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HKP-6-2013 > Sonografie von Hirn und Augen

Sonografie von Hirn und Augen

In den Kopf geschaut

Die Methode der Wahl zur Darstellung des Gehirns ist ein MRT. Diese erfordert, wie auch ein CT, eine Narkotisierung des Patienten. Die Kosten für eine solche Untersuchung sind entsprechend hoch. Kleintiere mit dem Verdacht des Hydrozephalus sind häufig Welpen und Hunde kleiner Rassen, die zudem Störung der Ossifikation des Schädels aufweisen. Eine gute Alternative ist die Sonografie des Schädels, ein diagnostisches Verfahren, das bislang vernachlässigt wurde.

Die sonografische Untersuchung des Schädels wird beim Tier im Gegensatz zur Humanmedizin nur selten durchgeführt. Beim Menschen ist die pränatale Sonografie auf angeborene Veränderungen des ungeborenen Kindes im Mutterleib eine sehr wichtige Vorsorgeuntersuchung und hat für die Ärzte und Eltern einen sehr hohen Stellenwert. Auch nach der Geburt besteht durch die große Fontanelle beim Baby die Möglichkeit, das Hirn ohne Probleme darzustellen. Beim Tier (Hund/Katze) wird zur Untersuchung des Schädels in erster Linie immer an eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder eine Computertomografie (CT) gedacht. Auch wenn beim Hund und bei der Katze optimale geeignete Schallfenster in Form einer Fontanelle oder nicht geschlossener Suturen des Schädelknochens nur eingeschränkt vorliegen, kann die Sonografie des Kopfes einen wichtigen Beitrag zum Tier- und Strahlenschutz leisten. Die neonatale Medizin beim Tier beginnt leider fast immer erst mit der Vorstellung des Welpen zur ersten Impfung mit 8–10 Wochen. Zu diesem Zeitpunkt ist meistens schon ein Verknöcherungsgrad der Schädelkalotte erreicht, der die sonografische ­Untersuchung des Gehirns erschwert. Saugwelpen, die nach der Geburt auffällig hinsichtlich Kopfform, Lokomotion oder Trinkverhalten sind, können allerdings mit Ultraschall problemlos untersucht werden.

Physikalische Voraussetzungen

Der Knochen ist eine für Schallwellen fast undurchdringbare biologische Grenzfläche. Er besitzt eine extrem hohe akustische Impedanz (ca. sechsmal höher als Muskel­gewebe) und sorgt durch ein hohes Maß von Schallwellenabsorption und -reflexion dafür, dass kaum eine Schallwelle den Knochen in Richtung Hirn durchdringt. Der Grad der Absorption steigt nicht wie in ­anderen Geweben linear an, sondern quadratisch mit Zunahme der gewählten Schallfrequenz. Das bedeutet, dass man grundsätzlich niedrige Schallfrequenzen wählen sollte, um den Knochen zu penetrieren.

Schallfenster

Bei Welpen, unabhängig von der Rasse, kann man das Hirn bis zur sechsten ­Lebenswoche immer sonografisch darstellen. Die Knochenlamellen sind z.T. noch nicht vollständig kalzifiziert, sodass man das Hirn durch Ankoppeln des Schallkopfes an fast jeder Stelle des Neurokraniums darstellen kann. Später ist das nur noch im Bereich größerer Suturen des Stirn-Scheitelbeinüberganges möglich. Als optimales Schallfenster zur Darstellung des Gehirns dienen Fontanellen oder offene Suturen zwischen den Schädelplatten des Neurokraniums (siehe Abb. 1). Diese verschließen sich bei den meisten Hunderassen innerhalb der ersten drei bis sechs Monate. Bei Vertretern bestimmter Toy-Rassen (Chihuahua, Jap. Chin, Papillon, Yorkshire Terrier, ­Boston Terrier, andere brachy­zephale Rassen) bleiben die Fontanellen regelmäßig auch im adulten Stadium offen. Bei diesen ist die Hirndarstellung lebenslang sehr gut möglich. Da die für die sonografische Untersuchung günstigen Fontanellen und breiten Suturen oftmals kleiner als 1mm und nicht immer fühlbar sind, lohnt es sich bei jedem Patienten, die Schädeloberfläche nach diesen Schallfenstern mit einem ­Linearschallkopf abzusuchen. Wird eine Unterbrechung in der Schädelkontur gefunden, sollte man anschließend zur Darstellung des Gehirns einen Sektorschallkopf wählen. Dieser hat eine kleine Ankopplungsfläche und fächert dahinter seinen Bildbereich auf. Es entspricht einer Betrachtung des Schädelinneren wie durch ein Schlüsselloch. Hunde, die einen Hydrozephalus internus oder externus besitzen, weisen „glücklicherweise“ krankheitsbedingt geeignete Schallfenster auf, um eine Ultraschalluntersuchung des Gehirns erfolgreich durchzuführen. Bei gesunden Hunden älter als ein Jahr ist die Sonografie des Hirns oft nicht möglich. Man kann versuchen, den Schädelknochen seitlich im Bereich der Mm. temporales zu durchdringen. Die in der Literatur beschriebene Möglichkeit, kaudale Hirnanteile bei abgebeugtem Kopf durch das Foramen magnum anzuschallen, ist leider nur bedingt tauglich.


Abb.1: Benetzung der Fontanelle mit Gel.


Abb.2: Bilateral symmetrischer Hydrozephalus


Abb.3: Symmetrischer hgr ­Hydrozephalus von rechts, seitlich durch den Schädelknochen angeschallt.

Indikationen für eine Schädelsonografie

// Offene Fontanellen nach dem 3. Lebensmonat auch ohne entsprechende Symptomatik

// Sensible, motorische oder psychische Veränderungen des Welpen

// Tonisch-klonische Krampfanfälle

// Als Teil einer Screeninguntersuchung bei Verdacht des porto-systemischen Shunts (PSS)

// Auffällige Deformationen des Kopfes im Splanchno- oder Neurokranium

// Neubildungen im Schädelbereich

Untersuchung

Für die sonografische Untersuchung des Schädels ist keine Sedation erforderlich. Der Kopf des Patienten wird mit den Händen leicht fixiert, bei Katzen wird ein Handtuch um Kopf und Hals gewickelt. Wenn eine Fontanelle fühlbar ist, werden die Haare an der Stelle gescheitelt und die Haut mit Gel für eine gute Ankopplung ­benetzt. Am besten eignet sich ein Sektorschallkopf – je nach Größe von Objekt und Schallfenster – mit einer Frequenz von 7,5–10MHz. Auch wenn keine Fontanelle vorliegt, kann man mit 3,5MHz Nominalfrequenz oft Bilder des Hirns erstellen. Diese besitzen zwar keine gute Auflösung, aber reichen aus, um einen Hydrozephalus ausschließen zu können. Im Falle von Zu­bildungen am Schädel ist eine Rasur der entsprechenden Stelle zu empfehlen (siehe Abb. 2–3).

Befunde

Hydrozephalus

Bei fast allen Wasserköpfen von Hund und Katze handelt es sich um einen Hydrozephalus internus durch eine Erweiterung der Hirnkammern (Ventrikel). Am häufigsten sind die Seitenventrikel (I. und II.) betroffen. Sie sind sonografisch im normalen Gehirn kaum sichtbar. Lediglich deren Wände mit den Plexus choroidei können als echogene parallele Linien gesehen werden (siehe Abb. 4, roter Pfeil). Im Falle einer Stauung von Hirnwasser (Ventrikulomegalie) stellen sich die beiden Seitenventrikel echoarm vergrößert dar. Stellen sich die Seitenventrikel unregelmäßig in der Form, asymmetrisch oder uni bilateral vergrößert dar, besteht der Verdacht des Hydrozephalus. Asymmetrien zwischen dem linken und rechten Seitenventrikel gelten immer als sicherer Hinweis auf eine Stauung von Hirnwasser. Im weiteren Verlauf eines Hydrozephalus kommt es zu einer Druckatrophie der Großhirnrinde, die zwischen Seitenventrikel und Schallkopf liegt. Bei hgr. Hydrozephalus kann es zu einer fast vollständigen Atrophie der Hemisphären kommen. In diesen Fällen sind ventro-kaudal oft nur noch Reste des Stammhirns zu sehen (siehe Abb. 5).


Abb.4: Asymmetrischer Hydro­zephalus internus. Ventrikel links normal (2 mm), Ventrikel rechts deutlich vergrößert (dicker gelber Pfeil 9 mm). Innenauskleidung des Ventrikels (roter Pfeil). Der weiße Pfeil zeigt die periphere Mantel­dicke des Großhirns oberhalb des Ventrikels an.


Abb.5: Hochgradiger Hydrozephalus Chihuahua.

Darstellung anderer Veränderungen am Kopf Gehirntumor

Der sonografische Nachweis eines Gehirntumors gelingt nur sehr selten. Da die meisten Patienten mit einem Tumorverdacht schon relativ alt sind, ist die Darstellung dieser Hirnveränderung schwierig. In diesen Verdachtsfällen sollte eine tomografische Unter­suchung durchgeführt werden.

Zubildungen am Kopf

Schwellungen oder gewebliche Zubildungen lassen sich sonografisch gut darstellen. Insbesondere gilt das für Schwellungen im Kaumuskel- und Nasen­dachbereich. Abszesse lassen sich gut von Tumoren unterscheiden. Die sonografisch geführte Biopsie ist eine gute Methode, um geeignete zytologische Proben zu gewinnen.

Schädelfrakturen

Die Sonografie eignet sich relativ gut, „versteckte“ Frakturen des Schädels nachzuweisen. Der Nachweis von Schädelfrakturen ist mit der konventionellen Röntgenunter­suchung, bedingt durch Überlagerungen in diesem Summationsbild, oft nicht eindeutig möglich. Bevor man als nächsten Schritt eine Tomografie in ­Narkose durchführt, kann man bei frisch verunfallten Traumapatien­ten mit Weich­teilschwellungen im Kopfbereich versuchen, Schädel-Hirnverletzungen sonografisch nachzuweisen. Die Sonografie ersetzt natürlich nicht eine präoperative Tomo­grafie (CT, MRT) bei Patienten mit gutem neurologischen Status und OP-Prognose, sondern ergänzt die Diagnostik insbesondere bei aussichtslosem Gesamtstatus des Patienten.


Abb.6a: Hundeauge mit Katarakt


Abb.6b: Beidseitige Ablösung der Retina (rote Pfeile). Im Sehnervbereich haftet die Retina an (blauer Kreis) Linse in Position (gelbe Pfeile)

Auge und Orbita

Für die Untersuchung des Bulbus und des retrobulbären Raumes eignet sich der Sektorschallkopf. Eine klassische Indikation ist der Exophthalmus durch retrobulbär raumfordernde Prozesse. Die häufigsten Ursachen sind Abszesse und Neoplasien der Augenhöhle. Die Sonografie und Interpretation der retrobulbären Raumforderungen erfordern jedoch sehr viel Erfahrung aufseiten des Untersuchers. Größe, Struktur und Lokalisation der Neubildung können genau bestimmt und so z.B. eine interventionelle Punktion zielgenauer durchgeführt werden. Bei Verdacht des retrobulbären Abszesses kann es von Vorteil sein, die Anschallung und Punktion von der Maulhöhle aus durchzuführen.

Der Bulbus lässt sich am besten mit einem Linearschallkopf hoher Frequenz 7,5–14MHz untersuchen. Beim narko­tisierten Tier kann der Schallkopf direkt unter Verwendung sterilen Gels oder ­Augensalbe auf den Bulbus gesetzt werden. Beim wachen Tier sollte das Auge durch das Oberlid geschallt werden. Nachteilig und problematisch sind bei diesen Patienten die Bewegung des Augapfels und regel­mäßig Abwehrbewegungen des Kopfes. Eine häufige Indikation zur Sonografie ist die Nichteinsehbarkeit der Augenkammern durch Hyphaema oder Katarakt. Mit der Sonografie lassen sich Netzhautablösungen und Neubildungen im Bulbus gut darstellen. Für die Untersuchung der vorderen Augenkammer und der Linse sollten Schallfrequenzen über 10MHz verwendet werden. Mit diesen hochauflösenden Verfahren werden z.B. Tumoren der Iris gut identifiziert. Der zweifelsfreie Nachweis ­einer Linsen(-sub)luxation ist allerdings sehr schwierig und oft nur im Seiten­vergleich mit dem anderen Auge möglich (siehe Abb. 6a+b).

take home

Die Sonografie des Schädels ist aus den oben genannten Gründen eine gute Alternative und eine bislang vernachlässigtes diagnostisches Verfahren. Die sono­­grafische Untersuchung des Schädels wird beim Tier im Gegensatz zur Humanmedizin nur selten durchgeführt.

Foto: © istockphoto.com | GlobalP

Stichwörter:
MRT, CT, Hydrozephalus, Sonografie des Schädels, pränatale Sonografie, Magnetresonanztomografie, Computertomografie, Hydrozephalus internus, externus, porto-systemischen Shunts, Splanchno-, Neurokranium, ventro-kaudal, Exophthalmus, Linsen(-sub)luxation,

HKP 6 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2013.
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