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Schwaches Herz
Schwaches Herz
Die okkulte subklinische dilatative Kardiomyopathie
Die dilatative Kardiomyopathie wird als primäres Herzmuskelversagen definiert. Ihre subklinische Form kann mehrere Jahre andauern und asymptomatisch verlaufen und erst viel später zu kongestivem Herzversagen führen. Häufig sind Hunde großer Rassen betroffen. Dr. Ralph Wendt über die okkulte DKM beim Hund.
Die dilatative Kardiomyopathie (DKM) beginnt mit dem Verlust der Kontraktilität des Myokards. Dadurch begünstigt, kommt es zu einer kardialen Dysfunktion und zu einer Dilatation der Ventrikel, davon sind meist beide Ventrikel betroffen, es kann aber auch isoliert nur die linke Herzhälfte erkranken. Eine reine rechtsventrikuläre DKM ist sehr selten. Pathophysiologisch entsteht die DKM durch myokardiale Dysfunktion; es kommt zu einer verschlechterten Herzauswurfleistung (cardiac output), das Auswurfvolumen sinkt und die endsystolischen und enddiastolischen Diameter vergrößern sich – das Herz ist Volumenüberladen. Kompensatorisch steigt die Herzfrequenz, was wiederum zusammen mit der Volumenüberladung in der Folge zum Verlust der Herzleistung führt. Es kommt erst zum Rückwärtsversagen (Kongestion), später sind Anzeichen des Vorwärtsversagens zu beobachten.
Klinische Erscheinungsbilder der fortgeschrittenen DKM sind typische Bilder des Linksherzversagens; diese können vom Husten, Würgen, Atemnot, Mattigkeit, Inappetenz, Kollaps (Synkope) bis zum plötzlichen Herztod variieren. Die primäre DKM ist deshalb als primär klassifiziert, weil keine andere zugrunde liegende Ursache für die Herzmuskelschwäche auffindbar ist. Zu den anderen Ursachen gehören u. a. die Hypothyreose, atrioventrikuläre Klappenerkrankungen, angeborene Herzfehler wie der persistierende Ductus arteriosus Botalli, aber auch Virusinfektionen oder Toxine können zu einer Herzmuskelinsuffizienz führen. Auch sind Intoxikationen mit Chemotherapeutika (Doxorubicin) ursächlich beschrieben. Mangelerscheinungen an Taurin und/oder Carnitin
führen auch zur Dilatation des Herzens.
Sind alle möglichen Ursachen für das Herzmuskelversagen ausgeschlossen, spricht man von einem primären Myokardversagen. Das primäre Myokardversagen tritt als erblicher, d.h. genetischer Defekt, zu irgendeinem unbestimmten Zeitpunkt im Laufe des Lebens auf.
Die Häufigkeit
90 % sind Rassehunde / Rasseverteilung : (nach Kittleson, 1999)
50 % Dobermann 11 % Boxer 11 % Irish Wolfhound
10 % Doggen 6 % Labrador Retriever 4 % American Cocker Spaniel
4 % Golden Retriever 2 % Neufundländer
Die Myozyten des Herzmuskels verändern sich, sie werden entweder in fettige oder in faserige Strukturen umgebaut; hierzu gibt es rasseabhängige Neigungen. Beide Arten der Veränderungen führen zum Verlust des kontraktilen Aufbaus, die Muskelfasern werden überdehnt, das Herz wird volumenüberladen. Es kommt zu der anfänglich
beschriebenen systolischen und später auch zur diastolischen Dysfunktion. Die dilatative Kardiomyopathie ist bei einigen Rassen ein erbliches, also genetisches Problem.
Rassen, bei denen ein Erbgang nachgewiesen wurde, sind:
- autosomal dominant: Irish Wolfhound, Neufundländer, Dobermann
- X Chromosomal: Dt. Dogge
Rassen mit einer familiären Häufung, also einer Rassedisposition, sind:
-Afghane, Bernhardiner, DSH, Golden Retriever, Labrador Retriever.
Histologisch werden 2 Typen unterschieden:
- Attenuated wavy fiber type: Dieser Typ wird bei dem Irish Wolfhound und dem
Neufundländer beobachtet.
- Fatty infiltrated type: Dieser Typ wird bei den Boxern und den Dobermännern gesehen.
Unabhängig vom Typus kommt es zu folgenden klinischen Erscheinungsbildern:
- a) Subklinische Form > okkult
- b) Klinische Form > overt
Der primären DKM geht eine zum Teil Jahre andauernde subklinische, okkulte Phase voraus, sie kann asymptomatisch, also klinisch unauffällig verlaufen und erst viel später zu kongestivem, d.h. zu einem stauungsbedingten Herzversagen führen. Die okkulte DKM rechtzeitig zu erkennen ist eine Aufgabe, der sich mehrere Arbeitsgruppen weltweit widmen. Mittlerweile ist es nachgewiesen, dass bereits vor den im Ultraschall sichtbaren Veränderungen Herz- Rhythmusveränderungen auffallen können. Diese sind nicht immer im konventionellen EKG nachweisbar, hier ist ein Langzeit-24 Stunden-EKG eher hilfreich. Ist bei einer 24 Stunden-Aufzeichnung der Nachweis von mehr als 100 Extrasystolen gelungen, beträgt die Wahrscheinlichkeit für den betroffenen Hund schon mehr als 20 %, innerhalb von 2 Jahren an einem kongestiven Herzversagen zu erkranken. Werden mehrere hundert oder sogar 1000 Extrasystolen innerhalb 24 Stunden gezählt, ist die Wahrscheinlichkeit schon nahezu 90 %, dass der Hund eine DKM entwickelt. Das Anlegen eines Langzeit-EKG sollte mittels eines gepolsterten, rutschfesten Stützverbands erfolgen.
Diagnoseoptionen einer okkulten DKM
Die diagnostischen Optionen sind nach einer Routineuntersuchung erst zu entscheiden, wenn während der Auskultation bereits Rhythmusanomalien festgestellt worden sind. Sind stolpernde („Turnschuh in der Waschmaschine“) Geräusche zu hören, sollte sofort ein konventionelles EKG durchgeführt werden, zusätzlich empfiehlt sich eine Herzultraschalluntersuchung, um eine bereits dekompensierte DKM auszuschließen. Ist das Sono normal und sind andere Ursachen für Arrhythmien ausgeschlossen (abdominale Zubildungen, Elektrolytstörungen, Septikämien, uvm.), handelt es sich bei den DKM-Rassen sehr wahrscheinlich um eine okkulte DKM. Sind keine Arrhythmien während der klinischen Auskultation festzustellen, sollte bei gefährdeten Rassen an Stelle des konventionellen EKG ein Holter empfohlen werden, dies setzt natürlich Besitzer voraus, die explizit nach einer Abklärung fordern. Es sind ja klinisch unauffällige Hunde! Das 24-Stunden Langzeit-EKG spielt eine mittlerweile bedeutsame Rolle in der Früherkennung der Erkrankung.
Sind mehr als 100 ventrikuläre und/oder supraventrikuläre Extrasysolen nachweisbar, dann besteht Gefahr.
Je nach Rasse sind die Arrhythmien unterschiedlich. Der Irish Wolfhound zeigt mehr das Vorhofflimmern, wohin beim Dobermann die ventrikulären Extrasystolen im Vordergrund stehen. Sobald nun der begründete Verdacht zur Entwicklung der DKM besteht, kann eine Prognose bezüglich der tatsächlichen Erkrankung gestellt werden. Ein regelmäßiges Screening mittels Ultraschall ist obligat.
Art und Anzahl der Rhythmusstörungen können den Einsatz von Antiarrhythmika notwendig machen. Treten tatsächlich weniger als 500 einzelne Extrasystolen in 24 Stunden auf, dann ist es nach Meinung des Verfassers nicht zwingend nötig zu therapieren; in diesen Fällen ist eine Wiederholung des Langzeit-EKG und des Herzultraschalls in 6 Monaten ratsam.
Liegt die Zahl der Extrasystolen bei ungefähr 1000 und sind eventuell Doubletten (zwei aufeinander folgende Extrasystolen) oder Tripletten oder gar Salven zu beobachten, dann ist auch bei normalem Echo eine medikamentelle Therapie empfohlen. Bevor ein Antiarrhythmikum gewählt wird, sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:
- Ausschluss eines kongestiven Herzversagens
- Behandlung der Herzinsuffizienz
- Bestimmung des Schweregrades der Arrhythmie
- Typ der Herzerkrankung
- Auswahl Antiarrhythmikum
Dies ist besonders wichtig, da viele Rhythmusmedikamente negativ inotrop sind.
Schweregrad der Arrhythmie
- Leicht: weniger als 15 – 20 % ektopische Schläge
- Mittel: 20 – 50 % ektopische Schläge und HF 120 – 180/min
- Schwer: > 50 % ektopische Schläge und HF > 180/min
Ist ein Hund mit starken Extrasystolen und normaler Myokardfunktion von einer okkulten
DKM betroffen, sind
- Mexiletin
- Klasse Ib (Na- Kanalblocker) Mexitil®
- 3-5-10 mg/kg 2 – 3 x p.o angeraten.
Diese Therapie kann bei wirklich starken Tachyarrhythmien noch mit Sotalol kombiniert werden.
- Klasse III Sotalex®
- 1 – 2 – 2,5 mg/kg 2 x p.o.
Zum Beispiel bei ventrikulären Extrasystolen oder beim Boxer mit einer Arrhythmogenen Rechtsventrikulären Kardiomyopathie oder beim Deutschen Schäferhund mit einer juvenilen ventrikulären Tachykardie:
- Sotalol 2,5 mg/kg zweimal täglich
- kombiniert mit Mexiletin 8 mg/kg zweimal täglich. (Baltimore 2005)
Die Therapie der okkulten DCM richtet sich in erster Linie nach dem Schweregrad der Arrhyhtmie, weil noch keine Kongestion und in aller Regel auch noch keine klinischen Symptome vorliegen.
Entwickelt sich aus einer okkulten DCM eine klinische DCM, dann sind zusätzlich die Kongestion und das Myokardversagen zu behandeln.
ralph.wendt@vetcardio.de
Foto: Christine Lecompte-Mahoney, istockphoto.com
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