schultergelenken weiterhin eine Omarthrose. Die ursprünglich dargestellten wolkigen Verschattungen um das Tuberculum majus und im Sulcus intertubercularis waren nicht mehr erkennbar. Sonografisch waren die Fasern der Bizepssehne organisierter und echoreicher. Die Sehnenscheide der Bizepssehne war unauffällig. Patientin 3 Bei Patientin 3 handelte es sich um einen Großen Münsterländer, weiblich, kastriert, 12 Jahre alt und mit einem Körpergewicht von 41 kg. Die Hündin wurde aufgrund einer intermittierenden Lahmheit der Vorderextremitäten, die seit vier Jahren rezidivierend auftrat, vorgestellt. Bei der orthopädischen Untersuchung zeigte die Hündin eine Lahmheit zweiten Grades beider Vorderextremitäten, die Extremitäten wurden steif vorgeführt. Zusätzlich fiel eine Lahmheit 1. Grades der rechten Hinterextremität auf. Die Manipulation der Gelenke ergab eine hochgradige Schmerzhaftigkeit bei der Streckung beider Schultergelenke, die Streckung des rechten Hüftgelenks ergab eine mittelgradige Schmerzhaftigkeit. Die radiologisch abgesicherte Diagnose lautete hier: Insertionstendopathie des M. supraspinatus und M. biceps brachii beidseits. Patientin 3 im Therapieverlauf Nach der ersten Behandlung zeigte die Hündin keine klinischen Verbesserungen, obwohl sich bei Evaluierung der Bodenreaktionskräfte deutliche Verbesserungen zeigten. Vor der dritten Behandlung berichtete die Besitzerin von einem deutlich verbesserten Gangbild des Tieres, die klinische Untersuchung zeigte eine verminderte Schmerzhaftigkeit bei der Extension beider Schultergelenke und die Lahmheit hatte sich um einen Grad verbessert, jedoch zeigte der Impuls erneut eine deutliche Abweichung von der Symmetrie an. Bei der Kontrolle einen Monat nach der Therapie zeigte die Patientin keine Lahmheit der Vorderextremitäten mehr, die Streckung der linken Schulter war geringgradig schmerzhaft. Die Bodenreaktionskräfte zeigten eine annähernd symmetrische Verteilung zwischen linker und rechter Vorderextremität. Abschließende Betrachtung Anhand der der Bodenreaktionskräfte konnten bei allen drei Patienten positive Reaktionen auf die ESWT dargestellt werden. Die Fallstudien dieser Arbeit legen nahe, dass es schon nach einmaliger Behandlung zu einer Verbesserung der Symptomatik kommen kann (Hund 2 und 3), wogegen bei anderen Tieren (Hund 1) mehrere Therapien bis zum Wirkungseintritt notwendig sind. Das Kontrollröntgen und die Ultraschallkontrolle 1 Jahr nach Therapie bei Hund 2 unterstreichen den Therapieerfolg und zeigen die Veränderung des Gewebes sowie die Heilung der Tendopathien. Bei keinem der Patienten traten Nebenwirkungen auf und auch in der Literatur wurde bisher nicht von ernsten Nebenwirkungen beim Einsatz radialer Stoßwellen berichtet. |
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