HKP-7-2014
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Häufigkeit von Borrelien und Anaplasmen in Zecken
Häufigkeit von Borrelien und Anaplasmen in ZeckenUngebetene GästeViele Medien berichten pünktlich zum Frühjahrsbeginn über Zecken sowie durch sie übertragene Krankheiten und stimmen die Leser auf die bis zum Spätherbst dauernde Zeckensaison ein. Aber auch an milden Wintertagen sind die ungeliebten Blutsauger aktiv, was insbesondere auf die Auwald- bzw. Buntzecke Dermacentor reticulatus zutrifft.
Aufbereitung einer Zecke für die Untersuchung auf Borrelien und Anaplasmen.
Doch auch der Holzbock Ixodes ricinus kann durchaus auch im Winter auf Wirtssuche gehen und die Erreger der Borreliose und Anaplasmose übertragen. Schon seit 2005 werden im Raum Hannover Zecken auf Infektionen mit Krankheitserregern untersucht. Ein besonderer Fokus wird hierbei auf die pathogenen Bakterien Anaplasma phagocytophilum und Borrelia burgdorferi sensu lato (sl) gelegt. A. phagocytophilum ist ein a-Proteobakterium, welches im Säugetier obligat intrazellulär in Granulozyten, bevorzugt Neutrophilen, lebt und sich in Membran-gebundenen Vakuolen, den sogenannten Morulae, vermehrt. Bei Hunden und Pferden, aber auch dem Menschen, kann es die so genannte granulozytäre Anaplasmose verursachen. Der Spirochät B. burgdorferi sl ist der Erreger der Lyme-Krankheit bzw. Borreliose und kommt in Europa mit bisher elf identifizierten Genospezies vor, von denen neun mit manifesten klinischen Erscheinungen in Verbindung gebracht wurden. Diese können je nach infizierender Genospezies variieren. In Europa werden Borrelien hauptsächlich durch I. ricinus übertragen und stellen dabei die am häufigsten übertragene Erkrankung durch diesen Vektor dar.
Fertige Reaktionsansätze für die quantitative Real-time PCR-Analyse.
In einer ersten Prävalenzstudie im Jahr 2005 wurden an zwölf verschiedenen Standorten in der Stadt Hannover Zecken mit der Flaggmethode gesammelt und auf das Vorkommen von A. phagocytophilum [1] und B. burgdorferi sl [2] analysiert. Die Borrelien wurden des Weiteren hinsichtlich ihrer Genospezieszugehörigkeit getestet. In einer im Jahr 2010 durchgeführten Folgestudie wurde erneut die Befallsrate von Zecken mit pathogenen Mikroorganismen untersucht. Diesmal wurden zehn Standorte im Stadtgebiet Hannover in die Analyse einbezogen [3, 4]. Neben den Prävalenzstudien mit geflaggten Zecken wurden zu B. burgdorferi sl auch Daten aus diagnostischem Zeckeneinsendematerial erhoben, welches vorrangig aus dem Raum Hannover stammte.
Spaß in einem typischen Zeckenhabitat bringt oft ungebetene Gäste mit sich.
Prävalenz von A. phagocytophilum in geflaggten Zecken Die molekularbiologische Untersuchung anhand Sonden-basierter quantitativer Real-time PCR ergab, dass im Jahr 2005 insgesamt 3,2% der Zecken mit A. phagocytophilum infiziert waren. Bei Betrachtung der einzelnen Entwicklungsstadien beherbergten 2,3% der Nymphen und 4,1% der adulten Zecken dieses Bakterium [1]. Die höchsten Prävalenzen konnten im April/Mai mit 4,8% und Juli/August mit 7,4% verzeichnet werden. Für das Jahr 2010 war ein Prävalenzanstieg auf insgesamt 4,5% infizierte Zecken zu verzeichnen. Dieser Anstieg war bei den Nymphen, bei denen sich die Befallsrate von 2,3% in 2005 auf 4,5% in 2010 erhöhte, statistisch signifikant. Adulte Zecken waren zu 4,6% infiziert. Die annuale Verteilung der A. phagocytophilum-Infektionsrate zeigte auch im Jahr 2010 zwei Peaks mit einmal 6,0?% infizierten Zecken im Frühjahr (Mai) sowie 9,7% infizierten Zecken im Spätsommer/Herbstbeginn (September) [3]. Im Vergleich dazu wurden in einer im Jahr 2011 in Hamburg durchgeführten Studie, in der wie in Hannover zehn Standorte im Stadtgebiet beprobt wurden, 3,6% der gesammelten I. ricinus-Zecken als A. phagocytophilum-positiv befundet. Diese unterteilten sich in 3,8% positive Nymphen und 2,1% positive Adulte [5]. Die höchsten Prävalenzraten in dieser „Hamburg-Studie“ waren mit 6,0% im Mai und 6,5% im Juni zu verzeichnen. Insgesamt deckten sich die A. phagocytophilum-Infektionsraten mit denen aus Hannover, da in lokaler Abhängigkeit die Prävalenzen in Deutschland von 0 bis 8,7% variieren können [5]. Auch wenn dieser Prozentsatz gering erscheint, ist die Anaplasmose in Deutschland eine der wichtigsten Zecken-übertragenen Erkrankungen beim Hund.
Tab. Jährliche B. burgdorferi sl-Infektionsraten in diagnostischem Zeckenmaterial.
Prävalenz von B. burgdorferi sl in geflaggten Zecken Von den im Jahr 2005 untersuchten Zecken wurden 24,3% positiv auf B. burgdorferi sl getestet. Bezogen auf die unterschiedlichen Zeckenstadien waren 1,7% der Larven, 18,1% der Nymphen und 34,6% der Adulten infiziert [2]. In der Folgestudie im Jahr 2010 waren insgesamt 22,7% der Zecken befallen [4]. Dabei waren mit 25,8% weitaus mehr Larven B. burgdorferi sl-positiv als noch im Jahr 2005. Der prozentuale Anteil positiv-getesteter Nymphen sowie adulter Zecken im Jahr 2010 war mit 20,3% bzw. 33,3% ähnlich hoch wie in 2005. In den B. burgdorferi sl-positiven Zecken konnten in den verschiedenen Studien bis zu acht verschiedene Genospezies nachgewiesen werden. Dabei wurden B. afzelii (2005: 32,7%, 2010: 30,9%) gefolgt von B. garinii/B. bavariensis (2005: 35,9%, 2010: 11,3%), B. spielmanii (2005: 18,7%, 2010: 10,9%) und B. valaisiana (2005: 17,5%, 2010: 9,7%) als die am häufigsten vorkommenden Genospezies identifiziert. Die Genospezies B. burgdorferi sensu stricto konnte in 8,8% (2005) bzw. 9,9% (2010) der Zecken nachgewiesen werden. Infektionen mit verschiedenen B. burgdorferi sl-Genospezies in einer Zecke sind durchaus keine Seltenheit. So wiesen von den Borrelia-positiven Zecken 28,0% (2005) bzw. 10,9% (2010) Doppelinfektionen, 1,4% (2005) bzw. 1,3% (2010) Dreifachinfektionen sowie 0,2% (2010) Vierfachinfektionen auf. Prävalenz von B. burgdorferi sl in diagnostischem Zeckenmaterial Anhand von Zecken, die zu diagnostischen Zwecken in unser Institut eingesandt wurden, konnten die B. burgdorferi sl-Infektionsraten von sieben aufeinander folgenden Jahren beurteilt werden [6, 7]. Während die Infektionsraten in den Jahren 2006 bis 2010 von 23,1% auf 17,1% sanken [6], stieg die Prävalenz in 2011 und 2012 wieder auf 26,1% bzw. 23,4% [7]. Die Differenzierung der B. burgdorferi sl-Genospezies war wie auch bereits in den vorher beschriebenen Prävalenzstudien nur bei einem Teil der positiven Zecken möglich. Die häufigste Genospezies war B. afzelii gefolgt von B. garinii/B. bavariensis. Doppelinfektionen konnten bei 9,8% der Zecken nachgewiesen werden, während 0,6% der Zecken dreifach infiziert waren. Da wie bei A. phagocytophilum jährliche und regionale Schwankungen der B. burgdorferi sl-Infektionsraten vorkommen können und die eingesandten Zecken nicht zwangsläufig aus dem Raum Hannover stammten, waren Schwankungen in der oben beschriebenen Größenordnung durchaus zu erwarten. Die resultierende Genospezies-Verteilung sowie die Koinfektionsraten decken sich mit denen, die in den Prävalenzstudien mit geflaggten Zecken für den Raum Hannover ermittelt wurden. Prävention und Zeckenbekämpfung Zur Zeckenprophylaxe bzw. Bekämpfung stehen verschiedene Präparate unterschiedlicher Wirkstoffklassen zur Verfügung, die in verschiedenen Formulierungen, z.B. als Halsbänder, Spot-ons oder Tabletten erhältlich sind. Oftmals wünscht sich der Tierbesitzer ein Präparat mit repellierender oder expellierender Wirkung – die Zecke soll also gar nicht erst stechen bzw. ihren Stechapparat sofort wieder aus der Haut ziehen. Entsprechende Wirkstoffe sind aber für Katzen nur sehr begrenzt verfügbar. Neben den Repellentien stehen noch weitere topisch anzuwendende Akarizide zur Verfügung. Andererseits kann es für den Tierbesitzer aber auch entscheidend sein, einen Wirkstoff gerade nicht äußerlich anzuwenden. Entsprechende oral zu applizierende Substanzen entfalten ihre akarizide Wirkung, wenn sie von der Zecke im Rahmen der Blutmahlzeit aufgenommen werden. Da jedoch trotz Wirkstoffeinsatz eine Infestation nicht gänzlich auszuschließen ist, sollten Hunde und Katzen regelmäßig nach Zecken abgesucht werden, um diese so früh wie möglich zu entfernen – denn das Infektionsrisiko mit verschiedenen Pathogenen wird unter anderem maßgeblich durch die Dauer des Saugaktes beeinflusst. So muss eine Zecke ca. 24–48 Stunden am Hund saugen bis A. phagocytophilum übertragen wird [8], B. burgdorferi sl wird bereits nach 12-24 Stunden auf den Wirt übertragen [9, 10]. take home Zecken-übertragene Krankheiten sind in aller Munde und die Frage nach dem Infektionsrisiko für Mensch und Tier wird immer wieder gestellt. Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, hängt sie doch von einer Vielzahl verschiedener Faktoren wie der Prävalenz im Vektor „Zecke“, der Erregerlast in dieser, der Zeit bis zum Entfernen der festgesogenen Zecke, dem Immunstatus des Menschen bzw. Tieres oder auch dem Vorhandensein eventueller Vorerkrankungen ab. Auch bezüglich der erforderlichen Infektionsdosis ist noch viel zu wenig bekannt. Eine definitive Aussage über das vorliegende Infektionsrisiko kann daher nicht gemacht werden, aber ein Teilaspekt, nämlich der Faktor „Prävalenz im Vektor Zecke“ ist präzisierbar: Man kann sagen, dass im Stadtgebiet Hannover ungefähr jede dritte adulte Zecke und jede fünfte Nymphe Borrelien trägt. Verglichen dazu ist nur weniger als jede 20. Zecke mit Anaplasmen infiziert. Die sachgerechte Anwendung geeigneter repellierender bzw. akarizider Wirkstoffe kann maßgeblich dazu beitragen, das Infektionsrisiko mit Borrelien und Anaplasmen zu minimieren.
Literatur |
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