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Reportage - hundkatzepferd zu Besuch in der Pferdeklinik Großwallstadt

Großwallstadt: Handball und IRAP ...

Idyllisch am fränkischen Untermain in Großwallstadt (Nähe Aschaffenburg), den Deutschen eher bekannt durch den Handball Erstligisten TV Großwallstadt, liegt die Pferdeklinik. Sie bietet auf einem großzügigen, kompakten und gut durchdachten Gelände ihren Patienten eine tolle Atmosphäre, um zu genesen.

Ich treffe Dr. Karl Spät, der mir einen Einblick hinter die Kulissen der Klinik gewährt. Seit 1984 bzw. 1991 in den heutigen Räumen leitet er die Pferdeklinik mit rund 25 Mitarbeitern, darunter sechs Tierärzten.
Bei meiner Ankunft fällt mir sofort ein sehr offenes und angenehmes Arbeitsklima auf. Dr. Spät ist schon bei der Arbeit und endoskopiert den ersten Patienten. hundkatzepferd wird herzlich empfangen und ich bekomme vom OP bis zum Meetingraum alles gezeigt. Die Klinik verfügt über zwei voll ausgestattete Operationssäle mit Vital-Monitoring und Beatmungsgerät sowie drei Regenerationsboxen zum schonenden Aufwachen aus der Narkose. Das Operationsangebot umfasst alle Standardoperationen am Pferd, die Abdominalchirurgie (Koliker) sowie Arthroskopie und Tenoskopie im eingespielten Operationsteam. Zudem führt die Pferdeklinik endoskopische Operationen( minimalinvasive Chirurgie) durch.
Den stationären Patienten stehen 35 Boxen zur Verfügung. An Bronchitis erkrankte Pferde werden in speziell gestalteten Boxen mit Paddockanlage aufgestallt. Eine Halle zum Longieren bzw. Vorreiten der Patienten befindet sich auf dem Klinikgelände.
Schon in meiner ersten Stunde vor Ort stehe ich im OP bei der Kastration eines Kryptorchiden in Allgemeinanästhesie. Außerdem erfolgen eine Zahnbehandlung und eine Endoskopie, bei der eine Futteraspiration diagnostiziert wird.
Um elf Uhr ist der Parkplatz voll mit Geländewagen und Pferdehängern und ich frage mich innerlich, wie ich meinen kleinen Fiat 500 später ausgeparkt bekomme. Ich schaue mich noch einmal in Ruhe mit Dr. Spät um und bin fasziniert, was hier alles möglich ist.
Stammzelltherapie mit eigenem Labor, Zahnbehandlungen, Bronchoskopie und Gastroskopie, minimalinvasive Chirurgie, Knochenszintigrafie, Stoßwellenbehandlung und Stammzelltherapie mit eigenem Labor, Zahnbehandlungen, Bronchoskopie und Gastroskopie, minimalinvasive Chirurgie, Knochenszintigrafie, Stoßwellenbehandlung und IRAP-Therapie. Die Pferdeklinik mit modernster Ausstattung ist am Zahn der Zeit und durch stetige Fortbildungen der Tierärzte immer auf dem neuesten Stand. Besonders auf dem Gebiet der IRAPTherapie (Interleukin 1 Rezeptor Antagonist Protein Processing System) hat sich die Klinik einen Namen gemacht.

Dr. Karl Gräf über die relativ neue Therapie bei Gelenkserkrankungen – IRAP

Als eine der wenigen tiermedizinischen Kliniken in Europa bieten wir unseren Patienten eine – in der Humanmedizin seit einiger Zeit erfolgreich eingeführte – Alternative zur Gelenksbehandlung mit Hyaluronsäure und Corticosteroiden an. Es handelt sich um IRAP bzw. ACS (autologes konditioniertes Serum). Entwickelt wurde diese Therapieform von der deutschen Firma Orthogen und der Firma Arthrex aus den USA. In der Humanmedizin wird ACS bei der Behandlung von Osteoarthritiden, Muskelerkrankungen und Nervenwurzelerkrankungen z.B. im Rahmen von Rückenschmerzen eingesetzt.
Studien der Universität Colorado/USA und aus Privatkliniken belegen bereits jetzt eine große Erfolgsrate dieser neuen Therapieform bei Sportpferden. Grundlage des ACS ist unter sterilen Bedingungen vom Patienten gewonnenes Blut. Dieses Blut wird unter höchsten hygienischen Vorsichtsmaßnahmen in speziellen IRAP-Spritzen aufbereitet und 24 Stunden inkubiert. Anschließend erfolgt die Gewinnung des autologen konditionierten Serums, das in Einzeldosen aufgeteilt und tiefgefroren wird. Die mögliche Lagerungszeit beträgt neun Monate.
In den speziellen IRAP-Spritzen zur Gewinnung des ACS befinden sich Kügelchen, deren Oberflächen eine Wunde simulieren. Entsprechend beginnen im Blut befindliche Zellen, vermehrt Proteine herzustellen. Dies sind u.a. verschiedene Wachstumsfaktoren (wichtig z.B. bei Muskelfaserregeneration) und Entzündungsproteine (Cytokine) bzw. deren Gegenspieler. In der entzündungshemmenden Therapie des ACS im Gelenk spielt das Interleukin-1- Rezeptor-Antagonist Protein (= IRAP) die entscheidende Rolle. Es hat eine starke entzündungshemmende Wirkung und schützt den Knorpel durch die Blockade der Interleukin-1-Rezeptoren. Interleukin- 1 induziert Entzündungen mit Knorpelzerstörung.
Im Rahmen der Gelenkstherapie wird zunächst für jeden Patienten sein eigenes körperspezifisches ACS aufbereitet und tiefgefroren. In Abhängigkeit vom klinischen Befund sind für die Therapie drei bis fünf Gelenksinjektionen im Abstand von 14 Tagen erforderlich. Verbleibende Injektionen sind tiefgekühlt bis zu neun Monate lagerfähig.
Das PRP (Platelet Rich Plasma) ist eine weitere Methode der neueren regenerativen Medizin. Durch ein spezielles Verfahren werden bei der PRP-Herstellung die im Blut enthaltenen Blutplättchen und Wachstumsfaktoren konzentriert. Diese unterschiedlichen Inhaltsstoffe bewirken eine schnellere Regeneration geschädigter Sehnen und Bänder. Bei dieser Methode wird dem Patienten Blut entnommen, das anschließend in verschiedenen Zentrifugationsstufen aufbereitet wird. Eine so aufbereitete Serumfraktion wird dem Pferd unter Ultraschallkontrolle in geschädigte Bänder oder Sehnen injiziert. Da die Aufbereitung weniger als eine Stunde dauert, kann das Pferd bereits kurz nach der Blutentnahme auch behandelt werden.

Danke an Herrn Dr. Spät für die Ausführung.

Teamarbeit, Professionalität und Menschlichkeit im Umgang mit dem Patienten und seinem Besitzer sind mir an diesem Tag besonders aufgefallen. Leider habe ich auf diesen 2 Seiten nicht die Möglichkeit, allen Besonderheiten der Pferdeklinik gerecht zu werden und freue mich daher in ein paar Jahren wieder, vorbeizu- kommen und zu schauen, was es Neues gibt.

Vielen Dank an die Pferdeklinik Großwallstadt für diesen kleinen Einblick – Oliver Michaut

Foto: © Oliver Michaut

HKP 7 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 7 / 2012.
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„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
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Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
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und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.