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HKP-7-2014 > Spezifische Augenerkrankungen des Pferdes

Spezifische Augenerkrankungen des Pferdes

Schau mir in die Augen, Großer!

Das Pferd ist als Fluchttier und durch seinen Verwendungszweck (Reitpferd, Turnierpferd) sehr stark auf seine visuelle Sinneswahrnehmung angewiesen. Aufgrund des weitgehend mono­kularen Gesichtsfeldes (bedingt durch die seitliche Position der Augen am Schädel) ist bereits eine einseitige Sehbehinderung für das Pferd (im Gegensatz zu anderen Haustieren) von großer Bedeutung.

Dementsprechend müssen Augenerkrankungen, die rasch progressiv verlaufen und/oder zur Erblindung führen können, frühzeitig erkannt und behandelt werden.

Periodische Augenentzündung (ERU = Equine Recurrent Uveitis, Mondblindheit)

Unter Uveitis versteht man eine entzündliche Erkrankung von Iris, Ziliarkörper und Aderhaut (Choroidea). Die Ursachen für eine Uveitis können sehr vielseitig sein: stumpfes, spitzes Trauma, linseninduziert, im Rahmen von viralen, bakteriellen und Pilzinfektionen und Hornhauterkrankungen. Von besonderer Bedeutung ist die periodische Augenentzündung (alte Bezeichnung: Mondblindheit), die durch wiederkehrende entzündliche „Schübe“ das Auge zerstören kann. Akute Symptome sind Blepharospasmus, Lichtempfindlichkeit, Trübung des Kammerwassers und des Glaskörpers, Miosis und ein tiefer Augeninnendruck (Abb.1). Schwerwiegende Folgen der periodischen Augenentzündung sind Katarakt (Abb.2), Glaukom (Abb.3) und Phthisis bulbi (Abb.4), die zur Erblindung führen. Die periodische Augenentzündung dürfte durch Leptospiren aus­gelöst sein (Wollanke et al., 1998). Als Pathomechanismus wird eine Kreuzreak­tivität von Antikörpern aufgrund einer ­Homologie zwischen mikrobiellen Peptiden, intraokularen Autoantigenen und MHCI-peptiden (MHC = major histocompatibility complex) angenommen (molekulare Mimikry) und eine zytokingesteuerte Zunahme an T-Zell-Klonen, die gegen die kreuzreaktiven Peptide gerichtet ist und eine entzündlich autoimmune Reaktion in Gang setzt (Deeg et al., 2001).


Abb.1


Abb.2


Abb.3


Abb.4

Eine genetische Komponente ist ebenfalls anzunehmen, da bestimmte Pferde­rassen, wie z.B. das Deutsche Warmblut und der Appaloosa häufiger betroffen sind als andere Rassen. Untersuchungen haben gezeigt, dass hier eine starke Assoziation mit bestimmten Equinen Lymphozyten-­Antigenen (ELA) besteht (Deeg et al., 2004).

Der Nachweis von Leptospiren-Antikörpern im Glaskörper dürfte spezifisch sein, wohingegen im Blutserum Leptospiren-Antikörper auch bei klinisch gesunden Pferden zu finden sind (Wollanke et al., 1998).

Ziel der Therapie ist ein rasches Abklingen der Entzündung und die Unterdrückung weiterer Schübe. Hierbei kommen steroidale und nichtsteroidale Entzündungshemmer lokal und systemisch zum Einsatz. Die lokale Applikation von Atropin (evtl. in Kombination mit Phenylephrine) verhindert die Bildung von Synechien. Zu beachten ist, dass wiederholte Applikationen von Atropin die Darmmotorik beeinträchtigen und Koliken auslösen kann. Cyclosporin A (CsA) ist ein immunmodulatorisches Medikament und hemmt die Interaktion zwischen MHCII-antigenpräsentierenden Zellen, T-Helferzellen und zytotoxischen T-Zellen. Subskleral gesetzte CsA-Implantate (zwischen Sklera und Choroidea; Abb.5) bewirken die Freisetzung von 4g CsA/Tag für eine Dauer von bis zu fünf Jahren und ermöglichen eine effektive Reduktion von Entzündungsschüben in Häufigkeit und Stärke (Gilger et al., 2001). Bei Pferden mit entzündlichen Glaskörpertrübungen, die zur Visuseinschränkung führen, ist eine Vitrektomie angezeigt. Bei einem Großteil der Pferde (85–97%) sind nach Vitrektomie keine weiteren Entzündungsschübe mehr aufgetreten (Fruhauf et al., 1998; Werry and Gerhards, 1992). Mögliche Komplikationen der Vitrektomie sind intraokulare Blutungen, Katarakt und Netzhautablösung.


Abb.5

Keratomykose

Das Umfeld des Pferdes bedingt, dass das Auge konstant Bakterien und Pilzen aus­gesetzt ist. Pilze sind häufig normaler Bestandteil der Mikroflora der Bindehaut ­(Samuelson et al., 1984). Das intakte Oberflächenepithel verhindert eine Invasion von Bakterien und Pilzen. Verletzungen des Epithels sowie die lokale Behandlung des Auges mit Antibiotika und/oder Kortikosteroiden begünstigen eine Pilzinfek­tion. Im Gegensatz zu Kühen und anderen Tierarten ist das Pferd für Pilzinfektionen am Auge anfällig. Der Grund liegt vermutlich darin, dass der Tränenfilm und/oder die Hornhaut einen mangelnden Schutzmechanismus gegenüber Pilzinfektionen hat. Die Fähigkeit, eine entsprechende Immun­antwort auf einen Infektionserreger zu generieren, hängt u.a. von verschiedenen toll-like-Rezeptoren (TLRs) ab. Diese Rezeptoren erkennen verschiedene Mikroben und induzieren die Produktion von entzündlichen Zytokinen und Co-Stimulations­faktoren, die das angeborene und erworbene Immunsystem stimulieren. Untersuchungen haben die Bedeutung von TLRs in der Erkennung von pathogenen Pilzen gezeigt (Redfern and McDermott, 2010).

Die häufigsten Erreger der Keratomykose sind Aspergillus, Fusarium und Penicillium. Klinisch zeigt sich die Keratomykose als ­ulzerative Keratitis (Epitheldefekte mit mehr oder weniger Substanzverlust des Stromas; Abb.6 u.7) oder als interstitielle Keratitis (stromaler Hornhautabszess; Abb.8). Hornhauteinschmelzung ist die Folge von Proteasen und anderen Enzymen, die von Pilzen, von eingewanderten Leukozyten und absterbenden Epithelzellen freigesetzt werden (Abb.9). Die Diagnosestellung erfolgt mittels zytologischer (Abb.10) oder PCR-Untersuchung eines Hornhautabstriches. Nach einer Keratektomie steht Hornhautgewebe zur histologischen Untersuchung zur Verfügung.

Die Therapie umfasst eine lokale Behandlung mit Antimykotika (z.B. Miconazol, Voriconazol, Natamycin), MMP-Inhibitoren (z.B. Acetylcystein, EDTA, Oxytetrazyklin) und Antibiotika zur Unterdrückung einer bakteriellen Sekundärinfektion. Der Zerfall von Pilzhyphen löst eine Iridozyklitis/Uveitis aus. Daher ist eine systemische Verabreichung von NSAID (z.B. Flunixin meglumin, Vedaprofen etc.) wichtig. Die lokale Applikation von Atropin 1% reduziert die durch Prostaglandine ausgelöste Miosis und stabilisiert die Blutkammerwasserschranke. Aufgrund der raschen Progression der Pilzhyphen in Richtung Descemetsche Membran kann es zur Perforation der Hyphen in das Augeninnere und trotz intensiver Therapie zum Verlust des Auges kommen. Eine frühzeitige Diagnose ist daher für eine erfolgreiche Therapie der Keratomykose enorm wichtig.


Abb.6


Abb.7


Abb.8


Abb.9


Abb.10

take home

Die Keratomykose und die periodische Augenentzündung (ERU) gehören zu den gefährlichsten Augenerkrankungen des Pferdes, da diese durch rasche Progression (Keratomykose) bzw. durch rezidivierende Entzündungsschübe (ERU) das Auge irreversibel zerstören können. Daher ist vor allem bei diesen beiden Erkrankungen eine frühzeitige Diagnose und Therapieeinleitung unumgänglich.


Lesen Sie in der nächsten Ausgabe Teil II: Herpeskeratitis und Plattenepithelkarzinom

Literatur
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Gilger, B. C., D. A. Wilkie, M. G. Davidson, and J. B. Allen. 2001. Use of an intravitreal sustained-release cyclosporine delivery device for treatment of equine recurrent uveitis. Am J Vet Res 62: 1892-1896.
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Samuelson, D. A., T. L. Andresen, and R. M. Gwin. 1984. Conjunctival fungal flora in horses, cattle, dogs, and cats. J Am Vet Med Assoc 184: 1240-1242.
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Werry, H., and H. Gerhards. 1992. [the surgical therapy of equine recurrent uveitis]. Tierarztl Prax 20: 178-186.
Wollanke, B., H. Gerhards, S. Brem, H. Kopp, and P. Meyer. 1998. [intraocular and serum antibody titers to leptospira in 150 horses with equine recurrent uveitis (eru) subjected to vitrectomy]. Berl Munch Tierarztl Wochenschr 111: 134-139.

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HKP 7 / 2014

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