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Wenn sich Tierärzte kaufen lassen

Korruption im Gesundheitswesen

Die Bundesregierung hat im Juli 2015 den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen beschlossen. In den Medien wurde bereits ausgiebig darüber berichtet – allerdings hauptsächlich in Bezug auf Humanmediziner.

Doch die neuen Straftatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen sollen für alle Heilberufsgruppen und somit auch für Tierärzte gelten. Die weit überwiegende Mehrzahl der Ärzte sowie sonstiger Erbringer von Gesundheitsleistungen sei ehrlich und setze sich täglich für das Wohl ihrer Patienten ein. Diese wolle man schützen und allein gegen die „schwarzen Schafe“ im Markt einschreiten, heißt es in der Pressemitteilung des BMJV vom 29. Juli 2015 unter Zitierung von Bundesminister Heiko Maas. Hintergrund der Neuregelung ist eine durch den Bundesgerichtshof (BGH) deutlich aufgezeigte Lücke in den bisherigen Regelungen. Im Jahr 2012 hatten die Karlsruher Richter nämlich entschieden, dass die Korruptionstatbestände im Strafgesetzbuch (StGB) für niedergelassene, also für die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte, nicht anwendbar seien.

Was wird nach dem neuen §299a StGB künftig strafbar sein?

In der vorgenannten Entscheidung des BGH ging es z.B. um Prämienzahlungen einer Pharmareferentin an Vertragsärzte, um diese zur bevorzugten Verordnung bestimmter Präparate zu veranlassen. Die Prämienzahlungen wurden von den Beteiligten als angebliches Honorar für fiktive wissenschaftliche Vorträge ausgewiesen. Solche Fälle werden künftig nicht mehr straflos bleiben. Die neuen Straftatbestände erfassen Verhaltensweisen, bei denen Vorteile dafür entstehen, dass ein Angehöriger eines Heilberufs bei bestimmten heilberuflichen Entscheidungen einen anderen im Wettbewerb unlauter bevorzugt oder seine berufsrechtliche Pflicht zur heilberuflichen Unabhängigkeit verletzt. Künftig sollen Bestechungsgelder, die für die Beeinflussung des Verordnungsverhaltens von Ärzten oder für die Zuführung von Patienten erfolgen, strafbar sein.

Was meint der Begriff „Vorteil“ und ab wann ist ein solcher strafbar?

Es ist stets eine Verknüpfung von Vorteil und Pflichtverletzung erforderlich: Die Annahme von Vorteilen soll erst dann strafbar sein, wenn sie als Gegenleistung für eine Bevorzugung im Wettbewerb oder für eine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit erfolgen. Als Beispiel hierfür werden in der Pressemitteilung des BMJV so genannte. „Kick-Back-Zahlungen“ von Pharmaunternehmen an Ärzte als Gegenleistung für die Verordnung von Medikamenten dieses Unternehmens oder „Kopfgelder“ für die Zuweisung von Patienten an eine bestimmte Klinik genannt. Die bloße Annahme eines Vorteils ohne eine solche Gegenleistung soll aber auch in Zukunft nicht strafbar sein. Tierärzte dürfen also auch weiterhin straflos Geschenke von Patientenbesitzern annehmen, die sich damit für eine erfolgreiche Behandlung bedanken wollen. Für die Strafbarkeit soll es demnach gerade nicht alleine auf den Vorteil ankommen, sondern darauf, ob ein (Tier-) Arzt sich durch den Vorteil „kaufen“ lässt und damit eigene wirtschaftliche Interessen über das Wohl seines Patienten stellt. Durch Vorteile, die im Rahmen zulässiger beruflicher Kooperationen gewährt und angenommen werden, macht sich auch künftig kein Tierarzt strafbar. Die bloße Teilnahme an einer vergüteten Anwendungsbeobachtung soll den Straftatbestand nicht erfüllen, da es an einer Verknüpfung von Vorteil und heilberuflicher Gegenleistung fehlt. Berufsrechtlich zulässige Berufsausübungs­gemeinschaften, die für die Beteiligten wirtschaftlich vorteilhaft sein und von denen auch Patienten profitieren können, sind künftig ebenfalls nicht unzulässig. Etwas anderes gilt aber selbstverständlich in Fällen, in denen eine Kooperationsvereinbarung nur zum Schein abgeschlossen wird, um das berufsrechtliche Verbot von Zuweisungen oder Verordnungen gegen Entgelt zu umgehen und Bestechungs­zahlungen zu verschleiern.

Welche Strafe droht bei Bestechlichkeit und wann treten die Änderungen in Kraft?

Für die Bestechlichkeit sieht der neue § 299a StGB eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Geplant ist, dass das Gesetz Anfang 2016 in Kraft tritt.

take home

Die neuen Straftatbestände erfassen alle Heilberufsgruppen und gelten somit auch für Tierärzte. Sie sind ein deutliches Zeichen des Gesetzgebers, dass korrupte Verhaltensweisen im Gesundheitswesen nicht straflos bleiben werden. Deshalb sollte der Tierarzt immer dann Vorsicht walten lassen, wenn die Annahme von Vorteilen geeignet ist, den fairen Wettbewerb oder die heilberufliche Unabhängigkeit zu gefährden.

Quelle: Pressemitteilung des BMJV vom 29.07.2015;
Stand: 10.09.2015

HKP 6 / 2015

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 6 / 2015.
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