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Otitis externa – die Entzündung des äußeren Ohres

Ohrentropfen reichen nicht

Die Otitis externa (OE) ist vermutlich eine der häufigsten Erkrankungen beim Kleintier. Umso erstaunlicher ist es, dass sie nach wie vor oft nur unzureichend behandelt wird. Dr. Regina Wagner und Dr. Wolfgang Osthold beschäftigen sich seit Jahren mit dem Thema Otitis und behandeln dies auch in zahlreichen Vorträgen und Veröffentlichungen.

Leider wird die diagnostische Aufarbeitung der OE häufig unzulänglich durchgeführt, wodurch sich über kurz oder lang eine chronische Otitis entwickeln kann. Wenn eine Otitis beherrscht und schließlich geheilt werden soll, muss sich die Diagnostik an eine bestimmte Vorgehensweise halten. Das von uns verwendete Diagnoseschema ist das so genannte 3-Säulenmodell. Oft beschränkt man sich in der täglichen Praxis nur auf die Behandlung der sekundären Symptomatik, die durch Mikroorganismen (vor allem Bakterien und Hefen – Malassezien), die die Entzündung im Ohr aufrecht erhalten, verursacht wird. Die antibiotische und antimykotische Therapie alleine führt jedoch nicht zum ausreichenden Erfolg, da die Diagnostik auf einem komplexen System mit drei Säulen basiert.

Diagnostik der OE

In der täglichen Praxis beschränken sich die Therapiemaßnahmen häufig auf die 1. Säule der OE-Diagnostik, nämlich die aufrechterhaltenden Faktoren der OE. Im Hinblick auf die Mikroorganismen ist die Vorgehensweise einfach, setzt aber zytologische Färbeverfahren und/oder bakteriologische Untersuchungen voraus.
Ein Q-Tipp wird in das vermeintlich erkrankte Hunde- oder Katzenohr eingeführt und anschließend auf einem Objektträger ausgerollt. Dann erfolgt die Färbung, die schnell und leicht durchführbar ist und inklusive mikroskopischer Auswertung nicht länger als 2 – 3 Minuten Zeitaufwand erfordert (z.B. Alfavet-Ohrfärbeset®, Diff-Quik® oder Hemacolor ® Färbeverfahren). Erfasst werden durch die Färbungen aber nicht nur die Mikroorganismen, sondern vielmehr auch Körperabwehrzellen (z.B. neutrophile Granulozyten), aber möglicherweise auch tumorartige Zellen. Färbeverfahren sollten bei jeder Erstvorstellung und zur Therapiekontrolle vorgenommen werden, um zu erkennen, ob die Infektion beherrschbar geworden ist. Fortgeschrittene pathologische Veränderungen sind immer ein Zeichen von Chronizität und halten die Entzündung ebenso aufrecht, weil durch sie die normalen Strukturen des Ohres verändert worden sind. In Abbildung 1 ist eine verdickte Epithelschicht im histologischen Schnitt dargestellt. In der ersten Phase der Entzündung vermehren sich Talg- und Zeruminaldrüsen. Eine Lumeneinengung im Gehörgang ist die Folge (erworbene Stenose). Das dickflüssige eiweißhaltige Sekret behindert somit die epitheliale Migration – also den so genannten Selbstreinigungsmechanismus des Ohres –, wodurch der Teufelskreis beginnt (Abb. 2). Mikroorganismen finden jetzt die besten Umweltbedingungen für eine Entwicklung und Vermehrung vor. Schreiten die Prozesse fort, entwickelt sich bald eine epitheliale Hyperplasie (Abb.1) – die zweite Phase der pathologischen Veränderungen. Der Kliniker kann die verdickte Haut mit dem bloßen Auge bemerken. Auch vergrößerte Drüsen sind makroskopisch erkennbar und werden als kopfsteinpflasterartige Veränderung beschrieben (Abb.3).
Unschwer sind nun die Veränderungen der dritten Phase erkennbar. Meist hat man sogar Mühe, den Eingang zum Gehörgang zu finden. In dieser fortgeschrittenen Phase pathologischer Veränderungen wird das Ohr bindegewebig umgebaut und fühlt sich derb an. Unterschätzt wird nicht selten die Bedeutung einer Otitis media (OM) für die Aufrechterhaltung der OE. In einer Untersuchung fand man, dass in fast 85 % aller chronischen Fälle von OE gleichzeitig eine OM vorlag; sogar in 16 % aller akuten Fälle von OE wurde begleitend eine OM gefunden. Die Diagnostik einer OM gestaltet sich jedoch äußerst schwierig, zumal eine OM immer extrem schmerzhaft ist und sich die betroffenen Tiere bei der klinischen Untersuchung daher oft unkooperativ verhalten.

Säule 2: prädisponierende Faktoren

Prädisponierende Faktoren der OE sind eine weitere Säule der diagnostischen Aufarbeitung. Es sollte immer gründlich danach gesucht bzw. sollten sie, wenn möglich, beseitigt werden. Immer wieder taucht die Frage nach dem Sinn oder Unsinn des routinemäßigen „Haarezupfens“ auf, wie das oft beim Hundefrisör oder auch in der tierärztlichen Praxis durchgeführt wird. Die Autoren stehen dem sehr skeptisch gegenüber, nicht zuletzt, weil durch Abwehrbewegungen seitens des Patienten schnell Mikroverletzungen oder zumindest Irritationen gesetzt werden können. Diese wiederum tragen dann im Sinne einer Prädisposition zum Entstehen einer OE bei. Sicher ist jedoch, dass eine laterale Ohrwandresektion (z.B. nach Zepp) die Belüftung, vor allem von Hängeohren, entscheidend verbessert. Im Hinblick auf die Vorgehensweise beim Vorliegen prädisponierender Faktoren wird diese OP von einem der Autoren fast immer mit dem Ergebnis angeraten, dass Stenosen, Polypen und Neoplasien beseitigt werden.

3. Säule: ursächliche Faktoren

Den ursächlichen Faktoren einer OE wird in der täglichen Diagnostik bei Weitem nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet. Dabei muss bedacht werden, dass es im Einzelfall Monate dauern kann, bis die eigentliche Ursache endlich zweifelsfrei identifiziert werden kann: z.B. bei einer OE aufgrund einer Futtermittelallergie oder auch Futtermittelintoleranz. Letzteres Beispiel ist einer von vielen Faktoren dafür, dass sich die Heilungsvorgänge bei OE manchmal so langwierig hinziehen können, weil die Ursache eben nicht von jetzt auf gleich „abgestellt“ werden kann. Manchmal dauert es auch aus anderen Gründen (z.B. bei Hypothyreose) länger, bis die Therapie von lokalen Ohrmedikamenten nachhaltig anschlägt, denn die Reaktionsweise des Körpers stellt sich bekanntlich
nicht nach der ersten L-Thyroxingabe um. Umso gründlicher muss das therapiebegleitende Monitoring sein. Hier ist die gute Kommunikation zwischen Tierarzt und Patientenbesitzer Voraussetzung für das Verständnis, dass sich die Erfolge langsam einstellen werden. Die Ursachen einer OE müssen erkannt und therapiert werden, andernfalls hat man keine Chance auf Erfolg bzw. vollständige Genesung. Die ausführliche Aufarbeitung der einzelnen Differenzialdiagnosen würde hier den Rahmen sprengen. Es seien jedoch einige Hinweise, Tipps und Besonderheiten angeführt. In 75 % aller Fälle ist eine Allergie ursächlich für das Auftreten einer OE. Interessanterweise spielt die Flohallergie hier gar keine Rolle. Nicht selten ist eine OE ein Marker für eine andere Grunderkrankung, z.B. für einen Sertolizelltumor oder das Hyperöstrogenismus-Syndrom. Fremdkörper können sehr schmerzhaft sein und Widersetzlichkeit des Patienten hervorrufen, was wiederum beim Untersucher zur Nachlässigkeit führen kann. Selbst in Narkose sind diese Fremdkörper manchmal schwer auffindbar, denn sie können sich insbesondere im reaktiv vermehrt gebildeten Zerumen gut verstecken. Ohrmilben als Ursache für eine OE sind der Erfahrung der Autoren nach überdiagnostiziert. Seborrhoische Ohren (häufig bei Rassen mit einer Prädisposition zu einer primären Seborrhö) riechen oft übel und verleiten zu einer unkontrollierten Antibiotikagabe, da übler Geruch mit Infektion gleichgesetzt wird. Gerade bei der primären Seborrhö ist das sehr oft nicht der Fall, eine Ohrzytologie hätte hier innerhalb von 2 – 3 Minuten Klarheit geschafft. Stattdessen wird womöglich sogar ein Reserveantibiotikum wie Gentamicin oder ein Gyrasehemmer auf eine intakte Mikroflora „losgelassen“. Ein prädisponierender Faktor für OE wird in solch brenzligen Situationen – die Mikroflora ist gefährdet, aber weiterhin im physiologischen Bereich – noch hinzugefügt.

Medikamentelle Therapie der OE

Im Folgenden wird auf die medikamentelle Therapie der OE eingegangen, nicht aber auf die Therapiemaßnahmen, die die Verursacher einer OE betreffen (also z.B. das Management von Allergien, die Therapie der Hypothyreose usw.). Es geht also um die lokal wirksamen Antibiotika, die zur Behandlung der Mikroorganismen, d.h. aufrechterhaltende Faktoren einer OE, ihre Anwendung finden. Für die Veterinärmedizin bestehen Antibiotika-Leitlinien, die bei der Bundestierärztekammer (bundestieraerztekammer. de) nachzulesen sind. Es wird zum sorgfältigen, gewissenhaften, kontrollierten und restriktivem Umgang mit Antibiotika aufgerufen. Eine grundlegende Voraussetzung ist, dass Antibiotika erst dann zum Einsatz gelangen, wenn das im Gehörgang befindliche Exsudat erfolgreich entfernt wurde. Ohrspülungen sind dazu erforderlich, die in Problemfällen sicherlich nur in Inhalationsnarkose durchführbar sind. Sogar Antibiotika, die im Resistenztest als unwirksam beschrieben werden, können örtlich wieder wirken. Voraussetzung ist, dass ca. 10 bis 20 Minuten vor der lokalen Antibiotikumbehandlung eine Spülung mit einem im basischen pH-Wertebereich liegenden, Tris EDTA- enthaltenden Ohrreiniger unter Zusatz eines Desinfektionsmittels wie z.B. Chlorhexidin erfolgt (z.B. Epibac®, Alfavet). Da 75 % aller Ursachen für OE in Allergien liegen, muss der Ohrreiniger optimal verträglich sein. Otika dürfen daher keinesfalls irritieren oder Kontaktallergien verursachen. Gegen Desinfektionsmittel wie Chlorhexidin sind Resistenzbildungen selten. Nicht zu vergessen ist, dass der Wirkstoffspiegel bei Medikamenten, die lokal zum Einsatz kommen, durch häufigere Anwendung einer größeren Menge erheblich gesteigert werden kann.
Ein viel versprechender neuer Therapieansatz ist kürzlich von der Fa. MLT vorgestellt worden. Insbesondere für die OE ist dies nicht zuletzt wegen der Anwendung vieler Arzneimittel beim Kleintier äußerst interessant. Dabei handelt es sich um eine laserunterstützte PDT-Therapie (fotodynamische Therapie), wie sie in der Humanmedizin bereits erfolgreich praktiziert wird. Allerdings haben die Autoren (noch) keine praktische Erfahrung mit diesem System. Die Aussichten, Mikroorganismen unabhängig von ihrer Resistenzlage erfolgreich eliminieren zu können, sind aber sehr verlockend.

Foto: © Dr. Wolfgang Osthold

HKP 2 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe HKP 2 / 2012.
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Dr. Birte Reinhold, ICHTHYOL-GESELLSCHAFT
„Endlich hat sich hundkatzepferd zum Fachmagazin für den Tierarzt entwickelt. In der Ausgabe 03/12 fielen neben informativen Neuigkeiten aus dem Praxisbereich und den lustigen Nachrichten aus der Tierwelt viele anspruchsvolle und praxisrelevante Fachartikel in einem ungewöhnlich anschaulichen und erfrischenden Design auf. Auch ein Fachmagazin kann unterhaltsam sein und taugt somit auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zur Feierabendlektüre im Gartenstuhl. Gefällt mir!“
Prof. Dr. Arwid Daugschies, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät – VMF
„hundkatzepferd serviert dem Leser den aktuellen Wissensstand in leicht verdaulicher Form. In Zeiten einer erdrückenden Informationsflut tut es gut, wenn solides Wissen auch in erfrischend entspannter Art angeboten wird.“
Dr. Anja Stahn ( Leitung der Geschäftseinheit VET in Europa und Middle East bei der Alere )
Die hundkatzepferd begleitet mich nun schon seit einigen Jahren. Nach wie vor begeistern mich
die Aufmachung, der fachliche und informative Inhalt sowie und die beeindruckenden Fotos des
Fachmagazins. Ganz deutlich ist seit einigen Monaten eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange
und Interessen der Tierärzteschaft zu erkennen. Dies ist sehr erfreulich. Das Magazin gehört in jede
Praxis und sollte unterhaltsame „Pflichtlektüre“ für das ganze Praxisteam sein.