Veterinärmedizin
>
Keratokonjunktivitis sicca (KCS) beim Hund
Keratokonjunktivitis sicca (KCS) beim HundTrockene AugenDie Keratokonjunktivitis sicca (KCS) ist eine verbreitete Augenerkrankung des Hundes mit einer Prävalenz von bis zu 3 %. Sie ist gekennzeichnet durch ein Defizit des wässrigen Anteils des präkornealen Tränenfilms. Der Tränenfilm besteht aus drei Komponenten. Die muköse, hydrophile Schicht vermittelt die Anhaftung der wässrigen Phase an das hydrophobe Hornhautepithel. Sie wird von Becherzellen der Konjunktiva gebildet. Die mittlere Phase stellt die wässrige Schicht dar, die dem Abtransport von Fremdkörpern und Bakterien sowie der Ernährung der Hornhaut dient. Überdies enthält die wässrige Phase antibakterielle Substanzen. Sie wird von der Glandula lacrimalis dorsal in der Orbita und der Glandula membrana tertiae produziert. Die äußerste Schicht stellt eine fettige Phase dar, die die vorzeitige Verdunstung verhindert. Diese wird von den Meibom´schen Drüsen gebildet. Es treten klinische Symptome wie Blepharospasmus, muköse Exsudation, Konjunktivitis und Keratitis auf. Letztere äußert sich als Vaskularisation und Pigmentierung der Hornhaut (Abb.1). Bei hochgradiger Ausprägung kann es zur vollständigen Pigmentierung mit Visusverlust am betroffenen Auge kommen (Abb. 1). Die muköse Exsudation ist charakteristisch und stellt sich als zäher Schleim dar, der bakteriell besiedelt sein und sich demnach mukopurulent darstellen kann (Abb.2). Aufgrund des insuffizienten Tränenfilms und der damit verbundenen mangelnden Ernährungs- und Schutzfunktion besteht bei erkrankten Hunden ein erhöhtes Risiko für Hornhauterosionen. Diese Hornhautdefekte heilen durch das trockene Auge schwer ab und können sich teilweise zu tieferen Ulzera oder sogar perforationsgefährdeten Defekten entwickeln. Diagnosetests
Die Diagnosestellung erfolgt mittels Schirmer- Tränentest 1, hierbei werden Papierstreifen (z.B. MSD®) mit einer Skala in Millimeter (zum Teil auch mit Indikatorfarbstoff) für 60 Sekunden in das mittlere bzw. laterale Drittel des unteren Bindehautsackes eingelegt (Abb. 3). Der Schirmer-Tränentest 1 wird ohne vorherige Applikation eines Lokalanästhetikums (oder anderer Augentropfen) durchgeführt. Hierbei wird die reflektorische
?15 mm/min - normale Produktion Erhobene Werte sollten stets unter Berücksichtigung der jeweiligen klinischen Manifestation bewertet werden. Ein weiterer Test zum Nachweis einer Tränenfilmzusammensetzungsstörung stellt die „tear break up time“ (TBUT) dar. Hierbei wird im Gegensatz zum Schirmer-Tränentest (= quantitativer Test) eine qualitative Abnormalität des Tränenfilms bzw. eine Instabilität des Tränenfilms nachgewiesen, die auf ein Defizit der mukösen oder fettigen Komponente hindeutet. Hierzu wird Fluoreszein (1 % bis 2 %) ins Auge gegeben. Zur Messung werden die Lider aufgehalten und anschließend die Zeit gemessen, bis der angefärbte Tränenfilm aufreißt. Dies geschieht in Form eines trockenen, runden, dunklen Areals des ansonsten fluoreszierenden Tränenfilms, der mithilfe des Kobaltblau-Filters der Spaltlampe (z.B. Kowa SL15®) nachgewiesen wird. Als physiologische Zeit zwischen dem ersten Blinzeln des Patienten und der Formation des ersten, dunklen Aufrissareals im gefärbten Tränenfilm werden 19,7 ± 5 Sekunden angegeben.Wer ist betroffen? Eine große Anzahl an Hunderassen zeigt eine Disposition für die primäre Keratokonjunktivitis sicca. Zu den am häufigsten betroffenen Rassen zählen Englischer Cocker Spaniel, Cavalier King Charles Spaniel, West Highland White Terrier, Shi-Tzu, Englische Bulldogge, Mops, Yorkshire Terrier, Amerikanischer Cocker Spaniel, Pekinese, Zwergschnauzer und Englischer Springer Spaniel sowie Boston Terrier, Lhasa Apso, Bloodhound und Samoyede. Beim West Highland White Terrier ist eine familiäre Häufung beschrieben, genauere Informationen zum Vererbungsmodus liegen noch nicht vor. Außerdem sind weibliche West Highland White Terrier häufiger betroffen. Es handelt sich meistens um eine beidseitige Erkrankung, die im Alter zwischen 3,5 und 5 Jahren auftritt. Beim Yorkshire Terrier und Mops ist eine kongenitale Tränendrüsenhypoplasie bekannt. Ursachen und Therapie
Ursächlich wird für die primäre Keratokonjunktivitis sicca beim Hund ein immun mediiertes Geschehen angenommen, das nur die Tränendrüsen betrifft und ohne systemische Manifestation auftritt. Entzündungsreaktionen und eine Schädigung der Tränendrüsen sind die Folgen. Als Ursachen für eine sekundäre KCS sind Medikamente wie Atropin in lokaler und Sulfonamide in systemischer Anwendung zu nennen. In Verbindung mit Infektionen wie Staupe und Leishmaniose oder aber auch mit systemischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Hypothyreoidismus und Hyperadrenokortizismus kann die Keratokonjunktivitis sicca auftreten. Außerdem können Neuropathien ursächlich eine Rolle spielen. Ferner kann das trockene Auge als Langzeitfolge nach chirurgischen Eingriffen wie intraskleraler Prothese oder Exzision der Nickhautdrüse vorkommen (bei einem Vorfall der Nickhautdrüse wird die Entfernung abgelehnt und die chirurgische Versenkung empfohlen; im Falle tumoröser Entartung der Nickhaut ist die Exzision angezeigt). Foto: © Dr. med. vet. Birgit Koerschgen |
HKP 3 / 2012Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download Die Autoren:Weitere Artikel online lesen |
|||
|