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Herz im Takt

Herzschrittmachertherapie beim Hund

In den frühen 1960er- Jahren wurden die ersten Herzschrittmacherimplantationen bei Tieren durchgeführt. Inzwischen werden Herzschrittmacher auch in der Tiermedizin als Routineeingriff von einigen Spezialkliniken durchgeführt. Dr. Gerhard Wess berichtet über diese Form der Therapie, die in der Regel eine hohe Lebensqualität ermöglicht und für die Patienten und Besitzer ein höchst zufrieden stellendes Ergebnis liefert.

Welche Indikationen gibt es für eine Herzschrittmacherimplantation?

Die Schrittmachertherapie kommt vor allem bei der Behandlung von klinischen Symptomen wie Synkopen, Lethargie und Leistungsinsuffizienz zum Einsatz, die durch ausgeprägte Bradyarrhythmien hervorgerufen werden. Synkopen entstehen, wenn das Gehirn mindestens 6 – 8 Sekunden mit Sauerstoff unterversorgt wird. Herzfrequenzen unter 40–50/min führen zu Leistungsschwäche oder ebenfalls zu Synkopen. Die häufigsten Bradyarrhythmien, die mit einem Schrittmacher behandelt werden, sind AV-Block 2. oder 3. Grades oder Störungen der Erregungsbildung im Sinusknoten, wie es beim „sick sinus syndrom“ beobachtet wird.

Welche diagnostischen Möglichkeiten gibt es?

Um Bradyarrhythmien sicher diagnostizieren zu können, ist das Erstellen eines Elektrokardiogramms (EKG) erforderlich. Eine Bradyarrhythmie ist gekennzeichnet durch eine verlangsamte Herzfrequenz bis hin zum völligen Sinusstillstand (sinus arrest).
Der AV-Block 2. Grades wird nur beim Auftreten klinischer Symptome therapiert und stellt sich im EKG wie folgt dar:

- Typ Mobitz 1: regelmäßige P-Wellen, normale QRS-Komplexe, PQ-Strecke verlängert sich von Schlag zu Schlag, bis schließlich ein QRS-Komplex ausfällt.

- Typ Mobitz 2: regelmäßige P-Wellen, normale QRS-Komplexe, intermittierender Ausfall der QRS ohne verlängerte PQ-Strecke.

- Typ High Grade: normale QRS-Komplexe, konstante PQ-Strecke, aber es sind keine 2 hintereinander übergeleiteten QRS Komplexe vorhanden, so dass eine Differenzierung zwischen Mobitz Typ I und Typ II mehr möglich ist. AV-Blöcke vom Typ High Grade müssen häufig mit einem Schrittmacher therapiert werden

Ein AV-Block 3. Grades sollte immer mit einem Schrittmacher therapiert werden. Im EKG findet sich kein zeitlicher Zusammenhang zwischen P-Wellen und QRS-Komplexen mehr, Kammern und Vorhöfe schlagen also völlig unabhängig voneinander. Die QRS-Komplexe können normal oder verbreitert erscheinen, die PQ-Strecken sind variabel. Da der ventrikuläre Ersatzrhythmus sehr langsam ist (30 – 60/min), ist bereits bei geringster Anstrengung die Gefahr cerebraler und kardialer Minderperfusion gegeben.
Beim so genannten „sick sinus syndrome“ finden sich im EKG intermittierende Phasen von supraventrikulären Tachykardien oder Vorhofflimmern, denen eine bis zu mehreren Sekunden anhaltende Asystolie-Periode (sinus arrest) folgt. Der Ersatzrhythmus setzt verspätet ein, wodurch teilweise längere Pausen entstehen, die zu Synkopen führen können. Dieses Syndrom wird vor allem beim Minischnauzer, Cocker Spaniel und West Highland Terrier beobachtet. Da diese Rhythmusstörungen nicht immer sofort erkennbar sind, empfiehlt sich bei Verdacht auf ein „sick sinus syndrome“ eine 24-stündige Überwachung des Patienten mittels eines Holter-EKGs.
Des Weiteren wird ein Schrittmacher bei Vorhofstillstand eingesetzt, der aufgrund degenerativer Veränderungen des Vorhofmyokards oder, wie oft beim Englischen Springerspaniel, idiopathisch auftritt.

Medikamentelle Therapie

Um einen rein vagusbedingten AV-Block auszuschließen, sollte eine Atropin-Injektion (0,04 mg/kg i.v.) unter EKG-Kontrolle durchgeführt werden. Steigt unmittelbar danach die Herzfrequenz deutlich an, ist also responsiv, so ist die Atropin-Challenge als positiv anzusehen. Diese Patienten können bei klinischen Symptomen mit einem Parasympatholytikum (z.B. Itrop®) therapiert werden. Antiarrhythmische Medikamente wie Digitalis (Lanitop®), Betablocker oder Kalziumkanalblocker sind kontraindiziert, weil diese die Herzfrequenz verlangsamen und die klinischen Symptome verschlechtern würden. Sprechen die Patienten auf diese Therapie nicht an, so ist eine Schrittmacher-Implantation nötig.

*Verschiedene Schrittmachersysteme

A. Konventionelles Single-Lead, Single-Chamber Ventricular Pacing (VVI):

Schrittmacher sind heute sehr kleine batteriebetriebene Geräte. Das in der Praxis am häufigsten eingesetzte Verfahren zur Schrittmacherimplantation ist das transvenöse „single-lead, singlechamber ventricular pacing“. Hierbei wird eine Elektrode über die rechte Jugularvene bis in den rechten Ventrikel vorgeschoben und hier im Endokard verankert. Das proximale Ende der Elektrode wird dann an einen batteriebetriebenen Generator angeschlossen, welcher unter der Haut am Hals oder hinter der Schulter in einer kleinen Hauttasche platziert wird. Die Dauer der Herzschrittmacherimplantation beträgt meist weniger als eine Stunde. Die korrekte Positionierung der Elektrode erfolgt unter Durchleuchtung.
Die Elektrode ist nun in der Lage, sowohl elektrische Impulse, die zu einer Kammerkontraktion führen, auszusenden (pacing) als auch Eigenimpulse des Herzens wahrzunehmen und daraufhin die eigene Impulsaussendung zu unterdrücken (sensing). Der Schrittmacher arbeitet so als „demand pacemaker“, also als Bedarfsschrittmacher, der nur einspringt, falls die körpereigene Ventrikelaktivität ausfällt. Er sendet hierfür nach einer bestimmten Zeitspanne ohne eigene Kammeraktivität einen elektrischen Impuls aus, der zur Ventrikelkontraktion führt. Der Schrittmacher wird bei Eigenaktivität des Herzens gehemmt. Hierdurch ergibt sich der Vorteil, dass die Batterie des Generators eine wesentlich längere Haltbarkeit ausweist. Ein Nachteil besteht in der mangelnden Adaptionsfähigkeit des Schrittmachers an körperliche Leistung.

B. Rate-Responsive Ventricular Pacing (VVIR)

Hierfür wurde ein neues Schrittmachersystem entwickelt, dass so genannte VVIR, wobei R für responsive steht. Dieser Schrittmacher ist also in der Lage, auf körperliche Aktivität hin zu reagieren und die Impulsaussendung zu beschleunigen, um die Herzfrequenz und somit die Sauerstoffversorgung des Hundes anzupassen.

C. Dual-Lead Dual-Chamber Pacing (DDD)

Dieses System versucht, eine möglichst naturgetreue Herzaktivität zu simulieren. Es werden hierzu 2 Elektroden in Atrium und Ventrikel verankert, die sowohl Eigenreaktionen des Herzens wahrnehmen können (sensing) als auch selbst stimulieren (pacing). Bis heute findet es jedoch aufgrund des hohen apparativen und finanziellen Aufwands nur in der Humanmedizin Verwendung.

D. Single-Lead Atrial Synchronous Pacing (VDD)

Diese Art Schrittmacher wird bei Patienten mit atrioventrikulären Überleitungsstörungen bei erhaltener Sinusknotenaktivität eingesetzt. Hierbei wird das distale Ende einer Elektrode im rechten Ventrikel verankert und führt dort gegebenenfalls, getriggert durch eine frei im Atrium liegende Sonde am proximalen Teil der Elektrode, zur
Kammererregung (sensing + pacing). Der obere Teil der Elektrode misst hierzu die elektrische Myokardaktivität des Vorhofes, also die P-Wellen, und triggert entsprechend die Kammerelektrode.

E. Temporary Transthoracic Artificial Pacing

Im Notfall können Schrittmacherelektroden auch kurzzeitig auf die Haut aufgeklebt werden und die Herzaktivität transkutan stimulieren. Dieses Verfahren ist zwar nicht invasiv, aber mit Schmerzen durch die elektrischen Entladungen der Elektroden verbunden und sollte daher nur bei einem sedierten und analgesierten Patienten Anwendung finden, bis dieser soweit stabilisiert ist, dass ein transvenöser Schrittmacher eingesetzt werden kann.

Nachkontrollen

Nach der Implantation werden Nachuntersuchungen nach einer Woche und dann nach drei Monaten durchgeführt. Überprüft werden dabei die Herzaktivität und die Schrittmacherfunktion. Wenn erforderlich, kann das Programm des Schrittmachers über ein externes Gerät an die Bedürfnisse des Tieres angepasst werden. Jährlich werden so die Funktionsweise des Herzschrittmachers, der Zustand der Batterie sowie die Erregungsschwelle des Herzens überprüft.

Welche Komplikationen können während einer Schrittmacherimplantation und danach auftreten?

Komplikationen sind bei Herzschrittmacher- Implantation an einer Klinik mit viel Erfahrung selten. Das Komplikationsrisiko steigt, wenn nur wenige Schrittmacher pro Jahr eingesetzt werden. Die Hauptkomplikationen während und nach der Implantation sind:

- Dislokation oder Fehlplatzierungder Elektrode.
- Eventuelle Perforation des Myokards durch die Elektrode.
- Thrombophlebitis uu und Phlebothrombose der V. Jugularis
- Infektion der OP-Wunden und der subcutanen Schrittmachertasche. Hier muss der Schrittmacher entfernt, das Tier antibiotisch versorgt und nach Abheilung erneut ein Schrittmacher eingesetzt werden.
- Hämatome und Serome and den OPWunden, die am besten konservativ mittels Kompression und Antibiose behandelt werden.

Weitere Komplikationen, die durch veränderte Schrittmacherprogrammierung behoben
werden können:

- Sog. „undersensing“, d.h., der Schrittmacher erkennt keine herzeigenen Impulse.
- Sog. „oversensing“, d.h., der PM-Sensor registriert intrinsische Impulse – die eigentlich zu schwach sind, um zur Herzkontraktion zu führen – als ausreichend starke Impulse und hemmt sich dadurch selbst.

Ein moderner Herzschrittmacher hat eine Funktionsdauer zwischen fünf und zwölf Jahren, im Durchschnitt acht Jahre. Beim Feststellen einer leeren Batterie mithilfe des externen Kontroll- und Programmgerätes muss der Schrittmacher operativ durch einen neuen ersetzt werden. Hierbei werden nur die subcutane Tasche eröffnet, der alte PM entfernt und ein neues Gerät an die vorhandene Elektrode gekoppelt.

Wie euthanasiert man einen Hund mit Herzschrittmacher?

Hunde mit Schrittmacher werden wie Hunde ohne Schrittmacher euthanasiert. Durch die Injektion von z.B. Pentobarbital in Kombination mit einem Narkotikum kommt es zur tiefen Sedation und Narkose des Tieres. Das Atemzentrum wird gedämpft und es kommt zum Herzstillstand. Bei Hunden mit Schrittmacher kann es etwas länger dauern, bis es zur Asystolie kommt, aber aufgrund des Atemstillstands kommt es zur Ischämie am Myokard, so- dass selbst der Schrittmacher nicht mehr in der Lage ist, die geschädigten Myozyten zu depolarisieren. Er sendet zwar weiterhin elektrische Impulse, die aber nicht mehr weitergeleitet werden.

gwess@lmu.de

Foto: istockphoto.com | HannamariaH

HKP 5 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 5 / 2009.
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Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.