Tierärzte & Kliniken
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Prof. Dr. Thomas Spillmann
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Laborbefunde aus der Histologie
Laborbefunde aus der HistologieDarmproblemeIn der letzten Ausgabe der hundkatzepferd hat Prof. Dr. Thomas Spillmann über labordiagnostische Untersuchungen und den Einfluss dieser Befunde auf die Therapieentscheidung bei der chronischen Diarrhoe des Hundes berichtet. Kotuntersuchungen, Blutuntersuchungen, Funktionstests und Urinanalyse standen im Vordergrund. Im zweiten Teil geht es um die Histologie von Biopsien gastrointestinaler Schleimhaut. In der Diagnostik chronischer Enteropathien wird der Endoskopie ein hoher Stellenwert beigemessen. So definiert die gastrointestinale Standardisierungsgruppe der WSAVA die Diagnose einer idiopathischen, chronisch entzündlichen Darmerkrankung (inflammatory bowel disease, IBD) als histologischen Nachweis einer gutartigen intestinalen Entzündung bei Hunden, die chronische Diarrhoe von mehr als drei Wochen zeigen und nicht auf symptomatische Therapien (Futterwechsel, Antiparasitaria, Antibiotika, Gastroprotektiva) ansprechen. Als weiteres Kriterium gilt der Ausschluss primär extraintestinaler Erkrankungen von Leber, Pank reas, Niere oder Endokrinium sowie von primären Magen-Darm-Erkrankungen eindeutiger Ätiologie (Infektionen, Neoplasien). Dabei hilft die Endoskopie insbesondere in der minimalinvasiven Abklärung von Tumoren im oberen und unteren Magen-Darm-Trakt wie z.B. Dünn- und Dickdarmkarzinome (Abb.1 u. 2), Papillome (Abb. 3) oder Lymphome (Abb. 4 u. 5). Da sich Tumor erkrankungen im endoskopischen Bild nicht immer eindeutig von gutartigen Entzündungsprozessen wie z.B. einer hochgradigen lymphoplasmazellulären Enteritis (Abb. 6) unterscheiden lassen, gehört die Entnahme intestinaler Schleimhautbiopsien für die histologische Diagnostik zu einer vollständigen endoskopischen Unter suchung. Relativ leicht lassen sich hingegen Lymp hangiektasien als Ursache eines enteralen Proteinverlustsyndroms diagnostizieren (Abb. 7). Die Endoskopie kann aber auch Hinweise auf eine inadäquate Vordiagnostik erbringen, wie z.B. durch den Nachweis intestinaler Parasiten (Abb. 8). Liefern labordiagnostische Befunde und die Ultraschalluntersuchung des Abdomens Hinweise auf die Möglichkeit intestinaler Veränderungen in Darmbereichen, die endoskopisch nicht erreichbar sind, empfiehlt sich eine diagnostische Laparotomie mit Darmvollschichtbiopsie zur Gewebeentnahme. Histologie von Biopsien der gastrointestinalen Schleimhaut Die Histologie von Schleimhaut- oder Vollschichtbioptaten gilt der Unterscheidung von malignen und benigen Prozessen sowie der Klassifizierung und Schweregradbeurteilung intestinaler Entzündungsprozesse. Derzeit werden chronische Enteropathien anhand der Histologie in lymphoplasmazelluläre, eosinophile, histiozytäre und granulomatöse Enteritis unterteilt. Allerdings ergeben sich diagnostische Probleme, wenn die entnommenen Proben inadäquat sind oder qualitative Mängel aufweisen. Um eine möglichst gute Probenqualität zu erzielen, wird empfohlen, aus jedem Magen-Darm-Abschnitt (Magen, Duodenum/proximales Jejunum, Colon) mindestens acht Bioptate zu entnehmen. Besteht der Verdacht auf eine Neoplasie, sollten aus verdickten Magen-Darmwandabschnitten tiefe Biopsien entnommen werden, da wandassoziierte maligne Prozesse oft von einer histologisch eher unauffälligen Schleimhaut überdeckt sein können. Biopsien der zottenhaltigen Dünndarmschleimhaut sind vor der Fixierung so auf ein Trägermedium aufzubringen (z.B. Stück eines Holzspatels), dass die nachfolgend in Paraffin eingebetteten Darmzotten später bei der Präparateherstellung in Längs- und nicht in Querrichtung geschnitten werden. Dies ermöglicht dem Pathologen die beste Beurteilung der gewonnen Probe. Befundinterpretation Auch wenn die Befunderhebung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen durch die Initiativen der gastrointestinalen Standardisierungsgruppe der WSAVA weit fortgeschritten ist, ergeben sich immer noch Probleme in der Befundinterpretation. So konnten Studien zur Rolle histologischer Scoringsysteme von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen bisher keinen Zusammenhang zwischen endoskopischem und histologischem Schweregrad sowie Therapieerfolg herstellen. Auch lassen sich die drei klinisch differenzierbaren Unterformen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen, Futtermittel-, Antibiotika (Tylosin)-, und steroidresponsive Enteropathie, histologisch nicht voneinander unterscheiden. Dies stellt die Notwendigkeit einer Endoskopie bei Patienten infrage, die zwar eine chronische Diarrhoe, aber noch keine Hypoproteinämie haben oder bei denen Symptome systemischer Störungen (z.B. Panhypoproteinämie, onkotische Ödeme, Pruritus) bzw. Hinweise auf eine Tumorerkrankung fehlen. Leichte chronische Diarrhoe
Bei leichten Fällen einer chronischen Diarrhoe wird im Sinne eines ausgewogenen Risiko-Nutzen-Verhältnisses eher auf den frühen Einsatz einer Endoskopie verzichtet. Es wird vielmehr eine empirische Therapie mit initialem Diätwechsel durchgeführt, um eine futtermittelresponsive Enteropathie abzuklären. Ungefähr 70 % aller Hunde mit einer chronischen Diarrhoe sprechen allein auf einen Diätwechsel an und benötigen keine medikamentöse Therapie. Als Diät empfiehlt sich bei Dünndarmerkrankungen ein leicht verdauliches Futtermittel mit einem Protein, das bisher bei dem betroffenen Patienten noch nicht eingesetzt wurde (sog. Schwerwiegende chronische Diarrhoe
Schwerwiegende chronische Diarrhoen liegen vor, wenn Patienten mit primären gastrointestinalen Störungen parasitologisch negativ sind, innerhalb von zwei Wochen nicht auf die diätetische oder antibiotische Therapie ansprechen, nach initialer Besserung einen Rückfall erleiden oder bereits bei der Erstvorstellung eine Panhypoproteinämie (ggf. mit Körperhöhlenergüssen) oder auch Pruritus aufweisen. In diesen Fällen sollte die endoskopische oder chirurgische Entnahme von Darm(schleimhaut)biopsien erfolgen, bevor über den Einsatz und die Intensität einer möglichen immunsuppressiven Therapie entschieden wird. Patienten mit onkotischen Ödemen, Ascites oder Pleuraerguss sind vor einer Anästhesie entsprechend zu stabilisieren. Bei diesen Patienten ist die Endoskopie mit geringeren Risiken wie z.B. postoperativen Wundheilungsstörungen verbunden. Sie ist daher einer Laparotomie vorzuziehen – mit der Ausnahme sonografischer Hinweise auf Wandveränderungen von Darmabschnitten, die endoskopisch nicht erreichbar sind. Die derzeit wichtigsten Immunsuppressiva zur Behandlung schwerer, chronisch entzündlicher Darmerkrankungen beim Hund sind Prednisolon, Azathioprin, Ciclosporin und möglicherweise Chlorambucil. Wurde histologisch eine gutartige, idiopathische Enteropathie bestätigt, wird derzeit initial Prednisolon eingesetzt. Mit Erreichen der klinischen Besserung wird die Dosis schrittweise reduziert, wobei die Applikationsintervalle geändert werden. Ziel ist es, dass Prednisolon innerhalb von 6 – 8 Wochen alternierend jeden zweiten Tag verabreicht wird, um die Nebenwirkungen einer Dauertherapie möglichst gering zu halten. Ist der Patient unter dieser Therapie längere Zeit stabil, kann versucht werden, das Medikament über einen Zeitraum von 2 – 4 Wochen ausschleichend abzusetzen. Die Gesamtdauer der Therapie sollte 4 – 6 Monate betragen. Tritt unter der Dosisreduzierung ein Rückfall auf, ist eine Wiederholung der Initialtherapie mit Reduzierung auf die minimal wirksame Kortisondosis durchzuführen, die dann dauernd eingesetzt wird. Azathioprin ist indiziert, wenn bereits eine schwere Hypoproteinämie besteht, die histologischen Veränderungen schwerwiegend sind oder der Patient starke Glukokortikoid-Nebenwirkungen aufweist. Das Medikament wird gemeinsam mit Prednisolon initial täglich verabreicht. Mit Erreichen einer klinischen Besserung nach ca. 3 Wochen erfolgt eine Dosisreduktion um 50 % und der Applikationsabstand wird verlängert, wobei das Medikament jeden zweiten Tag verabreicht wird. In Kombination mit Prednisolon erfolgt die Gabe des Azathioprins alternierend zur Glukokortikoid-Gabe, wobei die Kortisondosis um 50 % reduziert und schrittweise ausschleichend abgesetzt wird. Da Azathioprin insbesondere in der Initialphase eine reversible Agranulozytose hervorrufen kann, ist in den ersten 4 – 6 Wochen eine wöchentliche Leukozytenkontrolle sehr wichtig. Um die Tabellen zu sehen, laden Sie sich bitte das PDF (rechts oben) runter. |
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